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Grayday

Grayday

Titel: Grayday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hari Kunzru
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Rangordnung. Als Folge seiner Leidenschaft fürs Kino hatte ihn seine (durch und durch echte, nicht im Basar gekaufte) Highschool-Ausbildung nicht auf eines der angesehenen Indian Institutes of Technology geführt, sondern auf die North Okhla, eine im Mittelfeld rangierende Schule. Immerhin hatte diese den – stärker von seiner Mutter als von Arjun selbst empfundenen – Vorteil, dass er während des Studiums zu Hause wohnen konnte.
    Zwei Jahre nach seinem Abschluss wohnte er immer noch zu Hause.
    »Mummy? Mummy?« Er stürmte in die Diele, wobei er beinahe Malini, das Dienstmädchen, umgerannt hätte, das gerade mit einem Glas Tee unterwegs war.
    »Oh, Entschuldigung, Malini. Ma, bist du da?«
    »Ja, Beta. Komm rein. Ich habe mich nur hingelegt.«
    Er riss die Tür zum Schlafzimmer seiner Mutter auf und erzählte ihr die Neuigkeit. »Mummy, ich gehe nach Amerika!«
    Er hätte genauso gut Gefängnis oder von Pferden zu Boden getrampelt sagen können. Sie ließ ein leises Stöhnen hören, vergrub das Gesicht in den Händen und brach in Tränen aus.
    Das war zu erwarten gewesen. Als indische Mutter war es Mrs. Mehtas Hauptdirektive, sicherzustellen, dass ihr Erstgeborener niemals weiter als zehn Meter von einer Quelle sauberer Kleider, zweiter Portionen und moralischer Unterweisungen entfernt war. Sie erwartete, dass sie ihr Kind irgendwann einmal würde freigeben müssen, aber nur in die Hände einer anderen Frau, deren Stammbaum eingehend durchforscht worden war und deren Haushaltsführung vom Aussichtspunkt des Sessels im Wohnzimmer von Nummer Achtzehn, Gleneagle House, ohne weiteres überwacht werden konnte, wohin das Mädchen natürlich umziehen würde. Von Amerika, das unpraktischerweise mehrere tausend Meilen entfernt war, wusste man, dass es von Frauen bevölkert war, die nicht im Traum daran dachten, einen Kragen zu stärken, und deren wohl bekannte Vorliebe, nacktes Fleisch zu zeigen, Alkohol zu trinken und durchgedrehtes Rindfleisch an ahnungslose Hindu-Jungs zu verfuttern, geradezu ein internationaler Skandal war. Kaum der Ort für ihren beta, ihr unverheiratetes, dreiundzwanzigjähriges Baby.
    Arjun, der das Gefühl hatte, Emotionen nicht ganz so zu verstehen, wie es vielleicht nötig wäre, vollführte die Gesten, die man macht, wenn man jemanden zu trösten versucht. Irritierend war, dass, als sein Vater aus dem Büro nach Hause kam, er ebenfalls in Tränen ausbrach. »Mein Sohn«, schluchzte Mr. Mehta. »Amerika? Oh, mein Sohn.« Selbst Malini flennte. Zumindest Priti, seine kleine Schwester, schien ungerührt. Sie hüpfte vor Ungeduld hinter dem Rücken ihres Vaters herum. »Was ist denn mit meinen Neuigkeiten? Interessiert sich denn niemand wenigstens ein bisschen dafür, was mir heute passiert ist?«
    Lange Zeit war Mr. Mehta außerstande gewesen, auch nur den geringsten Optimismus zu zeigen, wenn es um seinen Sohn ging. Irgendwas an dem Jungen roch nach Unordnung, und wenn fünfunddreißig Jahre als Führungskraft ihn etwas gelehrt hatten, dann, dass Unordnung einer erfolgreichen Karriere abträglich ist. Die Nachricht von einem Job in Amerika war sehr bewegend. Seine Freude wurde noch gesteigert von dem Gedanken, dass er endlich seinem Schwager damit eines auswischen konnte. Arvind, der fragliche sala, war Besitzer einer Baustofffirma, der mit der Regierung von Gujarat einen Vertrag zur Lieferung von Kies hatte. Er und seine hochnäsige Frau wohnten in einem Haus, das man nur als Villa bezeichnen konnte, in einem der exklusivsten Stadtteile von Ahmedabad. Sie hatten einem mandir am Ort eine Statue gestiftet. Es gab ein Foto, das sie samt einigen Sadhus und einem Priester neben dieser Figur zeigte. Ihr nichtssagender Sohn Hitesh war seit einigen Jahren bei einer Kunstaromafirma in der Nähe von Boston angestellt. Solange Mr. Mehta zurückdenken konnte, hatte es immer Hitesh vorne, Hitesh hinten geheißen. Hits verdient mehr als fünfzig Riesen. Hits leitet ein Team, das nach einem neuen minzefrischen Aroma sucht. Und die ganze Zeit schien sein eigener Sohn, dieser Idiot, keine Sekunde die Nase aus Filmzeitschriften raushalten zu können. Doch nun Amrika! Gott sei gelobt!
    Von allen Mehtas war Priti diejenige, die am ehesten Grund zum Heulen hatte. Sie liebte Arjun von ganzem Herzen. Es war schön, dass er endlich aufgehört hatte, sich wie ein Idiot zu benehmen, aber ihre Eltern flippten seinetwegen bloß deswegen so aus, weil er ein Junge war. Warum tätschelte man ihm für jeden Furz und

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