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Grazie

Grazie

Titel: Grazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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schwarzen, hochhackigen Schuhen. »Sie ist gerade
eingetroffen.«
    »Tja, sie hat dich ausgestochen«, sagte Ian. »Such irgendwas.
Ich will alle zehn Minuten ein Update haben. Ein Fototeam ist
unterwegs.«
    »Alle zehn Minuten?«, fragte Susan.
    »Du kannst es telefonisch machen. Lass mich nicht warten.
Willkommen im Informationszeitalter, Baby.«
    In der Schule tat sich etwas. Susan schaltete das Handy aus
und drängte nach vorn.
    Weitere Polizisten strömten in die Schule. Portland PD.
Hillsboro PD. Polizei von Oregon. FBI. Wie waren sie alle so schnell
hierhergekommen?
    Susan stand an einem dünnen Streifen Absperrband und
versuchte, alles aufzuzeichnen, was sie sah. Ein paar Eltern waren
eingetroffen und standen weinend neben einer uniformierten Polizistin.
Sie waren so jung. In Susans Alter. Einem Vater strömten Tränen übers
Gesicht. Aber die Mutter blieb stoisch gelassen und hatte den Arm um
die Schulter ihres Mannes gelegt. Sie taten Susan leid. Eine solche
Bedrohung in ihrem Vorstadtleben. Sie wusste, ein Kind zu verlieren,
war der schlimmste Albtraum aller Eltern. Sie konnte es nicht wirklich
nachvollziehen, aber die Angst dieser Leute war so nackt, dass Susan
für einen Moment froh war, keine Kinder zu haben. Vor dieser Art
Hilflosigkeit blieb sie immerhin bewahrt.
    Sie hörte die Kinder, ehe sie sie sah. Ihre Stimmen schwirrten
durch die Luft wie Vögel. Und plötzlich waren sie da, strömten in
Zweierreihen hinter dem Gebäude hervor, lächelnd, weil etwas passierte.
Als wäre es nur eine Feueralarmübung.
    Die Polizei räumte die Schule durch den Hinterausgang. Das war
doch sicherlich ein gutes Zeichen, oder? Susan hielt nach Archie
Ausschau. Sie sah ihn nirgendwo. Sie hatte Bilder seiner Kinder
gesehen, und sie konnte sie in der Menge ebenfalls nicht entdecken.
    Ihr Telefon läutete wieder. Verdammt, sie wünschte, Ian würde
sie in Ruhe lassen. Sie nahm es zur Hand.
    »Hallo, Schätzchen«, hörte sie ihre Mutter sagen.
    »Bliss«, sagte Susan gereizt. »Ich arbeite gerade.«
    »Du hast Pralinen von Archie bekommen.«
    »Was?«, fragte Susan und schüttelte leicht den Kopf, weil es
keinen Sinn ergab, was ihre Mutter da sagte.
    »Pralinen. Mit einer Karte von Archie Sheridan.«
    Susan kicherte unwillkürlich und legte die Hand an den Mund.
»Im Ernst?«
    Die Eltern, die sie beobachtet hatte, stießen einen Schrei
aus. Ein einziges Wort: Max. Ein kleiner Junge blickte auf und rannte
zu ihnen.
    »In einer herzförmigen Schachtel«, sagte Bliss.
    Der Junge kam bei seinen Eltern an, und sie nahmen ihn, immer
noch weinend, in die Arme. Normalerweise hätte sich Susan auf so eine
Geschichte gestürzt. Eltern und Kind glücklich wiedervereint. Die Leser
des Herald liebten so etwas. Gute Nachrichten.
Glückliche Familie. Tragödie abgewendet.
    Doch Susan war das Notizbuch aus der Hand gefallen, es lag vor
ihr im Gras.
    Sie versuchte zu sprechen, aber ihre Kehle war wie
zugeschnürt. Sie zwang sich, Luft zu holen und versuchte es noch
einmal. »Du hast nicht etwa eine von den Pralinen gegessen, Bliss,
oder?«
    Am anderen Ende blieb es stumm.
    »Mom?«, sagte Susan.

_25_
    A rchie streckte die Arme nach oben, dann
winkelte er sie am Ellbogen ab und verschränkte die Finger im Nacken.
Ben und Sara traten zitternd einen Schritt zurück, die Augen entsetzt
auf einen Punkt hinter ihm gerichtet. Eine Urinspur lief an Saras
Overall hinab. Ihre Wangen röteten sich.
    »Tut mir leid, Daddy«, flüsterte sie und hielt den Blick
gesenkt.
    »Schon gut«, sagte Archie, ehe er mit dem Gesicht zu Boden
gedrückt wurde und ein Unterarm gegen seine Schulterblätter presste. Er
kannte diese Vorgehensweise. Man lernte es auf der Polizeiakademie, und
es diente dazu, einen Verdächtigen zu überwältigen.
    Sondereinsatzkommando Hillsboro.
    »Wir sind Polizisten«, sagte Archie.
    »Ja, ihr Dumpfbacken«, hörte er Henry sagen. »Habt ihr
vielleicht die kugelsichere Weste bemerkt?«
    Ein Funkgerät knisterte. Draußen heulten Sirenen. Archie
glaubte, wenigstens einen Hubschrauber zu hören. Falls Gretchen hier
gewesen war, würde sie inzwischen längst fort sein.
    »Scheiße«, hörte er jemand anderen sagen.
    »Um meinen Hals, schauen Sie«, sagte Archie. Er spürte, wie
sich der Unterarm auf seinem Rücken bewegte, und dann brannte sein
Hals, als jemand an der Kette riss, an der sein Ausweis hing.
Schließlich lösten sich Unterarm und Hand von ihm, und Archie setzte
sich auf.
    Er kroch sofort auf Ben und Sara zu. Diesmal liefen

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