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Grazie

Grazie

Titel: Grazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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darüber nach, versuchte sich emotional von der
Frage zu distanzieren. »Debbie«, sagte er. »Die Kinder. Jeden, der mir
etwas bedeutet.« Er sah an Henry vorbei auf die Polizeifahrzeuge, die
Kinder, die Schule. Es gab nicht mehr allzu viele Menschen, die er an
seinem Leben teilhaben ließ. Aber Gretchen würde intuitiv wissen,
welche es waren. Er hatte es ihr leichter gemacht, indem er einen von
ihnen zu ihr mitgenommen hatte. Er hielt in der Menge nach Susan
Ausschau, nach ihrem türkisfarbenen Haarschopf. Aber er sah sie nicht.
    »Wo ist sie?«, fragte er Henry.
    »Wer?«
    »Susan. Sucht sie. Vergewissert euch, dass es ihr gut geht.«
    Saras dünne Stimme erklang im Wageninnern. No ,
I dunno why she swallowed that
fly . Sie sah zu ihrer Mutter empor und
lächelte, mit einem Grübchen in der Wange. »Du findest Gretchen hübsch,
oder?«, fragte sie.
    Debbie warf Archie einen vernichtenden Blick zu und stützte
dann den Kopf in die Hände, als hätte sie Kopfweh. »Sara«, sagte sie
ruhig. »Sei still.«

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    I ch bin froh, dass es dir gut geht«, sagte
Susan und drehte sich in Henrys Wagen zu ihrer Mutter um. Bliss hatte
nicht viel gesagt, seit Henry sie im Krankenhaus abgeholt hatte. Susan
und Claire waren nach dem Rettungswagen eingetroffen. Wie sich
herausgestellt hatte, bestanden die Pralinen nur aus den Zutaten, aus
denen man Schokolade macht. Gretchen hatte Terror verbreiten wollen,
nicht töten.
    »Ich wünschte nur, wir hätten es gewusst, bevor sie mir den
Magen ausgepumpt haben«, sagte Bliss. »Mit einem Schlauch. Im Garten.«
Sie zog an einer gebleichten Rastalocke. »Vor den Nachbarn.«
    Susan schaute aus der Windschutzscheibe und verschränkte die
Arme. »Vielleicht wird dich das lehren, meine Post nicht zu öffnen«,
sagte sie.
    Henry seufzte hörbar, während er den Wagen vor einem
Ziegelgebäude aus der Zeit der Jahrhundertwende im Kulturbezirk von
Portlands Innenstadt ausrollen ließ. Der Eingang des Gebäudes wurde von
korinthischen Säulen umrahmt, und den jägergrünen Baldachin zierte ein
weißes Wappen mit den Buchstaben AC.
    »Das ist nicht euer Ernst, oder?«
    »Es ist sicher«, sagte Henry und stieg aus. Er ging um das
Fahrzeug herum und öffnete die Beifahrertür für Susan.
    »Das ist das Arlington«, sagte Susan. »Ein Club für
verschrobene alte Kapitalisten.«
    »Der Bürgermeister ist Mitglied«, sagte Henry und öffnete die
hintere Tür, damit Bliss aussteigen konnte.
    »Ich glaube, ich habe schon gegen den Laden demonstriert«,
sagte sie, als sie von der Rückbank ins Freie geklettert war und an der
Ziegelfassade emporsah. »Sind für Frauen immer noch Röcke
vorgeschrieben?«
    Henrys Miene verfinsterte sich. »Wir können bestimmen, wer
reinkommt. Sie werden sich wohlfühlen.«
    Susan saß noch im Wagen. »Hier bleibe ich nicht«, sagte sie
und verschränkte die Arme.
    Henry ging neben ihr in die Hocke und packte sie unsanft am
Oberarm. »Das Ganze ist kein Witz hier. Glauben Sie nicht, dass
Gretchen Sie nicht töten wird?«
    »Das ist eine doppelte Verneinung«, sagte Susan. »Drücken Sie
es lieber einfach aus: ›Sie wird Sie töten‹. Direkt. Furcht einflößend.«
    Henry sah sie böse an. »Archie macht sich Sorgen um Sie. Er
wird ruhiger sein, wenn er Sie in der Nähe weiß.« Er fuhr sich mit der
Hand über den kahl rasierten Schädel. »Und das wiederum lässt mich
ruhiger schlafen.«
    »Archie bleibt auch hier?«, fragte Susan.
    »Ja.«
    Sie löste ihren Sicherheitsgurt. »Warum haben Sie das nicht
gleich gesagt?«
    Henry seufzte erneut und führte Susan und ihre Mutter durch
die eichene Doppeltür des Clubs. Die Täfelung und die Abschlussleisten
waren weiß, aber die Wände waren dazu unpassend in einem hellen
Lachston gestrichen, der mit dem Schwamm aufgetragen worden war, um ihm
Struktur zu geben. Ein niedriger, mit Blumen geschmückter Ziertisch
stand in der Mitte der Eingangshalle unter einem riesigen, glänzenden
Messingleuchter. Eine prunkvolle Treppe führte nach oben, die Stufen
waren mit blauem Teppich ausgelegt. Den einst prächtigen Kamin hatte
man auf Gasbetrieb umgerüstet, und die Orientteppiche waren
verschlissen und durchgelaufen. Susan hatte vom Arlington Club gehört,
aber es war das erste Mal, dass sie ihn betrat. Sie fand ihn ein wenig
enttäuschend.
    Sie hielt nach einflussreichen Persönlichkeiten Ausschau und
sah nur einen einzelnen alten Mann, der auf einem Sofa vor dem Gaskamin
saß und im Wall Street Journal las. An der Wand
über ihm hing

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