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Graveminder

Graveminder

Titel: Graveminder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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für die Toten?
    Nachdem sie noch einmal zu Charles zurückgesehen hatte, stieg Rebekkah die Marmortreppe hinunter, die auf die Straße führte. Sie wollte nicht bei ihm bleiben, wollte nicht hören, was er ihr erzählte, wollte in keiner Welt gefangen sein, in der man auf sie schoss. Auf den Stufen und auf der Straße lagen leere Magazine und Patronenhülsen verstreut. Auch leuchtend rote Tropfen entdeckte sie und fragte sich, ob das Blut von ihr oder von Charles stammte. Konnte er bluten? Sie versuchte sich zu erinnern. Warum waren die Kugeln nicht durch ihn hindurch in ihren Körper eingedrungen? Sie hielt inne und blickte noch einmal zurück.
    Charles lehnte lässig am Türpfosten und beobachtete sie beide.
    »Ich habe noch Fragen«, sagte sie.
    Ein seliges Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Natürlich haben Sie noch Fragen.«
    »Also …«
    »Also werden Sie wiederkommen.« Gemächlich kam Charles die Treppe herunter. Er beeilte sich nicht, und doch vermittelte jeder seiner Schritte einen Eifer, vor dem sie am liebsten geflüchtet wäre.
    »Sie werden mit Ihren Fragen und Theorien an meine Tür klopfen, und ich« – er unterbrach sich und warf Byron einen Blick zu – »werde Ihnen sagen, was Sie wissen müssen.«
    »Warum sind Sie nicht verletzt worden, als die Männer auf uns geschossen haben?« Rebekkah wies auf die zusammengesunkenen Körper vor seiner Tür. »Diese Männer sind jedenfalls verletzt.«
    »Ah, die Frage sollten Sie besser Ihrem Undertaker stellen.« Charles’ Stimme hatte einen argwöhnischen Unterton. »Ihr Partner hat ebenfalls seine Geheimnisse. Nicht wahr, Byron?«
    Byron nickte knapp. Es war offensichtlich, dass er die Straße überprüfte, während er das Gespräch verfolgte. »Geheimnisse haben wir wohl alle«, sagte er nur.
    Charles hielt sich ein wenig entfernt von ihnen. »Wie wahr.«
    »Täte es weh, wenn Byron auf Sie schösse?«, hakte Rebekkah nach.
    » Alle Kugeln tun weh, Rebekkah.« Charles hielt ihren Blick fest. »Sie haben mich nicht umgebracht, aber das heißt nicht, dass es nicht geschmerzt hätte, als sie in meine Haut einschlugen.«
    Sie verstummte. Bei dem Gedanken an die Schießerei und die vielen Patronenhülsen auf dem Boden zuckte sie zusammen. Sie wies auf das Blut auf den Stufen. »Sie meinen …«
    Charles nickte ihr knapp zu.
    »Und warum haben diese Leute überhaupt geschossen?«, fragte Byron, und bei seinen Worten wandte sich Rebekkahs Aufmerksamkeit wieder ihm zu.
    »Diese Welt ist gefährlich, wie Sie sicherlich gerade erkennen, Undertaker.« Dann sprach Charles erneut in Rebekkahs Richtung. »Einstweilen ist es sicher besser, wenn Sie gehen, es sei denn« – er schenkte ihr ein wehmütiges Lächeln –, »Sie möchten noch bleiben.«
    Byrons Blick huschte zu Charles. »Nein.«
    »Vielleicht beim nächsten Mal«, murmelte Charles.
    »Nein«, wiederholte Byron. »Nicht jetzt und auch später nicht.«
    Der Ausdruck, der in Charles’ Augen trat, war nicht freundlich. »Das ist nicht Ihre Entscheidung, Undertaker. Sie öffnen das Portal. Sie führen sie hierher und wieder zurück. Das heißt aber nicht, dass Sie für sie entscheiden … genauso wenig wie ich.«
    »Halt!« Erschöpfung überwältigte Rebekkah wie eine Woge. »Können Sie bitte damit aufhören? Ich bin müde, mir ist kalt, und meine Verletzung schmerzt. Ich muss Daisha finden und herbringen, bevor ihr noch jemand zum Opfer fällt.«
    »Und deswegen, Byron, ist sie die Totenwächterin. Nun, da sie hergekommen und geworden ist, was ihr vorbestimmt war, steht für sie ihre Mission im Vordergrund. Sie werden irgendwann alle so. Manche« – Charles unterbrach sich, und als er weitersprach, klang seine Stimme weicher – »sind von Anfang an so. Kehren Sie ins Land der Lebenden zurück, Rebekkah, und suchen Sie Daisha! Die Hungrigen Toten dürften eigentlich nicht so rasch so starke Kräfte entwickeln. Bringen Sie sie nach Hause!«

34. Kapitel
    Charles sorgte sich um sie alle, seine weder ganz toten noch ganz lebendigen Graveminder. Das lag in der Natur der Vereinbarung zwischen ihnen. Er war für sie verantwortlich, sie waren seine Kriegerinnen, aber er konnte nur wenig tun, um sie zu beschützen. Durch seine Einmischung vor ein paar hundert Jahren waren sie den Toten ähnlicher geworden, aber er konnte sie nicht vor allem bewahren.
    »Du hast gesagt, wenn ich Hilfe brauche …«
    »Ja. Ich täte alles für dich, was in meiner Macht steht.« Charles nahm seine jüngste

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