Grave Mercy Die Novizin des Todes
empfehlen.«
De Lornays entsetzter Blick ist ein Spiegelbild meines eigenen. »Was bitte schön soll ich mit ihr anfangen?«
Duval wedelt mit der Hand. »Das weiß ich nicht. Was immer es ist, was du mit Damen in Deiner Begleitung anfängst …«
»Nicht das, gewiss«, murmelt de Lornay.
»Dann tanzt.« Duval wirft einen besorgten Blick auf mich. »Ihr könnt doch tanzen, oder?«, fragt er.
»Ja, aber …«
»Gut.« Bevor de Lornay oder ich weiter protestieren können, lässt Duval uns allein und geht davon.
De Lornay und ich starren einander betreten an, bevor wir hastig den Blick abwenden. Noch während ich eine Flucht plane, spielt die Musik auf und die Tänzer bewegen sich in Richtung Tanzfläche. Mit einem resignierten Seufzer macht de Lornay eine flüchtige Verbeugung vor mir. »Dann lasst uns tanzen.«
Ich deute einen Knicks an, ergreife jedoch nicht seine dargebotene Hand. »Ich weiß dieses noble Opfer zu schätzen, das Ihr bringt, aber seid versichert, es ist nicht nötig. Ich verspüre genauso wenig Verlangen danach, mit Euch zu tanzen, wie Ihr es tut.«
Er packt meine Hand. »Nichtsdestotrotz, Duval hat gesagt, wir sollen tanzen, also werden wir tanzen.«
Ich versuche, die Hand wegzuziehen, aber sein Griff wird eisern. Also beiße ich die Zähne zusammen und ziehe fester. »Tut Ihr immer, was er Euch befiehlt?«
»Immer«, sagt de Lornay, während er mich in Richtung Tanzboden zerrt. »Ich würde auf seinen Befehl selbst ins Höllenfeuer reiten.«
Ich vergesse unser Kräftemessen und schaue in sein Gesicht, um festzustellen, ob er es ernst meint. »Verlangt er solche Dinge von Euch?«
De Lornay sieht mich mit grimmiger Miene an. »Wenn er es täte, würde ich seinen Befehl mit Freuden befolgen.«
Jetzt kommt das Orchester in Schwung, und die anderen Menschen um uns herum drehen sich im Tanz. Obwohl ich im Geiste immer noch über de Lornays furchterregende Loyalität nachgrübele, reihe ich mich mühelos in die Eröffnungsformation ein. Während ich die Schritte des Tanzes vollführe, kann ich nicht umhin, mich zu fragen, warum de Lornay mich so sehr verabscheut. In der Tat, ich habe das Tanzen noch nie so quälend erlebt. Seine funkelnden Augen schauen über mich hinweg, und mich überrascht, dass unsere schwelende gegenseitige Abneigung nicht das Haar der anderen Tänzer in Brand steckt.
Als die Musik endlich verstummt, stoße ich beinahe einen Freudenschrei aus. De Lornay ergreift meinen Arm und geleitet mich von der Tanzfläche. »Ihr tanzt sehr hübsch.« Für eine Meuchelmörderin von niederer Geburt.
Die letzten Worte kommen nicht über seine Lippen, aber ich höre sie trotzdem. Ich beachte sie kaum, denn wir haben getanzt, wie Duval es befohlen hat, und jetzt wird er mich gewiss mir selbst überlassen.
Ich knickse mit so viel Anstand, wie ich aufbringen kann. »Danke für die Höflichkeit, die Ihr mir erwiesen habt.« Ich halte den Kopf gesenkt, damit er den Groll in meinen Augen nicht sieht und weggeht.
Wieder umfasst er mit festem Griff meine Hand. »Oh, wir sind noch nicht fertig, Demoiselle.«
Ich blicke ungehalten auf und nehme die Hand weg. »Wir sind ganz gewiss fertig.«
Er schüttelt den Kopf. »Hört zu. Die Musikanten machen ihre Instrumente für einen weiteren Tanz bereit – einen Volkstanz, denke ich. Ich mag diesen Tanz recht gern. Und Ihr?«
Ich starre ihn an. Hat er die Absicht, Duvals Befehle blind zu befolgen, bis dieser zurückkehrt? »Nein«, sage ich entschieden. »Das tue ich nicht.« Dann, bevor er erneut nach meiner Hand greifen kann, drehe ich mich um und eile von ihm weg, ich bringe so viel Abstand zwischen uns wie nur möglich und hoffe, dass er nicht hinter mir herrennen und eine Szene machen wird.
Ich schlängele mich schnell mitten in die Menge hinein und verberge mich unter den versammelten Edelleuten. Während ich zwischen den kostbar gekleideten und schwer parfümierten Menschen umhergehe, versuche ich zu entscheiden, wie ich meine hart erstrittene Freiheit am besten nutzen kann. Ich wünschte, ein Todesmal Mortains würde an einem dieser dummen, eitlen Edelleute erscheinen, aber leider tut es das nicht.
Ich entdecke François, der mit einer giftig dreinblickenden, in Pfauenblau gekleideten Dame flirtet. Seine Mutter sitzt in der gegenüberliegenden Ecke, lacht fröhlich und schäkert mit dem halben Dutzend Barone um sie herum. Ist das der Grund, warum Duval so wütend auf sie ist? Weil sie keine Zeit verschwendet, einen neuen Liebhaber zu
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