Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grazie

Grazie

Titel: Grazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
Vom Netzwerk:
ein Gemälde des Mount Hood in einem vergoldeten Rahmen.
    Die einzigen Geräusche, die man hörte, waren gedämpfte Stimmen
und das Klappern von Essbesteck aus dem Restaurant ein Stockwerk höher.
    Ein hoch gewachsener, skelettdürrer Mann kam hinter einem
Empfangstisch auf der Rückseite des Raums hervor. Er war schwarzhaarig
und trug einen Anzug, und seine Krawatte war mit einer silbernen
Klammer am Hemd befestigt. Henry zeigte dem Mann seinen Ausweis. Der
Mann fuchtelte mit der Hand. »Bitte stecken Sie das weg.« Er schielte
in Richtung des alten Mannes mit der Zeitung. »Die Mitglieder.«
    Henry klappte den Ausweis zu und deutete auf Susan und Bliss.
»Das ist Susan Ward und ihre Mutter Bliss Mountain.«
    Bliss beugte sich zu dem Mann vor. »Mein Taufname war Pitt«,
erklärte sie.
    Der Angestellte musterte Bliss' indische Schlabberhose, die
roten Gummisandalen und die Brüste, die frei unter einem T-Shirt mit
Flecken von Erbrochenem baumelten.
    »Sie wird im sechsten Stock wohnen«, fuhr Henry fort.
    Die Miene des Mannes war zu einem Ausdruck irgendwo zwischen
Verzweiflung und Willkommensgruß eingefroren. »Jawohl, Sir. Guten Tag,
die Damen. Hier entlang, bitte.«
    »Ich bin achtundzwanzig«, sagte Susan. »Und ich bin Single.
Sie brauchen mich also nicht als Dame zu bezeichnen.«
    »Ja, nun«, sagte er und legte die Stirn in Falten, während er
den Aufzugsknopf drückte. »Solange Sie bei uns weilen, werden Sie eine
Dame sein.«
    Susan sah Henry aus zusammengekniffenen Augen an.

_29_
    D er Schmerz in Archies Seite war so
anhaltend geworden, dass er ihn beinahe ausblenden konnte, wie das
Ticken einer Uhr. Beinahe. Aber dann holte er Luft, und der Schmerz
erblühte zu einem heftigen Stechen, und er musste sich abstützen, um
nicht zusammenzuzucken. Also nahm er noch mehr Tabletten. Es war ihm
dabei sehr wohl klar, dass genau die chemischen Stoffe, die ihm den
Schmerz bereiteten, das Einzige waren, was ihm Erleichterung
verschaffte.
    Man hatte ihnen eine Suite mit zwei Schlafzimmern gegeben. Sie
war babybreigelb gestrichen. Kürbis hatte Debbie den Farbton genannt.
Sie war jetzt bei den Kindern und brachte sie zu Bett in ihrem neuen,
babybreigelben Schlafzimmer. Sie hatte Angst. Und nicht nur das. Sie
war außerdem wütend.
    »Willst du fernsehen?«, fragte Claire. Sie war direkt aus dem
Krankenhaus gekommen, saß seit über einer Stunde hier und tat, als
würde sie interessiert einen Bildband über Portlands Brücken
betrachten, den sie in der Suite gefunden hatte.
    »Du musst nicht hierbleiben«, sagte Archie.
    »Ich bin deine Bewacherin«, sagte Claire.
    Drei Leichen im Park. Gretchen auf freiem Fuß. Und seine Leute
passten fleißig auf ihn auf, statt ihre Arbeit zu machen. »Im Flur
steht ein Uniformierter«, sagte Archie.
    Claire blätterte in ihrem Buch um. »Ich bin wilder als er.
Wusstest du, dass die Hawthorne Bridge 1910 gebaut wurde?«
    Es klopfte, und Claire sprang auf und ging zur Tür.
    »Ich bin's«, hörten sie Henry sagen. Claire öffnete die Tür,
und Henry rollte einen großen Koffer herein. Er stellte ihn an die Wand
und rieb sich die Schulter.
    »Hast du alles gefunden?«, fragte Archie. Sowohl er als auch
Henry wussten, dass er die Pillen meinte.
    »Ich habe ein paar Klamotten für die Kinder, dich und Debbie
gepackt. Wir können mit einem von euch in den nächsten Tagen
vorbeifahren, um mehr zu holen. Die Toilettenartikel«, fügte er an,
»sind in der Außentasche.«
    »Was ist mit Susan?«
    »Ich hab sie gerade untergebracht«, sagte Henry. »Mit ihrer
Mutter.« Er rieb sich erneut die Schulter. »Ich musste fünfmal fahren,
bis ich ihren ganzen Kram oben hatte.«
    »Was gibt es Neues?«, fragte Archie.
    Henry lehnte sich an die Wand und verschränkte die Arme. »Sie
haben die Verbrecherjagd des Jahrhunderts angekurbelt. Fünf Dienste.
Wir, die Polizei von Oregon, FBI, Küstenwache und die Nationalgarde.«
    »Wer leitet den Einsatz des FBI?«, fragte Archie.
    »Sanchez.« Auf dem Kaffeetisch standen ein paar Reste von
thailändischem Essen.
    »Pad Kee Mao?«, fragte Henry Claire.
    »Mit Tofu«, erwiderte Claire.
    »Du weißt doch, dass ich Hühnchen mag«, sagte Henry.
    »Ich habe für mich bestellt«, erwiderte Claire.
    »Ich habe nicht gesagt, dass ich es nicht esse.« Henry nahm
sich eine Portion Nudeln und zwei gebrauchte Essstäbchen, um sich eine
Ladung in den Mund zu schaufeln. »Sanchez kommt später vorbei«, sagte
er kauend. »Er arrangiert alles draußen. Ihr Bild ist in

Weitere Kostenlose Bücher