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Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe

Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe

Titel: Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todtsteltzers Erbe
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ist es nicht zu ver
schieden von seiner üblichen Verfassung!«
Rose beugte sich über Brett und packte ihn mit ei
ner Hand an der Schulter, und beide erstarrten, als
ihre Gedanken mit Wucht ineinander liefen, ausge
löst durch die Nähe; jeder von ihnen war gebannt im
grellen Licht einer entblößten Seele. Einen Augen
blick lang verströmte diese Erfahrung einen Hauch
von Ewigkeit, diese Vermischung von Gedanken und
Persönlichkeit im eisernen Griff von Bretts neu ent
wickeltem Talent. Brett hatte das Gefühl, in eine
Sonne zu blicken, geblendet vom überwältigenden
Licht eines erbarmungslosen, konzentrierten Willens;
dahinter erblickte er jedoch noch etwas anderes – ein
Bedürfnis wie ein niemals endender Hunger, ein ver
zweifeltes Lechzen nach etwas, was Rose nicht ein
mal benennen konnte. Bei jedem anderen Menschen
wäre das ein Bedürfnis nach Liebe, Freundschaft,
Gesellschaft gewesen; aber solche Vorstellungen wa
ren Rose fremd. Sie wusste nur … dass sie halt ein
Bedürfnis hatte.
Rose hatte das Gefühl, in eine Blüte zu blicken,
die sich entfaltete und neue und grenzenlose Mög
lichkeiten offen legte. Sie hatte nie geahnt, dass die
Welt so groß war, dass Menschen über ein solches
Potenzial verfügen konnten. Viel von dem, was sie in
Bretts Gedanken erblickte, wirkte fremd und verwir
rend auf sie, als entdeckte sie neue Farben im Re
genbogen. Brett spürte, wie sie in seinen Gedanken
herumstöberte und aus dem, was sie dort vorfand,
schlau zu werden versuchte, und ihn erschreckte die
ser Wille, der so viel konzentrierter war als sein ei
gener und dabei dermaßen eiskalt. Er konzentrierte
sich, manipulierte unbeholfen seine neuen Fähigkei
ten und konnte schließlich eine Gedankentür zwi
schen ihm und Rose schließen. Und so fielen sie
plötzlich in die eigenen Köpfe zurück, waren erneut
zwei getrennte Seelen. Die Erfahrung hatte nur einen
Augenblick lang gedauert, aber in dieser endlosen
Zeitspanne hatten sich viele Dinge für immer verän
dert. Brett blickte zu Rose auf, und sie erwiderte sei
nen Blick neugierig.
»Das war … etwas Neues«, sagte sie schließlich.
»Ich habe noch nie zuvor so etwas erlebt. Eine Zeit
lang wart Ihr für mich so real, als wärt Ihr ein Teil
von mir.«
»Ein Telepath!«, stellte Finn glücklich fest und
klatschte in die Hände. »Wie hat es sich angefühlt?«
»Haltet die Klappe«, sagte Rose, ohne sich umzu
drehen, und Finn tat wie geheißen. Rose starrte weiter
hin Brett in die Augen, als versuchte sie, die Verbin
dung zwischen ihnen neu aufzubauen. »So viel liegt in
Euch, Brett. Euer Verstand … er ist so beschäftigt, so
angefüllt von Gedanken und … Dingen. Gefühle …«
»Und Ihr seid so allein«, sagte Brett. »Wie könnt
Ihr nur ertragen, so einsam zu sein?«
»Ich dachte, es ginge allen so«, antwortete Rose.
»Ich wusste nicht … Ich hatte keine Ahnung … Ich
muss darüber nachdenken.«
Sie zerrte ihn grob auf die Beine und setzte ihn in
seinen Sessel zurück. Ihre Miene war kalt wie eh und
je, der Zug um ihre Lippen so grausam, aber Brett
glaubte, in ihrem Blick etwas Neues zu entdecken. Er
wandte den Blick ab. Im Augenblick hatte er nicht
die Kraft für mehr als die eigenen Probleme. Er zog
ein schmutziges Taschentuch aus der Hosentasche
und wischte sich kalten Schweiß vom Gesicht. Die
Hände zitterten immer noch. Rose setzte sich wieder
in den eigenen Sessel; ihr Blick war gelassen, aber
ging in weite Ferne. Finn musterte beide, eine Au
genbraue sardonisch hochgezogen.
»Falls ich es nicht besser wüsste, würde ich
schwören, dass zwischen Euch beiden etwas läuft.
Ihr habt keine Ahnung, wie schlecht mir von der blo
ßen Vorstellung wird!«
Lewis Todtsteltzer stand auf dem großen Raumhafen
von Logres am Rand des Hauptlandeplatzes und zog
den schweren Mantel enger um sich. Ein kalter Wind
blies. Normalerweise durfte niemand zu den Lande
flächen hinaus, wenn er nicht zum unverzichtbaren
Personal gehörte, aber Lewis hatte sich schon, ehe er
Paragon geworden war, nicht von solch kleinlichen
Formalitäten aufhalten lassen, und er hatte es jetzt als
Champion auch ganz gewiss nicht vor. Im Hauptter
minal hatten ein paar übereifrige kleine Paragraphen
reiter versucht, diesen Punkt mit ihm auszudiskutie
ren, nur um dann ganz unsicher und wortkarg zu
werden, als Lewis sie mit seinem besten nachdenkli
chen Blick musterte. Er war sehr stolz auf diesen
Blick. Er hatte viele Gedanken und Mühen

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