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Graveminder

Graveminder

Titel: Graveminder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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ohne die offenen Fenster und den Wind wäre es schlimmer gewesen. Er reichte ihr ein Paar Schutzhüllen für ihre Füße.
    Als er ebenfalls die Plastiküberschuhe übergezogen hatte, warf er einen Blick über die Schulter. »Schaffst du das? Oder möchtest du draußen warten?«
    Stirnrunzelnd trat sie an ihm vorbei ins Wohnzimmer. Ihre Augen weiteten sich. »Ich rieche drei Tote.«
    Sie holte tief Luft und trat dann, anscheinend unbeeindruckt von dem Blut, das an den Wänden klebte und ins Sofa sickerte, weiter in den Wohnwagen hinein. »Zwei Leichen. Und ein weiterer Toter.«
    »Ein dritter Mord? Chris sagte, dass …«
    »Nein.« Sie sah sich in dem Raum um, als bemerke sie etwas, das er nicht wahrnahm. Obwohl sie alles in Augenschein nahm, wirkte ihr Blick leer. »Ein Hungriger Toter, kein stiller.«
    Ein Geräusch aus dem Flur zog Byrons Aufmerksamkeit auf sich. Chris war aus einem der Nebenräume getreten und stand in der Tür. Er nickte. »Byron. Rebekkah.«
    Rebekkah sah ihn nicht an, sondern ging in die entgegengesetzte Richtung und blieb im Küchenbereich stehen. Sie hielt die Hand ausgestreckt, als taste sie in der Luft nach etwas Greifbarem.
    Nach einer Weile wandte sie sich um. Ihre Augen schimmerten silbrig. »Hier«, sagte sie gelassen.
    »Beks!« Byron sprang beinahe über die Leiche der Frau hinweg, um Rebekkah zu erreichen.
    »Es geht ihr gut, Byron«, erklärte Chris. »Das ist bei den Barrow-Frauen so. Maylene sah auch seltsam aus, wenn dein Dad sie zu toten Menschen mitnahm.«
    Während Chris noch sprach, hatte Rebekkah derart von innen heraus zu leuchten begonnen, dass es Byron in den Augen schmerzte, sie anzusehen. Die Braunschattierungen, die er in ihrem Haar sah, traten einzeln hervor. Dunkle Kupfer- und weiche Goldtöne verwoben sich mit Nuancen von Bernstein und Honig.
    Das Bedürfnis, zu ihr zu gehen, rang mit seinem Drang, vor ihr davonzulaufen. Genau wie der Moment, in dem er in den Tunnel zu den Toten trat, war das Gefühl sowohl Furcht einflößend als auch verlockend. Byron schluckte, denn sein Mund war plötzlich wie ausgetrocknet. Sie war immer noch Rebekkah, die Frau, die er seit Jahren liebte, immer noch seine Partnerin bei der seltsamen Aufgabe, die vor ihnen lag. Und doch nicht ganz von dieser Welt.
    Byron riss den Blick von ihr los. »Was?«, fragte er Chris.
    »Ich verstehe das auch nicht so ganz, aber ihr geht es gut. Sie ist genau wie ihre Großmutter. Ihre Augen sehen dann anders aus, aber das ist kein Grund zur Sorge.« Der Sheriff schüttelte den Kopf, ging dann zur Tür und versuchte dabei, die größten Blutflecke im Teppich zu umgehen. »Komm, ich helfe dir, die beiden in die Leichensäcke zu stecken!«
    »Sheriff?«, rief Rebekkah. »Das war kein Tier.« Auch ihre Stimme klang jetzt anders, auf eine Weise flach, die Byron an den Wind im Tunnel zum Land der Toten erinnerte. »Hier geht ein …«
    »Hören Sie auf!« Chris fuhr herum und hob eine Hand. »Bevor Sie weiterreden, muss ich Sie mit einigen Tatsachen vertraut machen: Ich weiß nicht so viel wie Sie, aber durch meinen Job begreife ich Zusammenhänge, die die meisten Menschen mit dem Verstand nicht erfassen können. Reverend McLendon, Pater Ness und die anderen Stadtratsmitglieder können sich an einiges erinnern. Aber wenn Sie weiter von Ereignissen reden, die wir nicht wissen dürfen, ruft das eine scheußliche Migräne hervor.«
    »Migräne?«, wiederholte Rebekkah.
    »Flimmern vor den Augen, Sehstörungen, Erbrechen. Abscheulich.« Chris verzog das Gesicht. »Also sagen Sie nichts, was ich nicht erfahren soll. Worauf es ankommt, ist doch Folgendes: Etwas, das nicht hierhergehört, hat diese Leute umgebracht. Wenn jemand stirbt, rufe ich den Bestatter an. Du« – er nickte Byron zu – »bringst die Barrow-Frau mit, wenn es nötig ist. Von all dem … komischen Kram, den Maylene mir erzählt hat, habe ich Kopfschmerzen bekommen, und am nächsten Tag hatte ich sowieso alles vergessen.«
    »Und das ist für Sie in Ordnung?« Rebekkahs Stimme war noch leiser geworden.
    »Nein. Deswegen will ich ja nicht, dass Sie mir Dinge erzählen, die mich nichts angehen.«
    »So hatte ich das nicht gemeint«, flüsterte sie.
    »Ich weiß.« Chris nahm den Hut ab und rieb sich mit der Hand über das Haar. »Aber manches haben wir eben nicht unter Kontrolle. Sinnlos, daran etwas ändern zu wollen.« Er setzte den Hut wieder auf. »Ich kenne meinen Aufgabenbereich. Und Fragen zu stellen, gehört nicht dazu.«
    Rebekkah

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