Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
verpassen, und sie war immer noch nicht bequem.
Lewis hatte sich inzwischen angewöhnt, den alten
Purpurumhang des Paragons darüber zu tragen, und
damit fühlte er sich immerhin etwas weniger auffäl
lig.
Anne war bar jeden Mitgefühls gewesen, als er sie
darauf ansprach. Es ist wichtig, dass du auch optisch
deinem Amt gerecht wirst, wiederholte sie laufend. Diese Rüstung ist dazu gedacht, eine Botschaft zu
übermitteln. Sie ist eine in Stil verpackte Aussage.
Vertraue mir – du bist jeder Zoll der Champion! Le
wis’ Entgegnung fiel laut und schneidend aus, und
die Worte Trottel und Zuhälter traten darin deutlich
hervor. Anne warf die Kaffeetasse nach ihm und ki
cherte dann, bis sie einen Schluckauf bekam.
Eine Gestalt trat plötzlich aus dem Schatten unter
der Hochländer hervor und näherte sich ihm, und
Lewis richtete sich zu voller Größe auf. Er wollte
einen guten ersten Eindruck machen. Natürlich war
er der Champion und sie nur ein Paragon unter vie
len, aber trotzdem … das war Emma Stahl. Im drit
ten Jahr hintereinander Titelträgerin des Wettbe
werbs um die furchteinflößendste Person des Imperi
ums. Der Herausgeber eines Magazins hatte ihr eine
Million Kredits für ein Nacktfoto geboten und erhielt
von ihr zur Antwort einen abgetrennten Kopf in einer
Schachtel. Lewis musterte sie offen, während ihre
langen Beine den Abstand zwischen ihnen rasch auf
fraßen. Die offiziellen Holobilder auf der ihrer Ver
ehrung gewidmeten Website wurden ihr nicht ge
recht. In der unmittelbaren Begegnung strahlte Em
ma Stahl Persönlichkeit aus wie ein Hochofen.
Sie war groß und gertenschlank, und jede ihrer
Bewegungen strahlte eine fast unmögliche Grazie
aus. Ihre Haut war von einer dunklen Kaffeefarbe,
und sie trug das glatte schwarze Haar nach hinten
gekämmt und zu einem strammen Knoten gebunden.
Obwohl sie eher eindrucksvoll als schön war, raubte
sie einem doch völlig den Atem. Sie trug ihre Para
gonrüstung lässig, und der Purpurmantel bauschte
sich wie die Schwingen eines Raubvogels. Die lang
fingrigen Hände entfernten sich nie weit von Schwert
und Pistole an den Hüften.
Sie marschierte bis direkt vor Lewis’ Nase, mus
terte ihn von Kopf bis Fuß, nickte knapp und hielt
ihm die Hand hin. Als er sie ergriff, drückte sie kurz
zu, dass es ihm fast die Knöchel zermalmte, schüttel
te ihm die Hand und zog ihn dann fest an sich und
drückte ihm mit einer heftigen Umarmung fast die
Luft aus den Lungen. Sie küsste ihn laut auf jede
Wange, klopfte ihm mit dem Fingerknöchel auf den
Brustpanzer, nickte angesichts des Klangs, wich
dann einen Schritt weit zurück und nickte Lewis bei
fällig zu.
»Todtsteltzer!«, sagte sie laut in tiefer, aufregender
Altstimme. »Schön, Euch endlich zu begegnen! Mei
nen Glückwunsch zu Eurem neuen Posten. Ihr habt
ihn verdient. Wäre gern selbst zur Krönung gekom
men, musste aber diesen Höllenfeuer-Fiesling über
halb Xanadu jagen, ehe ich ihn schließlich einholte.
Ich habe allerdings eine Karte und ein Geschenk ge
schickt.«
»Ah ja«, sagte Lewis. »Diese Blume, die Insekten
frisst. Und kleine Nagetiere. Douglas war … sehr
beeindruckt. Willkommen auf Logres, Emma. Euer
Ruf ist Euch vorausgeeilt.«
»Glaubt ja kein Wort davon!«, empfahl ihm Emma
forsch. »Der gesetzestreue Bürger hat nichts von mir
zu befürchten. Ich scheine so einem nur niemals zu
begegnen.« Sie blickte sich um und lächelte auf ein
mal breit. Es verwandelte ihr Gesicht und ließ sie
viel jünger erscheinen, als ihren frühen Dreißigern
entsprach, und auch viel weniger einschüchternd.
»Gott, ich finde es toll hier! Der größte Raumhafen
des Imperiums. Ich bin in der Umgebung des Raum
hafens von Nebelwelt aufgewachsen; mein Urgroß
vater hat ihn geleitet. Romantische Stätten, die
Raumhäfen. Ständig kommen und gehen Menschen
von den sagenumwobendsten fernen Welten. Famili
en trennen sich und vereinigen sich wieder … und
mehr Verbrechen und Betrügereien und allgemein
schmutzige Geschäfte werden abgewickelt als an ir
gendeinem anderen Ort, der einem vielleicht einfällt.
Allerdings sind die hiesigen Zoll- und Einwande
rungsbehörden Mist. Niemand hat mich bislang an
gehalten.«
»Wahrscheinlich suchen sie erst noch jemanden,
der doof genug ist, es zu probieren«, sagte Lewis.
»Habt Ihr irgendwas zu verzollen?«
»Nur meine Großartigkeit«, sagte Emma und lach
te dann laut. »Heute keine Medien zur Stelle? Nor
malerweise erwarten
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