Gray Kiss (German Edition)
statt“, sagte ich und erinnerte mich daran, was Kelly mir in der Schule gesagt hatte. „Aber wo noch mal?“
„In einem verlassenen Haus auf einem Privatgelände im östlichen Teil der Stadt. Er meint wohl, das verleiht dem Ganzen einen gruseligeren Touch. Ich schätze mal, das Haus ist verfallen, aber das macht es noch spannender.“ Jordan verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich gehe auf jeden Fall hin.“
Ich beobachtete verstohlen, wie Bishop auf den eigensinnigen Rotschopf reagierte. „Connor, bring Jordan sofort nach Hause. Was sie dann tut, ist ihre eigene Entscheidung.“ Jetzt schaute er seinen Bruder an. „Kraven, du begleitest Roth auf diese Party und hältst Ausschau nach unserem Super-Gray. Connor kommt dann später nach.“
„Und was ist, wenn wir ihn sehen?“, fragte Connor.
„Dann halt ihn fest. Wie auch immer.“
Connor kniff die Augen zusammen. „Mit Vergnügen.“
Sie zögerten keine Minute, sondern verließen sofort die Kirche. Jordan warf mir einen letzten Blick zu, sagte aber kein Wort des Abschieds. Für sie wäre es leichter gewesen, wenn die Manipulation des Engels funktioniert hätte. Was auch immer sie von anderen unterschied und ihr diese übersinnliche Wahrnehmung verlieh - das war wohl der Grund dafür, warum der Engel keine Chance bei ihr hatte.
Sie würde sich an alles erinnern, was sie mit angeschaut und erlebt hatte.
Es war ein sehr gefährliches Wissen für ein siebzehnjähriges Mädchen - wie ich aus eigener Erfahrung wusste.
Nachdem sie weg war, wandte sich Bishop an Cassandra. „Du gehst mit Samantha nach Hause. Warte bitte vor der Kirche auf sie, okay?“
„Okay.“ Cassandra warf mir einen flüchtigen Blick zu, dann ließ sie uns allein.
„Und wo gehst du hin?“ Es wurde mir eng ums Herz, wenn ich nur daran dachte, mich schon wieder von Bishop verabschieden zu müssen.
„Die anderen möchten, dass ich mich von dir fernhalte. Ich schätze, heute Abend haben wir gesehen, wie gefährlich es ist, wenn wir zusammen sind.“
Ich schluckte. „Ja, sehr gefährlich. Also, wo willst du hin?“
Er schaute mich an. „Zu dir.“
Ich zog die Augenbrauen hoch. „Was?“
Bishop zeigte sich überrascht von meiner Reaktion. „Es ist mir vollkommen egal, was die anderen meinen. Ich lasse dich im Moment nicht aus den Augen. Verstanden?“
Ich konnte nur nicken, so überwältigt war ich von seinem Vorschlag. Er hätte genauso gut mit den anderen die Party besuchen können.
Aber er wollte bei mir bleiben.
Er griff sich den kleinen Dolch, der jetzt auf dem leeren Holzschreibtisch lag, und wischte Roths Blut an seiner Jeans ab.
„Ich glaube, der gehört dir.“ Er reichte ihn mir. Dabei berührten sich kurz unsere Finger.
Ich steckte den Dolch wieder in das Lederetui unter meinem Rock. „Danke. Tut mir leid, was passiert ist.“
„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Kraven hat unrecht. Es war nicht deine Schuld. Was Stephen dir angetan hat …“ Seine Miene verfinsterte sich. „Ich könnte ihn umbringen dafür.“
„Jemanden umbringen ist auch nicht immer die Lösung.“
„Ist mir bewusst.“
Mühsam schluckte ich. „Ich habe gesehen, wie du Kraven getötet hast. In deiner Erinnerung.“
Er wandte sich ab, doch ich fasste ihn am Arm.
„Du warst nicht du selbst“, erklärte ich im Brustton der Überzeugung. „Das kann nicht sein. Es muss eine Erklärung dafür geben, wieso du das gemacht hast.“
Als er mich wieder anschaute, war sein Blick wirr. „Komisch, dass du diese Erinnerung mitbekommen hast.“
Ich lachte humorlos. „Was soll daran komisch sein?“
„Weil viele dieser Einzelheiten für mich sehr verschwommen sind. Aber ich schätze, irgendwo in meinem Kopf sind sie noch vorhanden, und zwar ganz klar.“ Er runzelte die Stirn. „Das damals mit Kraven … Mein Bruder. Klar, wir hatten unsere Probleme, doch … Ich erinnere mich nur an diese kalte Gewissheit, die mich an diesem Abend überfiel. Das Wissen, dass er sterben muss und dass seine Seele der Hölle versprochen war. Aber …“ Er fuhr sich mit der Hand über den Mund und wandte den Blick ab. „Aber ich habe keine Ahnung, wieso ich mich nicht dagegen wehrte, eigenhändig die einzige Person zu töten, der ich jemals etwas bedeutet habe.“
Ich starrte ihn an. Ich sah meine Vermutung bestätigt. „Du weißt nicht mehr, was du gemacht hast? Im Ernst?“
Irritiert betrachtete er mich. „Das soll keine Entschuldigung für meine Tat sein.“
„Ist es dennoch in
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