Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
Schlägertruppe auftre
ten. Keine Forderung nach einem Tag der Volkstrau
er wurde vernehmbar, wie es gewöhnlich geschah,
wenn ein Paragon in Ausübung seiner Pflicht fiel.
Finn hielt das für besonders bedeutsam.
Angelo Bellini kam verspätet und hatte nicht mal
den Anstand, sich zu entschuldigen; er setzte sich auf
die Kante seines Sessels und verfolgte fasziniert die
Medienberichte über das Gemetzel, das zu provozie
ren er mitgeholfen hatte. Es war eine Sache, hinter
den Kulissen sicherzustellen, dass alles planmäßig
zum Teufel ging, aber schon eine ganz andere, die
Entwicklung des Blutbades mit eigenen Augen zu
erleben. Angelo hüpfte beinahe auf seinem Platz auf
und nieder und atmete schwer. Finn fand, dass er ein
wenig wie Rose aussah, wenn sie darüber nachdach
te, wie sie jemandem einen scheußlichen Tod berei
ten konnte. Angelo spürte Finns Blick und wandte
sich ihm mit törichtem Grinsen zu.
»Tod und Gewalt und Aufruhr auf den Straßen!
Der Tod von Helden und Idealen, und all das auf
meinen Befehl!« Ihm kam ein Gedanke, und er run
zelte plötzlich die Stirn. »Ich hatte nicht geplant, dass
sich die Überseele einmischt. Können diese Esper
unsere Namen aus den Köpfen der Leute hervorho
len?«
»Ich habe alles geplant«, erklärte Finn gelassen.
»Niemand, der persönlich an der Demonstration teil
nahm, kennt meinen oder Euren Namen. Die Anwei
sungen wurden über so viele Zwischenstationen
übermittelt, dass die Sicherheitsleute nur im Kreis
rennen, wenn sie daraus einen Sinn zu gewinnen
trachten. Meine Leute im Slum haben ein weit rei
chendes Programm der Desinformation gestartet.
Niemand wird uns auf die Spur kommen, Angelo.
Ich habe gründliche Vorkehrungen getroffen.«
Angelo nickte und wandte sich erneut dem Video
schirm zu, und sofort waren alle seine Zweifel ver
gessen. »Ich muss Euch beglückwünschen, Finn. Ich
hatte ja keine Ahnung, dass Politik so viel Spaß
macht! Solch ein Kitzel! Die Menschen gehen hinaus
und kämpfen und sterben auf mein Kommando. Die
Parade der Endlosen wird zerrissen, und all das nur
meinetwegen. Ich hatte keine Ahnung, dass Macht so
… berauschend sein kann!«
»Macht keine Schweinerei in den Sessel, Angelo«,
mahnte Finn. »Ihr habt das nicht herbeigeführt. Ich
habe es. Ihr habt nur geholfen. Das ist alles mein
Plan, mein Werk; vergesst das niemals!«
»Ihr hättet es ohne mich nicht vollbringen kön
nen«, meinte Angelo ein wenig hochmütig. »Ich ha
be die Kirche mit den Neumenschen ins Bett gelegt.
Ich habe die Logistik der Märsche entwickelt. Diese
Menschen hören auf mich, nicht Euch!«
Finn beugte sich lässig vor und versetzte Angelo
einen kräftigen Schlag seitlich an den Kopf. Angelo
schaukelte in seinem Sessel und fiel beinahe herun
ter. Er riss die Hand hoch, um sich vor weiteren
Schlägen zu schützen, und öffnete den Mund zum
Protest. Und dann blickte er in Finns Augen, und die
Worte verwandelten sich auf seiner Zunge zu Staub.
Finn war nicht sauer. Er war nicht mal aufgeregt.
Aber in diesem Augenblick wirkte er kalt und be
herrscht und sehr, sehr gefährlich.
»Ihr seid meine Kreatur, Angelo«, sagte Finn ge
lassen. »Meine Kreatur, mit der ich mache, was ich
möchte. Ihr gehört mir. Ihr könnt Euer früheres Le
ben nicht wieder aufnehmen, und solltet Ihr je auf die
Idee kommen, mich zu ärgern, oder dumme Gedan
ken über Eure Stellung entwickeln, vernichte ich Eu
re Medienheiligkeit über Nacht und lasse Euch in
Schande aus Eurer eigenen Kirche werfen. Ich zerre
Euren guten Namen durch den Schmutz und werfe
Euch den Wölfen vor; und ich tue das in dem Au
genblick, in dem Ihr gerade erst auf die Idee kommt,
Eure Wünsche in irgendeiner Form über meine zu
stellen. Oder … ich liefere Euch einfach Rose aus.«
»Gebt ihn mir!«, verlangte Rose sofort. »Der
Todtsteltzer hat mich ganz heiß gemacht, aber ich
hatte noch keine Gelegenheit, es zu Ende zu brin
gen.«
Angelo wimmerte doch tatsächlich leise. Er sank
in seinem Sessel zusammen und konzentrierte sich
ganz still auf den Videoschirm. Rose schniefte. Finn
lächelte nur.
Brett Ohnesorg goss sich einen weiteren kräftigen
Schluck aus der Brandyflasche ein, die er auf seiner
Armlehne stehen hatte, aber es nützte ihm nicht viel.
Er fand keinen Gefallen an dem Gemetzel und den
Verwüstungen des Aufruhrs. Er hatte nicht mal was
gegen den Todtsteltzer. Ein guter Mann, nach allem,
was er gehört hatte. Er hatte einfach Finns
Weitere Kostenlose Bücher