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Graveminder

Graveminder

Titel: Graveminder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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»Arbeiten.«
    »Gut.« Daisha trat an ihrer Mutter vorbei.
    »Ich habe nicht gesagt, dass du hereinkommen sollst.« Während sie sprach, ließ Gail die Tür zuknallen. Zerstreut schnippte sie die Asche ihrer kaum angerauchten Zigarette auf einen der überquellenden Aschenbecher zu, die auf dem zerkratzten Couchtisch standen.
    »Warum?«
    »Ich betreibe hier kein Motel. Du bist gegangen und …«
    »Nein. Ich bin nicht gegangen . Du hast mich weggeschickt.« Daisha spürte die Verwirrung nicht mehr, die sie seit dem Aufwachen empfunden hatte. Die Wände hatten den schmierigen Farbton, den zu viel Rauch in einem zu engen Raum verursacht. Der Teppich hatte die typischen Brandlöcher und Flecken von zu vielen Saufgelagen, und die Kratzer und Scharten in den Möbeln sprachen von Streit und Armut. Als sie in dem winzigen Raum stand, der einmal ihr Zuhause gewesen war, begriff sie deutlicher denn je: Sie gehörte hierher. Dies war ihr Eigentum, dies war ihr Heim, ihr Revier.
    »Er hat versprochen, gut zu dir zu sein. Ich habe dich ja schließlich zu keinem Fremden geschickt.« Gail zündete sich eine weitere Zigarette an und ließ sich mit der Bierflasche und der Zigarette in der Hand auf das durchgesessene Sofa fallen. »Paul hat gesagt, er ist ein guter Mann.«
    Daisha blieb stehen. »Du hast es aber besser gewusst, nicht wahr, Mom?«
    Gail setzte die Bierflasche an die Lippen und trank. Dann wies sie mit einer unbestimmten Handbewegung von unten nach oben auf Daisha. »Du siehst prima aus, was beschwerst du dich also?«
    »Also erst mal bin ich tot.«
    »Du bist was ?«
    Daisha schritt durch den kleinen Raum und blieb vor dem Sofa stehen. Sie sah auf ihre Mutter hinab und hoffte, irgendein Gefühl zu entdecken, ein Anzeichen dafür, dass Gail sich über das Wiedersehen freute. Nichts. »Ich bin tot«, wiederholte Daisha.
    »Klar.« Gail schnaubte verächtlich. »Und ich bin die verdammte Königin von Rom.«
    »Rom hat keine Königin. Es ist eine Stadt, aber ich bin wirklich tot.« Daisha ließ sich neben ihrer Mutter nieder.
    Die Worte fühlten sich unnatürlich an, und es fiel ihr furchtbar schwer, das einzugestehen, aber es stimmte. Ihr Körper lebte nicht. Das Herz schlug nicht in ihrer Brust, der Atem weitete ihre Lungen nicht. Alles, was einen Menschen lebendig machte, war nicht mehr da – weil ihre Mutter zugelassen hatte, dass jemand sie tötete.
    »Tot«, flüsterte Daisha. »Ich bin tot, nicht lebendig, nicht richtig, und alles deinetwegen.«
    »Findest du das komisch?« Gail wollte aufstehen, wurde von Daisha aber wieder hinuntergedrückt, ehe sie sich aufrichten konnte.
    »Nein«, sagte Daisha. »Das ist überhaupt nicht komisch.«
    Gail hob die Hand, mit der sie die Zigarette hielt, als wolle sie ihre Tochter ohrfeigen. Die Zigarettenglut sah beinahe hübsch aus.
    Einen angespannten Moment lang blieb Gails offene Hand in der Luft hängen, doch sie rührte Daisha nicht an. Stattdessen zog sie an ihrer Zigarette und stieß geräuschvoll den Rauch aus. »Ich lache auch nicht.«
    »Gut. Das ist nämlich nicht zum Lachen.« Daisha fasste das Handgelenk ihrer Mutter und zog ihren Arm wieder nach unten. Die Knochen unter Gails Haut fühlten sich an wie zerbrechliche Zweige, die in süßes Fleisch und warmes Blut gehüllt waren. Schwer zu glauben, dass sie ihre Mutter jemals für stark gehalten hatte.
    Daisha hielt Gails steckendürres Handgelenk fest und rutschte näher. Sie drückte ihr das Knie fest gegen das Bein, bis sich ihre Mutter nicht mehr rühren konnte. »Sag es mir! Hast du – auch nur eine Sekunde lang – wirklich geglaubt, ich sei dort in Sicherheit?«
    Gails Augen weiteten sich, aber sie sprach keins der Worte aus, die Daisha geholfen hätten. Stattdessen versuchte sie Daisha mit der Hand, in der sie die Flasche hielt, von sich wegzustoßen. »Für mich siehst du vollkommen in Ordnung aus«, murmelte sie. Sie wollte Daisha wieder wegschieben, dieses Mal mit mehr Nachdruck. »Lass mich aufstehen!«
    »Nein.« Daisha nahm die Bierflasche und warf sie so heftig gegen die gegenüberliegende Wand, dass sie zerbrach. Die Glasscherben fielen wie Glitter auf den Teppich. »Wusstest du, was er vorhatte?«
    »Paul hat gesagt …«
    »Nein«, wiederholte Daisha. Sie kniff die Glut von der Zigarette ab und ließ sie in den Schoß ihrer Mutter fallen.
    Kreischend versuchte Gail sie auszuschlagen. »Du kleines Miststück! Wie kannst du es wagen?«
    »Du hast mich weggeschickt – mit jemandem, den du

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