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Graveminder

Graveminder

Titel: Graveminder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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mir«, setzte sie hastig hinzu. »Nur im Haus. Es ist fast Morgen, und ich möchte nicht allein sein. Wahrscheinlich sind die Gästebetten gemacht.«
    Statt ihr klarzumachen, dass er die Lüge durchschaut hatte, die sie ihm zu verkaufen versuchte, öffnete er die Tür. »Klar. Wahrscheinlich ist es einfacher so. Ich hatte sowieso vor, dich zur Trauerfeier abzuholen.«
    Sie blieb stehen und küsste ihn auf die Wange. »Danke.«
    Er nickte.
    Aber sie rührte sich nicht. Mit einem Fuß stand sie auf der Türschwelle des Hauses, mit dem anderen noch auf der Veranda.
    »Rebekkah?«
    Ihre Lippen öffneten sich, und sie neigte sich ihm entgegen. »Heute Nacht braucht doch nicht zu zählen, oder?«
    Er tat gar nicht so, als hätte er die Frage missverstanden. »Ich weiß nicht.«
    Beinahe verzweifelt zog sie ihn an sich, und er wusste nicht, ob der leise Laut, mit dem sie ihn umschlang, ein Aufschrei oder eine Entschuldigung war. Als er die Fliegengittertür losließ, um sie fester an sich zu drücken, schlug sie ihm auf den Rücken. Ein Teil von ihm – ein sehr hartnäckiger Teil – hätte am liebsten ihre Trauer und das unvermeidliche Gefühl verdrängt, einen Fehler begangen zu haben. Doch ein anderer, ein verantwortungsvollerer Teil seiner selbst wusste, dass sie am Morgen vor ihm davonlaufen würde, wenn er das tat. Und er würde sich selbst verletzen, weil sie beide genau da stehen würden, wo es immer endete.
    Sie trat ins Haus, und die Tür fiel mit einem Knall zu. Rebekkah schien sich zu besinnen. »Es tut mir leid, ich sollte nicht …« Sie unterbrach sich, schüttelte den Kopf und rannte die Treppe hinauf.
    Er folgte ihr. Wäre er ein anderer Mann gewesen, hätte er es nicht dabei belassen – vor allem wenn sie eine andere Frau gewesen wäre. Doch er kannte sich selbst und Rebekkah gut genug und wusste, dass sie ihn aufforderte, ihr die Verantwortung für ihre Entscheidung aus den Händen zu nehmen, damit sie ihm später die Schuld geben konnte.
    Dieses Mal nicht.
    Es fiel ihnen beiden schwer, dem anderen gegenüber Entschlossenheit an den Tag zu legen. Beide behaupteten das von sich, aber seine Entscheidung, nicht in alte Muster zu verfallen, und ihre nachdrückliche Versicherung, sie seien nur Freunde, verfehlten ihre Wirkung. Im Lauf der Jahre hatten sie Gespräche vermieden, indem sie zusammen im Bett gelandet waren, und sie hatten Auseinandersetzungen im Bett beendet. Aber immer wieder schloss sich der Kreis: Rebekkah lief davon, und Byron schalt sich einen Narren, hatte er doch geglaubt, dieses Mal würde es anders sein.
    Und doch bin ich hier, dachte er.
    Allerdings stand er dieses Mal außerhalb ihres Zimmers und nicht darin.
    »Schläfst du in deinem alten Zimmer?«, fragte er oben auf der Treppe.
    Sie hielt inne. »Ich kann Maylenes Zimmer nehmen, und du … So hättest du auch ein Bett, oder … ich könnte in Ellas … dem anderen Zimmer schlafen, damit … du …«
    »Nein.« Er legte ihr eine Hand auf den Unterarm. »Du brauchst weder in Maylenes noch in Ellas Zimmer zu schlafen. Ich nehme das Sofa.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das musst du nicht … Ich bin okay. Ich meine … ich bin nicht okay, aber …«
    »Ist schon in Ordnung.« Sanft legte er ihr die Hände um das Gesicht und sah sie an. »Du brauchst dringend Schlaf.«
    Ein unentschlossener Ausdruck huschte über ihre Miene, aber kurz darauf nickte sie und ging in ihr Zimmer. Sie schob die Tür teilweise zu, doch sie stand immer noch so weit offen, dass er ihr hätte folgen können. Er dachte darüber nach. In der Vergangenheit hätte er es getan. Sie brauchte ihn, und er hatte sich wiederholt gesagt, dass dieses Bedürfnis ausreichte. Bei jeder anderen Frau war es ihm genug.
    Bei Amity ist es genug, aber Bek ist nicht Amity, ging es ihm durch den Kopf.
    Entschlossen zog Byron die Tür zu und stieg wieder nach unten. Eine Weile setzte er sich aufs Sofa, stützte den Kopf in die Hände und dachte an alles, worüber sie reden mussten. An das ganze hoffnungslose Durcheinander und an die Gründe, weshalb er nicht wieder nach oben gehen würde.
    Er konnte nicht in Ellas altem Zimmer schlafen. Sie war schon lange fort, aber manchmal hatte er den Eindruck, dass Rebekkah sie nie wirklich gehen ließ. Im Tod stand Ella stärker zwischen ihnen, als sie es im Leben je getan hatte. Dies war eines von so vielen weiteren Themen, über die Rebekkah nicht sprechen wollte. Natürlich war auch er dankbar, in dieser Nacht eine Menge anderer

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