Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
Jesamine
drückte Lewis einmal fest die Hand und eilte Douglas
nach. Lewis setzte sich wieder, denn die Beine ver
sagten ihm fast, und starrte zu Boden, gebrochen und
verletzt über alles hinaus, was Brett Ohnesorgs Dis
ruptor hätte anrichten können. Anne ging langsam zu
ihm und setzte sich neben ihn. Sie seufzte schwer und
lehnte sich an die offene Regenerationsmaschine.
»Es gibt Tage … da läuft einfach gar nichts, nicht
mal, wenn man mit Bestechung nachhilft.«
»Vielleicht wäre ich besser gestorben«, sagte Le
wis. »Vielleicht … wäre das für alle das Beste gewe
sen.«
»Ach, halt die Klappe«, sagte Anne. »Ich überlege
mir schon was. Obwohl Gott allein weiß, was oder
wie. Mit richtig Mühe hättest du es auch nicht
schlimmer verpfuschen können, Lewis. Du musst
doch wissen, dass deine Affäre nirgendwohin führt.
Du und Jesamine, ihr habt einfach keine gemeinsame
Zukunft. Zu viele Interessen wurden in dieses neue
Königspaar investiert. Der Impuls, den wir aufgebaut
haben, ist nicht mehr aufzuhalten. Wollte man jetzt
noch irgendwas am Arrangement ändern, käme es in
allen Städten des Imperiums zu Aufständen. Eine
königliche Hochzeit, ein güldenes Paar für ein gol
denes Zeitalter – damit könnte man die Risse in der
Gesellschaft kitten, die Atmosphäre verändern, die
Leute wieder dazu bringen, dass sie reden und nicht
schreien. Du darfst dich da einfach nicht einmischen,
Lewis! Zu viel hängt davon ab, dass alles seinen ge
planten Verlauf nimmt.«
»Ich weiß«, sagte Lewis kläglich. »Ich hatte mich
schon entschlossen fortzugehen. Wie der Teufel von
diesem Planeten zu verschwinden und unterzutau
chen. Damit jemand anderes Champion sein kann.
Ich wollte diesen Job ohnehin nie. Soll Finn ihn ha
ben. Er wird es besser machen. Er versteht sich auf
Politik und würde, anders als ich, nie dulden, dass
ihm lästige Emotionen in die Quere kommen.«
»Du darfst als Champion nicht zurücktreten, und
du darfst nicht fortgehen«, sagte Anne gnadenlos.
»Bislang kursiert nicht der Hauch eines Gerüchts,
und wir müssen dafür sorgen, dass es auch dabei
bleibt. Würdest du verschwinden und deinen besten
Freund am Vorabend seiner Hochzeit im Stich las
sen, dann könnten die Leute gar nicht anders, als sich
nach dem Grund zu fragen. Früher oder später würde
jemand die Wahrheit herausfinden. Irgend jemand tut
es immer. Und ein solcher Skandal … wäre das Ende
von Douglas als König. Die verschiedenen Interes
sengruppen und Politiker hätten einen Feiertag! Ich
wage gar nicht daran zu denken, was aus der prekä
ren Balance würde, die wir im Parlament aufgebaut
haben … Nein, Lewis. Du gehst nirgendwohin! Du
bleibst hier und stehst das durch, bis wir einen
glaubhaften Weg finden, wie du aus dem Amt schei
den und dich aus der Öffentlichkeit zurückziehen
kannst. Vielleicht ein familiärer Notfall … Virimon
de liegt weit von allem entfernt … Gib mir nur Zeit,
um darüber nachzudenken. Ich denke mir schon was
aus. Bis dahin: Halte dich von Jesamine fern! Wenn
ihr gemeinsam im Parlament auftretet, dann blicke
sie nicht mal an, solange du nicht regelrecht dazu
gezwungen bist. Ich würde glatt empfehlen, dass du
dich ganz natürlich gibst, aber ein so guter Schau
spieler bist du nicht. Ich lege die öffentlichen Auftrit
te so fest, dass ihr beide euch so wenig wie möglich
begegnet, bis sie sicher verheiratet ist. Denkst du, du
kannst deinen kleinen Freund so lange in der Hose
festhalten?«
»Es geht nicht um Sex! Es ging nie um Sex! Ich
liebe sie, Anne!«
»Nein, tust du nicht. Kannst du gar nicht. Zu viele
Menschen würden verletzt. Das Schicksal des Impe
riums hängt davon ab, dass du dich richtig verhältst.
Denke an deine Pflicht, Todtsteltzer!«
»Ich kenne meine Pflicht«, sagte Lewis. »Ich
kannte schon immer meine verdammte Pflicht.«
In Finns Wohnung hatten alle wieder in ihren Lieb
lingssesseln Platz genommen, reichten Schälchen mit
Häppchen reihum und betrachteten die Bilder vom
Aufstand auf dem großen Videoschirm. Die Nach
richtensender behandelten das Thema ohne Unter
brechung und zeigten die besten Szenen in Zeitlupe,
damit all das Blut besser zur Geltung kam. Nichts
ging über ein bisschen Tod und Sterben in Großauf
nahme, um Zuschauer zu locken. Verdammt, der
Aufruhr erzielte bessere Quoten als die Freitag
abendkämpfe in der Arena! Finn lümmelte völlig
entspannt in seinem Sessel, lächelte und nickte vor
sich hin und
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