Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
sich …
Leiber in gemeinsamem Rhythmus, je nach Ge
schmack und Vorliebe entweder bekleidet oder un
bekleidet, und sie versanken ineinander und im ge
genwärtigen Augenblick, denn das war es, worum es
im Höllenfeuerclub überhaupt ging.
Tue, was du willst, so soll die Summe aller Geset
ze lauten. Und zur Hölle mit jedem, der einem dabei
in die Quere kommt!
Danach lag oder saß man nackt beieinander und
machte es sich gemütlich, während der Schweiß
kühlte und der Atem wieder ruhiger ging und die un
tergebenen Teilnehmer zwischen den Ruhenden hin
durchgingen, erfrischende Getränke kredenzten, die
obskureren und unerfreulicheren Formen kleiner
Häppchen reichten und glücklich lächelten, wenn
man sie schlug und misshandelte. Die etwa hundert
Mitglieder des Höllenfeuerclubs, die zu dieser Ver
sammlung hatten erscheinen können, gedachten sich
mit dem schwierigen Thema Finn Durandal zu befas
sen. Es versprach eine lange Sitzung zu werden, aber
das war ja immer so. Jeder war entschlossen, sich zu
Wort zu melden. Tel Markham lag ausgestreckt da,
hatte den Kopf auf einem passenden Bauch liegen
und sah sich nachdenklich um.
Tel Markham gehörte vielen Organisationen an. Er
war Mitglied des Parlaments und des Schattenhofes,
Unterstützer der Reinen Menschheit, Rektor der
Amtskirche und schon lange Teufel im Höllenfeuer
club. Er wäre auch den Elfen beigetreten, wären die
se nur damit einverstanden gewesen. Markham
glaubte an das Prinzip, sich jeden denkbaren Vorteil
zu verschaffen, jede denkbare Form der Unterstüt
zung, und er führte dazu den unwiderlegbaren Grund
an, dass man ja nie wusste, wann man das eine oder
andere gebrauchen konnte. Er gehörte so vielen ge
heimen und Untergrundgesellschaften an, dass er den
Überblick verloren hatte. Die Lektronen verwalteten
seinen äußerst komplizierten Tagesablauf und sorg
ten dafür, dass er immer auf dem Laufenden blieb,
wo und warum er zu erscheinen hatte. Die meisten
Organisationen hatten keine Ahnung von seinen üb
rigen Verbindungen. Das war nur höflich: Sie alle
glaubten schließlich so gern daran, dass sie der ein
zige Untergrund von Belang waren.
Zum Glück war Markham schon so lange eine eta
blierte Größe im Parlament, dass er nur noch zuzei
ten und zu den wichtigsten Debatten persönlich dort
erscheinen musste. Zu den übrigen Anlässen lenkte
eine niederrangige KI sein Holobild und fertigte No
tizen an, die seine Mitarbeiter später studieren konn
ten. Diese kümmerten sich um seine tagtäglichen Ge
schäfte. Dazu waren Mitarbeiter schließlich da. Der
Besuch von Versammlungen des Höllenfeuerclubs
belastete seinen Tagesablauf mehr als die meisten
Dinge, denn der innere Kreis des Clubs bestand dar
auf, für jede Zusammenkunft einen neuen Ort zu
bestimmen, der erst Stunden vorher bekannt gemacht
wurde, eine Schutzvorkehrung vor ungeladenen Gäs
ten und Agenten.
Markham nahm jedoch so häufig teil, wie er nur
konnte.
Der Club nutzte derzeit eine aufgegebene Kirche
in einem Gebiet der Stadt, das für die Neuerschlie
ßung bestimmt war. Wurde die Kirche bereits säku
larisiert?, hatte er gefragt, als er zum Treffen er
schien. Sie wird es bald sein, lautete die Antwort,
und Markham hatte sich zu einem leisen Lachen ge
zwungen.
Frankie leitete die Diskussion ein. Sie war eine
große, fast unerträglich sinnliche Frau eines gewis
sen Alters mit scharfen, bösartigen Gesichtszügen
und einer gewaltigen Mähne aus rein weißen Haaren,
die ihr über den geschmeidigen Rücken bis zur Taille
reichte. Markham liebte es, sie atmen zu sehen, hatte
aber genug Verstand, um außer Reichweite ihrer
Krallen zu bleiben. Anders als viele im Höllenfeuer
club spielte sie ihre Rolle nicht nur. Sie hatte sieben
undzwanzig Personen ermordet, von denen Markham
wusste. Zwei waren ehemalige Liebhaber von ihr
gewesen. Markham war ziemlich sicher, dass sie
dem am nächsten kam, was man als innersten Kreis
definieren konnte. Frankie war durch und durch Höl
lenfeuerclub.
Der Höllenfeuerclub bestand aus vielfach ineinan
der liegenden Kreisen, die von Dilettanten und Ger
negroßen am Außenrand bis zu den mörderischen
Philosophen im Zentrum reichten. Man konnte dabei
so tief gehen, wie man wollte oder wie man es ertra
gen konnte, aber irgendwo tauchten immer noch
neue Kreise innerhalb dessen auf, den man bislang
für den innersten gehalten hatte. Das diente zum Teil
dazu, die Zahl an Personen zu begrenzen, die jemand
verraten
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