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Graveminder

Graveminder

Titel: Graveminder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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runzelte die Stirn, als wolle sie weiter in ihn dringen, aber dann seufzte sie. »Wir müssen auch über die anderen Angriffe durch Tiere reden.«
    Der Sheriff nickte. Dann sah er zuerst Byron und dann Rebekkah durchdringend an. »Ich weiß, dass ihr früher nichts damit zu tun hattet«, sagte er zu Byron, »aber sie hat so merkwürdige Augen wie ihre Großmutter, und du bist der Bestatter. Ich habe euch gerufen. Das heißt doch, dass die Angriffe durch Tiere früher oder später aufhören, oder?«
    Byron zuckte mit keiner Wimper. Er und Rebekkah wechselten einen finsteren Blick. »Genau«, sagten sie beide gleichzeitig.
    Chris nickte. »Gut. Ich hole die Leichensäcke aus dem Wagen, und ihr beiden tut, was immer ihr hier zu erledigen habt. Ruft, wenn ihr Hilfe beim Verpacken der Toten braucht.«
    Dann ging er hinaus.

40. Kapitel
    Halb mitfühlend, halb verblüfft sah Rebekkah dem Sheriff hinterher. Das, was sie in dem winzigen Wohnwagen spürte, verursachte ein beinahe unangenehmes Prickeln auf ihrer Haut. Sie vergewisserte sich, dass der Sheriff den Wohnwagen wirklich verlassen hatte und außer Hörweite war, und wandte sich zu Byron um.
    »Wo sie entlanggegangen ist, ist es kalt. Dort drüben« – sie wies auf eine Stelle in der Nähe des Kühlschranks – »hat sie länger gestanden. Wenn ich dichter herangehe, fühlt es sich wie Eis auf meiner Haut an.« Rebekkah trat auf Byron zu, wobei sie der Spur folgte, die eine starke Anziehung auf sie ausübte. »Ich bin mir nicht sicher, ob es Daisha war, aber ich weiß, dass hier ein toter Mensch entlanggegangen ist.«
    Byron blieb auf Abstand, damit sie Platz hatte, sich in dem engen Raum zu bewegen. »Kannst du sie auch in der Stadt ausfindig machen?«
    Rebekkah schüttelte den Kopf. »Vielleicht. Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass sie hier Menschen getötet hat. Ich spüre sie.« Sie wies auf das Sofa. »Einer von ihnen ist genau dort gestorben.«
    »Alles ist voller Blut, deswegen …«
    »Nein.« Rebekkah trat an das Sofa. Sie bückte sich und berührte die Luft unmittelbar über den abgeschabten Kissen. »Sie war hier. Hat hier gesessen. Das Blut stammt vielleicht von dem Angriff, der … einen von ihnen getötet hat, wen, weiß ich nicht. Aber an anderen Stellen befindet sich auch jede Menge Blut, das nichts mit ihrem Tod zu tun hat. Es war hier.« Sie fuhr mit der Hand diagonal durch die Luft, als striche sie über den Rücken eines nach vorn gebeugten Menschen. »Genau hier.«
    »Du kannst ihren Tod spüren?« Byron trat näher heran.
    »Oder seinen. Ich weiß nicht, wessen Tod.« Rebekkah wandte den Blick von den fast schwarzen Flecken auf den Kissen ab. »Es kommt nicht darauf an. Die beiden sind nicht wichtig. Sie ist es.« Rebekkah verschränkte die Arme vor der Brust, als müsse sie ihren Körper festhalten und am Davonschweben hindern. Sie war sich allerdings nicht sicher, ob das tatsächlich passieren würde. In gewisser Weise hatte sie das Gefühl, die Augen schließen und sich in die Luft erheben zu können. »Daisha ist stark, weil sie Menschen getötet hat. Sie ist nicht einfach tot. Nicht leer. Sie ist stärker, als ein neugeborenes totes Mädchen sein dürfte. Ich spüre es. Ich fühle sie, und sie ist stark.« Rebekkah legte eine Hand auf die Brust und trat an Byron vorbei in den Flur. Sie atmete mehrmals tief ein und aus, als wolle sie sich mit Luft füllen, damit deren Gewicht sie mit dieser Welt verband.
    In diesem Teil des Wohnwagens befanden sich nur ein paar Blutstropfen auf dem Teppich, als wären dunkle Tränen auf den schmierigen Flor gefallen. Die Kältespur war weit deutlicher als die des Bluts. Diese Spur konnte sie sehen: Sie floss auf sie zu wie Rauchfetzen von einem glimmenden Feuer. Sie wies ins Bad. »Die andere Person ist dort drinnen gestorben.«
    »Kannst du der Spur auch noch folgen, wenn wir nach draußen gehen?« Byron stand immer noch hinter ihr. Seine Stimme klang leise und fühlte sich seltsam für sie an.
    Nicht tot.
    Sie warf einen Blick über die Schulter. Die Rauchfetzen des Todes berührten ihn nicht, sondern schlängelten sich um ihn herum, aber er sah sie nicht. Es war ihre Aufgabe, ihnen zu folgen.
    »Die Leichen müssen weggebracht werden«, flüsterte sie.
    Er nickte. »Ich weiß, aber du … Beks? Deine Augen sind nicht … sie sind anders als sonst.«
    Sie sah in den gesprungenen Spiegel, der im Bad an der Wand hing, doch was sie darin erblickte, war nicht sie selbst. Statt der vertrauten Züge

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