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Grazie

Grazie

Titel: Grazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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sie nicht
zu ihm. Sara wand und krümmte sich in ihrer nassen Hose, und Ben zog
sie an sich. Archie bewegte sich nicht weiter auf sie zu. Direktor Hill
kniete hinter Sara und legte schützend den Arm um sie. Sie zuckte
zusammen, ihr Blick hing weiter wie festgenietet an den Beamten des
Sondereinsatzkommandos.
    Fünf von ihnen standen im Sekretariat, alle in schwarzen
Overalls, Handschuhen, Oberschenkelhalftern und Sturmhauben. Alle
hatten die Waffe gezogen. Henry erhob sich von den Knien, packte seinen
eigenen Ausweis, den er über der kugelsicheren Weste um den Hals hängen
hatte, und streckte ihn den Beamten entgegen. »Was zum …« Sein
Blick fiel auf Ben und Sara, und er brach den Satz ab. »Was soll das?«
    »Entschuldigung, meine Herren.«
    »Habt ihr sie gefunden?«, fragte Henry. Alle wussten, wer
damit gemeint war.
    »Nein. Wir haben den größten Teil der Schule gesichert. Ich
glaube nicht, dass sie hier ist.«
    Archie drehte sich wieder zu seinen Kindern um. Er streckte
Sara einen Arm entgegen, aber Ben zog sie nur enger an sich. Ihre
kleinen Oberkörper hoben und senkten sich, man konnte sie atmen hören.
Ben wischte sich mit dem Handrücken über die Nase. »Du machst ihr
Angst«, sagte er.
    Archie ließ die Hand sinken und fühlte, wie ihm seine Kinder
weiter entglitten. Gretchen würde sie nie töten. Nicht solange sie die
beiden dazu benutzen konnte, ihm wehzutun. »Gretchen ist nicht hier«,
sagte er leise.
    Die Schulsekretärin schlug ihre Hand vor den Mund. »Sie sagte,
sie sei ihre Frau.«
    »Was?«, fragte Archie und drehte sich zu ihr um.
    Die Sekretärin war in den Fünfzigern. Ihr blondes Haar war
wasserstoffgebleicht, und sie trug einen Kittel über einem
Rollkragenpullover, wie ein zu groß geratenes Kindergartenkind. Sie war
als Sekretärin an der Schule gewesen, solange Archie zurückdenken
konnte, aber er erinnerte sich nicht an ihren Namen. »Sie sagte, sie
sei Ihre Frau«, fuhr sie fort. »Ich wusste, dass Sie von der Mutter der
beiden geschieden sind.« Sie deutete vage in Richtung der Kinder. »Sie
sagte, sie sei ihre Stiefmutter. Und dass sie ihre Pausenbrote
vergessen hätten. Sie hat darum gebeten, telefonieren zu dürfen, genau
hier. Ich habe gerade etwas kopiert, deshalb konnte ich nicht hören,
was sie sagte.« Sie sah von einem Polizisten zum andern und zuckte
bedauernd die Achseln. »In dem ganzen Durcheinander ist sie
verschwunden. Sie hatte eine braune Perücke auf. Ich habe sie nicht
erkannt.« Dann nahm sie die Hand vom Mund und deutete auf das Ende des
Empfangstischs, wo zwei Essensboxen nebeneinander standen wie
Bücherstützen.
    Archie stand auf und ging zu ihnen. Sie waren aus Plastik.
Eine zeigte Dora the Explorer. Die andere Batman.
    »Sollen wir die Sprengstoffexperten rufen?«, fragte einer der
Männer vom Sondereinsatzkommando.
    Archie beachtete ihn nicht, er nahm die Dose mit Dora the
Explorer und öffnete sie. Als er sah, was sie enthielt, zogen sich
seine Eingeweide zusammen, er griff schnell nach der anderen Box und
öffnete sie ebenfalls. Er zwang sich, unbewegt zu bleiben, sich vor den
Kindern nichts anmerken zu lassen. Er hatte ihnen heute schon viel zu
viel Angst gemacht.
    »Was ist es?«, fragte Henry.
    Die beiden Plastikdosen standen offen, das dunkle, feste
Fleisch darin glänzte unter dem Neonlicht des Büros. Das Blut bedeckte
den farbigen Boden der Plastikdosen. Archie konnte es riechen, seinen
metallisch-süßlichen Geruch. Er wusste jetzt, was dem verschwundenen
Deputy passiert war. Diesem armen Idioten, der Gretchen bei der Flucht
geholfen hatte und ihr wahrscheinlich sogar die verdammten Essensboxen
beschafft hatte.
    Archies Stimme war ruhig. »Es ist ein menschliches Herz«,
sagte er leise. »Ich glaube, es wurde in zwei Hälften geschnitten.«
    Und dem Geruch nach zu urteilen, war es frisch.

_26_
    M om?«, sagte Susan noch einmal.
    Es gab eine Pause. »Könnte sein, dass ich eine gegessen habe.«
    Susan bekam kaum Luft. »Mom«, sagte sie so ruhig wie möglich,
»du musst dich übergeben.«
    »Wie bitte?«
    »Hör zu, Mom«, sagte Susan etwas lauter, »die Pralinen sind
vergiftet. Bring dich irgendwie dazu, dich zu übergeben. Ich lege jetzt
auf und rufe den Notarzt.« Sie schloss die Augen. »Versprich es mir.«
    »Aber mir ist nicht schlecht.«
    Susan öffnete die Augen. »Bliss, versprich es mir.«
    »Okay«, stimmte Bliss zögerlich zu.
    Susan legte auf und wählte die Notrufnummer. »Ich glaube,
meine Mutter wurde vergiftet.« Sie

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