Grayday
waren wirklich verärgert: Nicht gespeicherte Daten waren verloren gegangen, wichtige Dinge waren noch zu erledigen. Als Guy das hörte, begann sein persönlicher Gefühlszustand zwischen totalem Entsetzen über die Neuigkeiten und Erleichterung darüber, dass seine Autorität intakt war, zu schwanken. Um Klarheit zu gewinnen, musste er den Systemoperator nach oben in sein Büro schleifen und auf einem Stuhl Platz nehmen lassen. Caedmon, ein schüchterner, Brille tragender junger Waliser mit erstklassigem Haarschnitt und einer anscheinend unendlichen Anzahl T-Shirts mit den Logos unabhängiger Plattenlabels, gab sich alle Mühe, die Sache zu erklären.
»Ich musste es tun, Guy. Das gesamte Netzwerk. Ich hatte keine andere Wahl. Ungefähr zwanzig Minuten, nachdem ich heute Morgen hier angekommen war, legte es einfach los. Jeder Bildschirm im Haus fing an, Bilder von dieser Inderin zu zeigen.«
»Eine Frage, Caedmon. Wofür zum Teufel bezahle ich Sie?«
»Guy …«
»So darf das nicht passieren.«
»Ich weiß. Es tut mir wirklich Leid. Es ist ein Virus …«
»Oh, Himmelherrgott. Bitte, bitte, bitte, kommen Sie nicht auf die Idee, mir zu erzählen, dass es alles aufgefressen hat.«
»Nein, es ist okay. Alle unsere Daten sind auf Band gesichert. Es ist nur eine Frage der …«
»Verschonen Sie mich mit den Einzelheiten. Sagen Sie mir nur, wie lange. Wann wird’s wieder laufen?«
»Es wird eine Weile dauern. Wenn es keine Reparaturroutine gibt, muss ich alles, denke ich, restlos deinstallieren und von Grund auf …«
»Caedmon.«
»Sicherlich noch den ganzen Tag.«
An eine oder zwei Stunden hatte Guy gedacht. Das erschien ihm eine angemessene Menge Zeit für die Klärung einer solchen Angelegenheit. Stattdessen würde er einen ganzen Tag verlieren. Einen entscheidenden Tag. Sollte er den Rest seines Lebens als der Mann zubringen, dessen Firma durch ein Computerproblem zu Fall gebracht wurde? Eine verdammte technische Schwierigkeit? Wie aus einer schlechten Werbekampagne. Seien Sie nicht der Chef, dessen Abteilung sich das Virus geschnappt hat.
»Den ganzen Tag? Was zum Teufel soll das? Ein ganzer Tag, Caedmon, ist nicht gut. Es muss schneller gehen.«
»Tut mir Leid, Guy. Wenn ich einen Helfer hätte – aber ich bin allein …«
»Allein? Wir haben Millionen von Computerfachleuten.«
»Die sind Grafikdesigner, Guy.«
»Oh.«
»Sehen Sie mal, selbst wenn ein paar von denen mit anpacken, wird’s eine Weile dauern. Es ist nicht nur Tomorrow*, wo es Probleme gibt.« Caedmon nannte die Namen von zwei Konkurrenzagenturen und einer Bank, wo seine Freundin als Teilzeitsekretärin arbeitete. Guy ließ sich ein wenig besänftigen. »Also, los. Machen Sie weiter damit.« Die Armbewegung, bemerkte er, gelang ihm mit einem eigentümlichen Schlenker. Eher ancien-régime- Körpersprache. Kein gutes Zeichen.
Am Mittag war seine Laune noch mieser. Jedes Mal, wenn er irgendwohin ging, hatte er das Gefühl, er trippelte. Als er seinen Laptop einschaltete, wurde er von einer kleinen pixeligen Frau und ein paar kreischenden Geigentakten begrüßt. Er brachte das Gerät hinunter zu Caedmon, der mürrisch nickte und ihm sagte, er würde sich vordringlich darum kümmern. Um zwei schickte Guy den Großteil der Belegschaft nach Hause. Um drei erhielt er einen Anruf aus New York.
Pharmaklyne hatte sich entschieden, mit einer anderen Agentur ein Markenzeichen für sein SSRI zu entwickeln. Guy gab seiner Enttäuschung Ausdruck, dankte dem Produktmanager und legte auf. Die ersten dreißig Sekunden vergingen ruhig. Dann brüllte er unartikulierte Flüche und warf den Telefonhörer quer durchs Zimmer. Das verschaffte ihm ein Gefühl der Genugtuung, und so schickte er noch einen Reklamebriefbeschwerer hinterher, der irgendwie aus der Bahn geriet und die Glastür der Vitrine zertrümmerte, in der er seine Sammlung aufbewahrte. Als Kika hereinkam, um nachzusehen, was hier vor sich ging, fand sie ihn auf allen vieren zwischen den Scherben einer Flasche Reservoir-Dogs- Premieren-Tischwein. Er schrie sie an, gefälligst einen Lappen zu holen.
Kika half ihm beim Aufwischen. Hauptsächlich wischte Kika auf, und Guy lief hin und her, wobei er nicht zu trippeln versuchte und leise Scheißescheißescheiße vor sich hin murmelte.
»Es ist offenbar ein Filmstar«, sagte Kika, während sie vorsichtig Glas mit den Fingern aufklaubte.
»Was denn?«
»Die Frau auf den Bildschirmen. Sie ist ein indischer Filmstar namens Leela Zahir. Hat Ranjit
Weitere Kostenlose Bücher