Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Graveminder

Graveminder

Titel: Graveminder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
Vom Netzwerk:
wenn jemand auf mich schießt?«
    »Hier? Es tut weh, genau wie bei uns. Drüben? Gelten die üblichen Regeln.«
    »Und Rebekkah?« Byron zwang sich, von ihr wegzusehen.
    »Sie kann hier sterben.« Boyd hob die Schultern. »Bei ihr ist es etwas anderes.«
    »Warum?«
    Abermals hob Boyd die Schultern. »Ich mache die Regeln nicht. War noch nicht einmal hier, als sie aufgestellt wurden. Manches ist einfach so, wie es ist.«
    Dann wandte er sich um und schlenderte die Straße entlang. Passanten gingen ihm aus dem Weg, und Byron fragte sich, ob sie Angst vor Boyd hatten oder einfach erkannten, dass er nicht von seinem Kurs abweichen würde und sie stattdessen zur Seite treten mussten.
    Wieder betrachtete Byron das Haus und war nicht sicher, welches die richtige Vorgehensweise war. War Rebekkah eine Gefangene? Zu beiden Seiten der riesigen Eingangstür zu Mister Ds Haus standen Wachmänner. Sollte er anklopfen? Es gab nur eine Möglichkeit, um dies herauszufinden.
    Den Revolver immer noch in der Hand, überquerte Byron die Straße und stieg die Treppe hinauf. Er hob die Waffe nicht, aber genau wie auf seinem Weg durch die Stadt unternahm er auch keinen Versuch, sie zu verbergen. Die Straße am Fuß der Treppe war mit Patronenhülsen übersät, und als er einen feuchten grauen Fleck auf einer Stufe entdeckte, hielt er inne. Blut? Er hatte sich recht bald daran gewöhnt, dass er in dieser Welt keine Farben sehen konnte, doch als er das Nass auf der Treppe erblickte, wurde ihm klar, dass es alles Mögliche sein konnte. Ohne Farben waren die Möglichkeiten schwieriger einzugrenzen. Rebekkah stand auf dem Balkon. Sie lebte. Dann erstarrte er, als ihm klar wurde, wie absurd dieser Gedanke war. Wie konnte er sicher sein, dass sie lebte? Sie konnte hier sterben.
    Die übrigen Stufen der Treppe legte er im Laufschritt zurück.
    Wie ein Mann traten die Wächter vor die Tür. »Nein.«
    »Doch.« Byron hob die Waffe und zielte damit auf einen der Wachposten. »Rebekkah … die Totenwächterin befindet sich in diesem Haus, und ich werde hineingehen, um sie zu holen. Auf der Stelle.«
    Die Wachleute wechselten einen Blick, aber sie bewegten sich weder, noch gaben sie Antwort.
    »Ich werde schießen«, versicherte er ihnen. »Öffnen Sie die Tür!«
    »Wir haben unsere Befehle«, erwiderte der Wachmann, auf den Byron die Waffe richtete.
    »Niemand betritt so einfach dieses Haus«, setzte der andere hinzu. »Sie bilden keine Ausnahme.«
    Byron krümmte den Finger um den Abzug. »Lassen Sie mich sofort hinein!«
    »Mister D hat uns angewiesen, es nicht zu tun. Das Ding da« – der erste Wachmann wies auf die Waffe – »ändert nichts an seinen Befehlen.«
    »Ich möchte nicht schießen.« Byron senkte den Revolver kaum wahrnehmbar und streckte die Hand nach dem Türgriff aus. Der Wächter packte ihn am Arm.
    »Aber ich werde es tun«, fuhr er fort.
    Die erste Kugel traf den Wachposten zwischen die Augen, und einen Sekundenbruchteil später drang eine weitere in den Hals des zweiten ein. Beide Männer sackten zusammen. Hoffentlich war Alicia ehrlich gewesen mit ihrer Behauptung, er bringe die Toten nicht wirklich um.
    Konnte man jemanden töten, der schon tot war?
    Es kam nicht darauf an. Er hatte nicht vor, sich von Mister Ds Haustür wegschicken zu lassen. Seine Aufgabe lautete, für Rebekkahs Sicherheit zu sorgen, bei ihr zu bleiben und sie in die Welt der Lebenden zurückzubringen.
    Byron stieß die Tür auf. Mister D saß in einem samtbezogenen Ohrensessel in der Mitte des weitläufigen Foyers. Hoch über seinem Kopf hing ein riesiger Kronleuchter, und einen Moment lang fragte sich Byron, wie gut er wohl noch zu zielen vermochte. Ob er die Kette durchschießen konnte? Die Vorstellung, dass dieses Monstrum aus Kristall auf Mister D herabstürzen könnte, war außerordentlich verlockend.
    Mister D folgte seinem Blick. »Ein schwieriger Schuss. Möchten Sie es versuchen?«
    »Wo ist Rebekkah?«
    Mister D wies nach oben. »Die Treppe hinauf. Geradeaus, große Türen, Balkon. Sie können sie gar nicht verfehlen.«
    »Wenn Sie ihr wehgetan haben …«
    »Was tun Sie dann, mein Junge?« Mister Ds Zähne blitzten zu einem Lächeln auf. »Holen Sie sie ruhig. Ich habe zu arbeiten. Falls Sie nicht doch noch schießen wollen …«
    Byron zögerte und warf der Kette des Kronleuchters über Mister Ds Kopf noch einen Blick zu. Brächte er es fertig? Sollte er schießen? Dann sah er wieder Mister D an. »Nächstes Mal vielleicht.«
    Mister

Weitere Kostenlose Bücher