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Grazie

Grazie

Titel: Grazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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ich Ben und Sara sagen?«
    Henry antwortete nicht.
    »Und wie geht es jetzt weiter?«, fragte Susan.
    »Wir suchen sie«, sagte Henry einfach.
    Ein Streifenbeamter führte einen jungen Mann zu ihnen. »Der
Junge hier sagt, er sollte Archie von einer blonden Frau ausrichten,
sie hier draußen zu treffen«, sagte der Beamte.
    Der Kellner führte die Hand ans linke Ohr. »Was ist denn los,
Leute?«
    Henry sah ihn müde an. »Was für einen Wagen hat die Frau
gefahren?«
    »Einen silbernen Jaguar XK Coupé, Baujahr 2007, mit
verchromten Sabre-Reifen«, antwortete der Junge.
    Henry drehte sich zu Susan um. »Sehen Sie, wie einfach das
ist?«, sagte er.

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    S usan trank einen Schluck kalten Kaffee aus
der Tasse auf ihrem Schreibtisch. Er war sechs Stunden alt und
schmeckte nach Rinde, aber es war ihr egal. Sie lehnte sich in ihrem
Schreibtischstuhl zurück. Es war vier Uhr morgens, und im fünften Stock
des Herald herrschte Hochbetrieb. Gerüchten
zufolge war Howard Jenkins persönlich unten in seinem Büro. Selbst die
Praktikanten waren gekommen. Gretchen Lowell macht sich mit Archie
Sheridan aus dem Staub? Das war eine Bombenmeldung, und all die
üblichen Verdächtigen wollten dabei sein. Wen kümmerte es, dass ein
Feuer in der Mitte Oregons wütete, ein kleines Flugzeug vor der Küste
vermisst wurde, dazu die übliche Sammlung weiterer schlechter
Nachrichten. Gretchens Verkaufserfolge am Kiosk hätten selbst Hearst
vor Neid erblassen lassen. So viel Getriebe hatte beim Herald seit Archie Sheridans Entführung nicht mehr geherrscht. Der
ersten. »Macht mal jemand neuen Kaffee«, sagte Susan.
    Niemand im Raum rührte sich.
    Susan knüllte ein Blatt Papier zusammen und warf es auf Derek,
der drei Schreibtische entfernt im Internet surfte.
    »Hey!«, sagte er und rieb sich das Ohr, das sie getroffen
hatte.
    »Setz noch mal Kaffee auf«, sagte Susan.
    Derek stand auf und schlurfte in Richtung Pausenraum.
    Susan war die ganze Nacht im Herald gewesen.
Sie hatte darauf bestanden, dass man sie zur Arbeit fahren ließ,
allerdings mit der Abmachung, dass sie zum Schlafen in den Arlington
Club zurückkehrte. Gretchen Lowell befand sich auf der Flucht. Susan
war mit Sicherheit das Letzte, worüber sich die Mörderin Gedanken
machte. Bliss war dagegen im Arlington geblieben. Sie fühle sich immer
noch gefährdet, sagte sie. Susan war sich allerdings ziemlich sicher,
dass sie nur Gefallen am Zimmerservice gefunden hatte.
    Susan saß an ihrem Laptop. Das L und das S der Tastatur waren
abgenutzt. Abdrücke ihrer Handballen hatten eine schwarze Schmutzspur
auf der weißen Handablage hinterlassen. Sie verfügte über einen
Desktop-PC in der Redaktion, aber sie benutzte ihn nicht. Es war ein
Pentium II. Parker, der zu den ranghöchsten Redaktionsmitglieder gehört
hatte, hatte einen Pentium III, und alle warteten nur auf einen
Augenblick, um einen Vorstoß auf das Gerät zu unternehmen.
    Der Herald hatte die Nachricht von
Archies Verschwinden acht Minuten bevor Charlene Wood in der Gasse live
auf Sendung ging auf seiner Website gemeldet. Das war immerhin etwas.
Es war die längste Zeit, die Susan Ian wegen der Lodge-Story in Ruhe
gelassen hatte. Stattdessen hatte sie einen längeren persönlichen
Bericht von den Ereignissen in der Gasse verfasst. Ian stand auf diese
Masche der New York Times, wo der Reporter immer
in der dritten Person von sich selbst spricht, etwa: »Dieser Reporterin
zufolge war der Wagen silbern.« Oder: »Die Reporterin wurde Zeugin der
Ereignisse, als sie gerade im Freien eine Zigarette rauchte.«
    Susan fand, sie klang wie ein Arschloch, wenn sie das machte.
Deshalb überging sie Ian und schrieb den Artikel in der ersten Person.
Das mit dem Rauchen ließ sie weg.
    Sie war mit Henry übereingekommen, nichts davon zu erwähnen,
dass Archie freiwillig in den Wagen gestiegen war. Vorläufig. Die
veröffentlichte Geschichte legte den Schluss nahe, dass Gretchen ihn
wieder gewaltsam entführt hatte. Was möglich gewesen wäre. Sie hätte
eine Waffe haben können. Susan konnte es nicht sehen. Es war nicht
gelogen. Es schöpfte nur nicht alle Szenarien aus. Und das tat die
Presse weiß Gott ständig.
    Ian kam zu ihr und setzte sich auf ihren Schreibtisch. Er saß
zu nahe. Er hatte es immer getan, als sie miteinander geschlafen
hatten, und da hatte es ihr gefallen. Es war ein Gefühl von
Verruchtheit gewesen. Sie hatte geglaubt, es sei ihr kleines Geheimnis.
Jetzt fragte sie sich, ob nicht die ganze Redaktion Bescheid

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