Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Graveminder

Graveminder

Titel: Graveminder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
Vom Netzwerk:
Papiere.
    »Vielleicht haben wir gerade ein paar Antworten gefunden.« Er hielt einen sorgfältig ausgeschnittenen Artikel mit der Schlagzeile Berglöwenangriff fordert drei Menschenleben hoch. Dann legte er ihn beiseite und öffnete einen Umschlag. Er betrachtete jedes Teil darin und gab alles einzeln an Rebekkah weiter. Es waren Quittungen über Handwaffen, Munition und ein Paar Damenstiefel in Größe vierzig.
    Byron reichte die Zettel an sie weiter, und Rebekkah las das Durcheinander an Notizen. Auf einem Stück Papier stand Für Alicia . Auf einem anderen waren Fragen und Antworten aufgelistet: Menschlich? Nein. Alter? Entspricht weder seinem Aussehen noch der Zeit, aus der seine Kleidung stammt. Danach kam eine hingekritzelte Notiz. Alicia ist nicht aufrichtig. Bei manchen der Papiere würde es länger dauern, sie zu lesen. Briefe und Zeitungsausschnitte mischten sich mit fast unleserlichen Notizen. Es würde Zeit kosten, das alles durchzugehen.
    Zeit, die sie nicht hatten.
    Als sie gähnte, hielt ihr Byron keine Papiere mehr hin. Schweigend suchte er jene zusammen, die er ihr gegeben hatte, legte alle wieder in die Mappe und steckte sie und mehrere andere Gegenstände aus der Truhe in den Seesack, den er aus dem Land der Toten mitgebracht hatte.
    »Mir geht es gut«, protestierte sie.
    »Du bist erschöpft«, verbesserte er sie sanft. Einen Moment lang sah er sie eindringlich an, bis sie nickte.
    Rebekkah stand auf und reckte sich. »Lass uns nach Hause fahren!«
    Er verbarg seine Verblüffung, so gut er konnte, und sie war ihm dankbar, dass er keine Bemerkung machte. Im Lauf der Jahre waren sie mehrmals Liebende gewesen, aber selbst da hatte sie nie von wir gesprochen, und ganz bestimmt hatte sie ihren jeweiligen Wohnort nie als Zuhause bezeichnet.
    Während der kurzen Fahrt vom Bestattungsinstitut zu ihrem Haus nickte sie ein und wachte erst auf, als Byron den Motor abstellte. Statt aus dem Leichenwagen zu steigen, blieb sie sitzen und lehnte den Kopf ans Beifahrerfenster.
    »Was ist mit dir?«, fragte er.
    Sie sah ihn an. »Mir geht es gut … ich bin überwältigt, verwirrt, erschöpft … Aber ich werde nicht kreischend in die Nacht davonrennen. Und du?«
    Er öffnete seine Tür. »Ich kreische nicht. Das habe ich noch nie getan.«
    »Also, ich weiß nicht. Ich erinnere mich da an gewisse Kinoabende …«
    »Ich habe nie gekreischt.« Byron ging um den Wagen herum und holte den Seesack.
    »Gekreischt, geschrien, was auch immer.« Sie stieg aus, raffte ihren Rock und stieg die Stufen zur Vorderveranda hinauf. Dann schloss sie die Tür auf und trat ein. »Ich bin froh, dass du bei mir bist. Vielleicht liegt es an meiner Angst … oder an unserer gemeinsamen Aufgabe … oder an dem Kummer oder …«
    »Oder an unserer Freundschaft. Vergiss das nicht, Beks!« Er schloss die Tür hinter sich. »Die anderen Aspekte sind ebenfalls real, aber wir waren schon Freunde, bevor das alles passiert ist. Wenn du schon nicht zugibst, dass du mich liebst, dann gesteh doch wenigstens ein, dass wir Freunde sind.«
    »Ja, aber wir sind Freunde, die mehrere Jahre lang nicht miteinander gesprochen haben«, verbesserte sie ihn.
    Er biss die Zähne zusammen und verzichtete darauf, seine Gedanken auszusprechen. Stattdessen setzte er den Seesack behutsam auf dem Couchtisch ab. »Hast du mich aus einem dieser Gründe vorgestern gebeten, über Nacht zu bleiben?«
    »Schon möglich«, gestand sie. Das war sie, die andere Angst, die in ihrem Hinterkopf lauerte und die sie nicht erwähnt hatte. »Wie kommst du zu der Ansicht, dass unsere … Freundschaft echt ist?«
    »Jahre, in denen ich dich ertragen und zugehört habe, wie du mit Ella über Jungs und Haare und Musik und Bücher geredet und lauter Filme gesehen hast, zu denen ihr mich verdonnert habt.« Byron wirkte zunehmend missmutig und zählte seine Argumente an den Fingern ab. »Und weitere Jahre, in denen ich hoffte, du kämst nach Hause. Jahre, als ich in jeder Menschenmenge nach dir Ausschau hielt. Jahre, in denen ich hoffte, jede Brünette, die auch nur die geringste Ähnlichkeit mit dir hatte, würde sich umdrehen und meinen Namen sagen.«
    »Aber geschah das nicht alles ohne dein bewusstes Zutun?« Sie ließ sich aufs Sofa fallen. »War das alles real, oder war es reiner Instinkt? Es ist dir vorherbestimmt, die Totenwächterin – mich – zu beschützen, vielleicht hast du also nur darauf reagiert.«
    Er stand in der Mitte des Zimmers und starrte sie an. »Ist das

Weitere Kostenlose Bücher