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Graveminder

Graveminder

Titel: Graveminder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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wahrscheinlich verscheuchen, aber er war sich nicht sicher, wie schnell das tote Mädchen war – oder ob er rasch genug an seine Waffe kam, bevor sie angreifen konnte.
    »Ich wollte Sie warnen«, murmelte das Mädchen.
    »Mich warnen?«, fragte Rebekkah mit sanfter Stimme. »Vor dir?«
    »Nein. Nicht vor mir.«
    »Du hast meine Großmutter getötet.« Rebekkahs Stimme schwankte nicht. »Hier. Du hast sie hier in meinem Haus umgebracht.«
    »Das war keine Absicht. Wenn wir erwachen, kommen wir zur Totenwächterin. Keine Ahnung, warum. Vielleicht wissen Sie es ja … aber Sie leuchten .« Daisha trat an den Rand der Veranda. »Sie sind von Licht erfüllt und strahlen von innen, und ich …« Daisha schüttelte den Kopf. »Ich musste zu ihr gehen.«
    »Und jetzt?« Rebekkah trat auf die erste Stufe.
    Daisha lächelte. »Jetzt brauche ich das nicht mehr. Ich muss nicht an Ihre Tür kommen, nie wieder. Ich kann weggehen.«
    Byron stand dicht genug, um eingreifen zu können, doch alle seine Instinkte – die er am liebsten ausgeschaltet hätte – sagten ihm, dass Rebekkah das tote Mädchen berühren musste. »Warum bist du dann hier?«, fragte er und zog Daishas Aufmerksamkeit auf sich. »Wenn du nicht herzukommen brauchst, wieso hast du es dann getan?«
    Daisha musste sich sichtlich anstrengen, um den Blick von Rebekkah abzuwenden und auf Byron zu richten, doch sie tat es. »Ich weiß nicht genau, wer er ist«, erklärte sie dann, »aber da ist noch ein anderer … wie ich. Er wird Sie finden.«
    Rebekkah blieb standhaft. »Du kannst nicht in dieser Welt bleiben. Du gehörst nicht hierher.«
    »Ich habe nicht darum gebeten, tot zu sein.« Daisha runzelte die Stirn und schien sich an etwas erinnern zu wollen. Sie biss sich auf die Lippen, und ihre Hand schloss sich fester um das Verandageländer.
    »Daisha?« Rebekkah lenkte erneut die Aufmerksamkeit des Mädchens auf sich. »Kann ich dir etwas zu essen anbieten? Zu trinken? Das brauchst du doch, oder?«
    Darüber lachte Daisha. »Nein, nicht von Ihnen. Von Ihnen werde ich nicht trinken oder essen … nein.«
    Rebekkah legte eine Hand auf Daishas Arm. »Ich meine richtiges Essen, nicht …«
    »Das ist nur einmal möglich«, flüsterte Daisha. »Ich kam. Ich habe gegessen und getrunken. Ich habe zugehört. Sie wollte, dass ich … aber ich konnte nicht herkommen. Vorher. Vorher konnte ich diesen Ort nicht erreichen. Ich habe ihn aber gespürt. Ich habe gefühlt, wie sie mich nach Hause rief.«
    »Maylene?«
    Daisha nickte. »Es war, als würde ich Luft zum Atmen brauchen, aber ich konnte nicht … Jemand hat mich daran gehindert.«
    Byron spürte, wie ihn ein kalter Schauer überlief. »Als du … aufgewacht bist, hat dich da jemand am Herkommen gehindert?«
    »Ich wollte. Ich wollte sie finden.« Daisha klang wie ein verirrtes Kind. »Ich konnte nicht kommen.«
    »Aber du hast es getan«, rief Byron ihr in Erinnerung. »Wer hat dich aufgehalten?«
    »Ich bin dann doch gekommen«, pflichtete Daisha ihm bei. »Aber da war ich schon zu hungrig. Es war zu spät.«
    »Wer hat dich aufgehalten?«, wiederholte Byron.
    Irgendwo, nicht weit entfernt, schrie eine Frau, und als Daisha das hörte, ließ sie die Hand von Rebekkah los.
    »Er ist hier.« Mit weit geöffneten Augen trat Daisha mehrere Schritte zurück.
    » Wer? « Rebekkah streckte die Hand aus und näherte sich dem toten Mädchen. »Bitte, Daisha!« Aber Daishas Körper verschwamm, und dann war sie fort, als wäre sie nie da gewesen.
    Sobald Daisha verschwunden war, stürzten Byron und Rebekkah in die Richtung, aus der sie den Schrei gehört hatten. Sie waren bereits unterwegs, als sie einen zweiten Schrei vernahmen, schriller als der erste. Byron fasste Rebekkahs Hand, und sie liefen noch schneller.
    Was immer Rebekkah zu sehen erwartet hatte, es kam anders. In einer schmalen Gasse hinter dem örtlichen Secondhandladen war eindeutig ein Hungriger Toter unterwegs. Seine Gegenwart schwebte in der Luft um die blutüberströmte Amity Blue.
    »Amity?« Byron zog die Barkeeperin in die Arme. »Was ist passiert?«
    Amity hatte den rechten Arm an die Brust gedrückt, und ihre Hand lag auf dem Schlüsselbein. Das schwarze T-Shirt war nass und klebte am Körper. Blut.
    Amity zitterte heftig. »In meiner Tasche.«
    »Hab sie.« Rebekkah riss Amitys Tasche auf und kippte sie um. Winzige Alkoholfläschchen, eine Wasserpistole, mehrere kleine Plastikflaschen mit Wasser, ein Elektroschocker und ein Notizbuch fielen auf

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