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Grayday

Grayday

Titel: Grayday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hari Kunzru
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Unbehagen.
    Guy trommelte einen Rhythmus auf seinen Knien, und Gaby beobachtete ihn dabei. Er ließ das Fenster des Taxis herunter, und sie saß mit um sich geschlungenen Armen da, als sie den Fluss überquerten. Die Abendzeitungen hatten die neueste Terroristenwarnung als Schlagzeile. Irgendwo in Victoria kamen sie an einer Straße vorbei, die durch zwei Streifenwagen abgesperrt war. Vielleicht, dachte sie, war es nicht sie. Oder etwa er. Vielleicht war es die Stadt, die mies geworden war. Bitterkeit lag in der Luft, ein Nachgeschmack von Angst.
    Seltsamerweise war sie wegen seiner Eltern bei ihm eingezogen. Er schien sich ihretwegen zu schämen, und sie musste ihm den einzigen Besuch bei ihnen mit Schmeicheln und Bockigkeit abtrotzen. Sie fuhren durch sonntäglichen Regen zu einem alten Pfarrhaus in einer Marktstadt in Shropshire, einem Haus, das mit reich verziertem Porzellan, schweren Eichenmöbeln und dem Furzgeruch von zwei ältlichen schokoladenfarbenen Labradors angefüllt war, die die meiste Zeit in ihren Körben in der Küche schliefen. Gilly und Edward schienen von ihrem Sohn ein wenig eingeschüchtert zu sein, und Guy bekam etwas Herrisches im Umgang mit ihnen, machte sich selbstbewusst über die Ansichten seines Vaters lustig und zappelte beim Mittagessen nervös herum, als wollte er zeigen, dass er es nicht erwarten könne, wieder wegzufahren. Gaby fand überraschenderweise Gefallen an den Hundehaaren und dem verstimmten Klavier und der Reihe Gummistiefel an der Hintertür. Diese soliden, einfachen Dinge waren hilfreich, ja tröstlich. Sie schienen hinter Guys Selbstvertrauen wie eine Garantie zu stehen, und es war zum Teil die Vorstellung, mit ihnen verbunden zu sein, die sie ja sagen ließ, als er vorschlug, sie solle ihre Wohnung aufgeben und zu ihm ziehen.
    Jetzt hörte Gaby erneut diese Stimme, die ihr sagte, sie sollte aussteigen und alle emotionalen Stühle und Tische zertrümmern, so dass es keine Rückkehr gäbe, so dass sie diese Version von sich niederreißen und von vorn beginnen könne.
    Das Taxi hielt vor In Vitro, und einer der Pförtner öffnete die Tür. Sie gingen durch die hohen Glastüren in die Vorhalle. Als sie am Aufzug warteten, schauten sie beide zum hundertsten Mal in die Vitrine, die in die Marmorverkleidung der Wand eingelassen war und Dinge enthielt, die man beim Bau des Hauses gefunden hatte: alte Flaschen, römische Münzen, eine Schuhschnalle, einen menschlichen Schienbeinknochen.
    Guy gefiel die Präsentation besser als die Dinge als solche. Er ließ das Prinzip gelten, dass Ererbtes den Wert steigere; sogar die Vergangenheit hatte eine Zukunft. Gaby dagegen wünschte sich unumwunden, die Vitrine würde verschwinden. Sie war eine lästige Mahnung, dass unter ihren Füßen eine Erdschicht voller Hausmüll und menschlicher Überreste war, Weggeworfenes, das auch nach Hunderten von Jahren nicht beseitigt war. Bei der Fahrt nach oben verspürten sie beide eine gewisse Erleichterung, dass sie dem Morast, der an ihren Hacken schmatzte, glücklich entkommen waren.
    »Mir wär’s lieber, man würde Blumen hineinstellen und nicht dieses schreckliche Ding«, sagte Gaby. Man kann sich’s nicht aussuchen, dachte sie. Man kann sich die Dinge, die man behält, nicht aussuchen.
    »Mir auch«, stimmte Guy eifrig zu. Nach knapp zwei Stunden war dies der erste Anlauf zu einem Gespräch, und den wollte er nicht abwürgen. Aber ihm fiel nichts Interessantes ein, was man über Blumen oder Archäologie hinzufügen konnte.
    Schweigend trafen sie ihre Vorbereitungen zum Schlafengehen, während sie umeinander kreisten, Kleidungsstücke zusammenlegten und ihre Gedanken mit dem Insektengesumm elektrischer Zahnbürsten untermalten. Gaby rauchte eine Zigarette auf dem Balkon, und Guy nahm eine Dusche, während der er heimlich masturbierte und dabei an eine Phantasiepartnerin dachte, die wie Gaby war, aber freundlicher, weniger schroff. Dann stellte er seinen Nachttischwecker (dessen Genauigkeit mithilfe eines Signals überprüft wurde, das eine Atomuhr in Greenwich aussandte) und knipste das Licht aus. Ein paar Minuten später schlüpfte Gaby neben ihn.
    Eine Zeit lang lagen sie im Dunkeln. Guy dachte über Aufträge nach, Gaby hingegen über Guy, über sein absurdes Gefühl seiner eigenen Wichtigkeit, darüber, dass ihm nie etwas Böses widerfahren war. Wenn es in einem Raum ein Büfett gab, steuerte er sofort darauf zu und begann zu essen. Wenn es einen einzigen Stuhl gab, nahm er ihn in

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