Grazie
Kinder
in der Suite hören. »Ich habe ihm einen Karton mit Unterlagen gegeben,
in die ich einen Blick werfen muss«, sagte Susan.
Susans Notlage schien Debbie nicht zu beeindrucken. »Sie
werden später wiederkommen müssen«, sagte sie und schloss die Tür.
Susan blinzelte, als die Tür zehn Zentimeter vor ihrer Nase
ins Schloss fiel. »Okay«, sagte sie. Sie war bereits im Begriff, in ihr
Zimmer zurückzugehen, aber als ihre Finger über den Türknauf strichen,
überlegte sie es sich anders und ging in Richtung Treppenhaus.
»Wohin wollen Sie?«, hörte sie Bennett rufen.
Susan drehte sich zu ihm um. »Gibt man Ihnen nie frei?«
»Ich habe mich freiwillig für Doppelschichten gemeldet«, sagte
Bennett. Er saß in seinem Stuhl. Er sah nicht einmal müde aus. »Wohin
wollen Sie?«
»Ins Freie?«
Bennett stand auf, merkte sorgfältig in seiner Zeitschrift
ein, wo er gerade las, und legte sie auf den Stuhl. Dann ging er zu
Susan. »Sie sollen oben bleiben«, sagte er und kniff die Augen zusammen.
Susan spreizte die Finger. »Ich brauche eine Zigarette«, sagte
sie.
»Schlechte Angewohnheit«, sagte Bennett.
Susan lächelte. »Hat man Sie je porträtiert? Ich könnte eine
Geschichte über Sie schreiben. Für die Zeitung.« Sie klimperte mit den
Augenlidern. »Etwas Heldenhaftes.«
»Ich habe eine einzige Aufgabe«, sagte Bennett und
verschränkte die Arme. »In diesem Flur sitzen und dafür sorgen, dass
Ihnen und Detective Sheridan nichts geschieht.«
Susan langte in ihre Tasche, zog ein Päckchen Zigaretten
hervor und schwenkte es hin und her. »Ich gebe Ihnen eine ab«, sagte
sie.
»Ich rauche nicht«, erwiderte Bennett.
»Was soll ich also tun?«
Bennett langte seinerseits in die Tasche und holte ein
abgegriffenes Päckchen hervor.
»Kaugummi?«, fragte er.
»Archie ist nicht da«, sagte Susan zu Bliss,
als sie ins Zimmer zurückkam.
»Dafür hast du aber lange gebraucht. Woher hast du den
Kaugummi?«
Susans Handy läutete. Sie griff danach. Es war Ian.
»Ich komme gerade aus einer Besprechung mit den Herausgebern«,
sagte Ian. »Sie sind begeistert von der Idee mit dem Blog.« Er machte
eine dramatische Pause. »Die Schlagzeile hab ich bereits: Berichte
aus dem sicheren Haus. Hast du schon Stoff?«
»Wird auf die Zeitung Druck ausgeübt, damit sie die
Molly-Palmer-Geschichte begräbt?«, fragte Susan.
Ian war still. Sie hörte, wie er aufstand und seine Bürotür
zumachte. »Ja«, sagte er schließlich.
»Kämpfst du für mich?«, fragte Susan. »Hinter den Kulissen?«
»Ich weiß, dass du es mir nicht glauben wirst«, sagte Ian.
»Aber das tu ich.«
Sie glaubte ihm. Nicht weil er kein Arsch war, sondern weil er
zuerst Journalist war. Und erst dann ein Arsch. »Ich mach die
Berichte«, sagte Susan. »Aber ich will sie gedruckt sehen. Schluss mit
diesem Website-Quatsch. Und ich tue es nur, weil ich will, dass du die
Lodge-Geschichte bringst.«
»Die Website wird von mehr Leuten angesehen, als die Zeitung
Leser hat«, sagte Ian.
»Oh«, sagte Susan. »Ich schicke in der nächsten halben Stunde
etwas.«
Es war bereits dunkel, als Susan den letzten
Blog-Beitrag des Tages auf die Seite stellte. Die Polizei hatte
festgestellt, dass Gretchen ein Verhältnis mit B.D. Cavanaugh gehabt
hatte, dem Wärter, der sich erhängt hatte. Und Gretchen hatte die
weibliche Transportbewacherin getötet und war mit ihrem Kollegen
geflohen. Falls er überhaupt noch lebte. Da Susan eingesperrt war,
musste sie ihre gesamte Recherche per Telefon und E-Mail machen.
Während ihre Mutter auf dem Bett neben ihr den ganzen Tag fernsah.
Bliss besaß aus Prinzip keinen Fernseher, und wann immer sie in die
Nähe von einem kam, war sie vollkommen hypnotisiert.
Natürlich gab es laufend neue Berichte über den Stand der
Fahndung nach Gretchen. So wie die Fernsehreporter darüber redeten,
konnte man meinen, sie wünschten sich, dass sie nicht gefasst wurde.
Susan klappte den Laptop zu. Gretchen auf der Flucht. Archie
Sheridan ein paar Meter entfernt im selben Flur. Sie war mittendrin in
der heißesten Story des Jahres. Ihr Blog war mehr als eine Million Mal
angeklickt worden. Sie hätte begeistert sein müssen. Aber Molly Palmer
wollte ihr nicht aus dem Kopf gehen.
Susan schob den Laptop aufs Bett. Ihre Beine waren noch warm
davon.
»Du wirst Oberschenkelkrebs von dem Ding kriegen«, sagte
Bliss, ohne den Blick von den Fernsehnachrichten zu nehmen.
Susan streckte sich. »Es gibt keinen Oberschenkelkrebs.«
»Noch
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