Graveminder
aber es gibt Grenzen. Der Stadtrat wird bald eingreifen.«
»Ich weiß.« Williams Gesicht wirkte verhärmt und schmerzerfüllt, seine Haltung war angespannt. »Ich kümmere mich darum.«
Rebekkah und Byron wechselten einen verwirrten Blick. Doch bevor sie etwas fragen konnten, sprach William Byron an. »Wir müssen über einiges reden. Komm bitte mit!«
»Jetzt? Aber Rebekkah …«
»Mir geht es gut«, versicherte sie den beiden. Sie trat vor, reckte sich und küsste William auf die Wange. »Danke für alles.«
»Maylene hat sich nicht in Ihnen geirrt, Rebekkah. Sie sind zu einer wunderbaren Frau herangewachsen. Byron kann sich glücklich schätzen, Sie zu haben.« William zog sie fest an sich. »Es wird leichter. Ich verspreche es.«
Er trat zurück und musterte sie schweigend und eindringlich. Sie brachte es nicht übers Herz, ihm zu sagen, dass sie und Byron nicht … was immer er glaubte. »Danke«, sagte sie nur.
Sie wandte sich zu Byron um. »Bis morgen.«
Dann flüchtete sie ins Haus und versuchte weder über Williams Worte noch über den hoffnungsvollen Ausdruck auf Byrons Gesicht nachzudenken, als sie ihm ein Wiedersehen am nächsten Tag in Aussicht gestellt hatte.
18. Kapitel
Schweigend folgte Byron seinem Vater. William hatte in Rebekkahs Haus nicht reden wollen, und Byron hatte nicht mit ihm streiten wollen, daher begleitete er seinen Vater wortlos zum Bestattungsinstitut. Sie hielten nicht auf den Wohnbereich zu, sondern William ging zu der Tür, die die Wohnung vom Institut trennte. Als er sie öffnete, zuckte er zusammen.
»Ist alles in Ordnung mit dir?« Byron streckte die Hand aus, doch der Vater wich ihm aus.
»Wir sind im Keller, Elaine!«, rief William. »Auf Ihrem Schreibtisch liegen ein paar Notizen.«
Elaine steckte den Kopf aus ihrem Büro. »Die meisten habe ich schon abgearbeitet.«
»Natürlich.« William blieb kurz stehen und schenkte seiner Büroleiterin ein Lächeln. »Danke … für alles.«
»Das Päckchen, das Sie bestellt haben, ist vorhin gekommen. Ich kümmere mich darum.«
»Gut.« William nickte und ging weiter. An der Tür zu seinem Büro hielt er inne, zog einen Schlüssel hervor und schloss ab. Doch statt den Schlüsselbund in die Tasche zu stecken, hielt er ihn Byron hin. »Nimm du sie an dich.«
»Warum?« Byron hielt die Schlüssel in der Hand.
Der Vater ging nicht auf die Frage ein. »Komm weiter!«
Byron stand im Gang. Die Liste seiner Beobachtungen, die keinerlei Sinn ergaben, wurde mit jedem Tag länger. Aber all das verlor an Bedeutung, als er bemerkte, wie William seinen Arm auffallend vorsichtig an die Brust drückte. »Was ist mit deinem Arm?«
»Das wird schon wieder. Jetzt müssen wir über etwas anderes reden.« William öffnete die Tür, die in den Keller führte, und blickte die Treppe hinunter.
Byron schob die Schlüssel in die Hosentasche und folgte seinem Vater. »Was ist los?«
William öffnete die Tür des Lagerraums und knipste das Licht an. »Mach die Tür zu!«
Byron zog die Tür zu.
»Schließ ab!«
»Ich mache mir Sorgen um dich, Dad.« Byron schloss die Tür ab. »Willst du mir nicht sagen, was mit dir ist?«
William lachte freudlos. »Nein, eigentlich nicht. Aber wir sind über den Punkt hinaus, an dem ich es vor dir verbergen kann.«
» Es? Was ist los?« Byron trat zu seinem Vater. Wieder streckte er die Hand nach dem Arm aus, den William an den Körper presste.
»Hör auf damit!«
»Klar, wenn du mir sagst, was mit deinem Arm passiert ist.« Byron warf einen Blick in das aschfahle Gesicht seines Vaters. »Hast du einen Herzanfall oder …«
»Nein, habe ich nicht. Lass mich von vorn anfangen!« William unterbrach sich und sprach erst weiter, als Byron widerwillig nickte. »Vor langer Zeit haben die Gründer der Stadt einen Pakt geschlossen, und seitdem wird dieser Pakt eingehalten. Er enthält Bedingungen, Verantwortlichkeiten, die einige von uns tragen müssen. Ausgewählte Menschen unter uns können Fragen stellen, die nicht jeder aussprechen darf …« Er sah Byron unverwandt an. »Das bedeutet aber auch, dass wir die Verantwortung für die Sicherheit der Stadt tragen, wenn es Probleme gibt. Wir stehen zwischen den Lebenden und den Toten. Bestatter zu sein, ist eine Ehre, mein Sohn.«
»Ich weiß.« Byrons Besorgnis wuchs. Mit jeder Minute, die verging, redete sein Vater immer wirrer. Wie war das noch – ein Schlaganfall führte dazu, dass den Patienten das logische Denken abhandenkam? Byron war es nicht
Weitere Kostenlose Bücher