Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
schimmernder Rü
stung und stolzen Purpurumhängen, angeführt von
Lewis Todtsteltzer in der schwarzen Lederrüstung
des Champions. Menschenmassen säumten alle Stra
ßen, standen dicht gepackt mehrere Reihen tief,
schwenkten Fähnchen und Transparente und riefen
die Namen ihrer Favoriten, wenn der massierte Jubel
mal eine kurze Pause einlegte. Am eindrucksvollsten
überhaupt war dabei, dass dies alles spontan geschah.
Niemand hatte die Menschen ermuntern müssen, auf
die Straße zu gehen, wenngleich das Parlament es
sicher probiert hatte. Seit dem Aufruhr der Neumen
schen war Zeit ins Land gezogen, und vielleicht
schämten sich die Leute auch ein bisschen dafür, wie
schnell sie sich damals gegen ihre früheren Idole ge
stellt hatten. Und vielleicht brauchten sie angesichts
des Schreckens auch wieder den Glauben an ihre
Helden. Jedenfalls hatte Parade der Endlosen noch
nie solche Massen und eine solche Aufregung erlebt.
Wie es schien, war jeder herausgekommen, um die
Paragone auf ihrer großen Parade zu ehren, der nicht
am Arbeitsplatz unabkömmlich war. Die Menschen
hatten sich sogar auf Flachdächern und Balkonen
versammelt und lehnten sich prekär aus Fenstern, um
zu rufen und zu brüllen und Kusshände zu werfen.
Überall entlang der Hauptroute regnete es Rosenblü
ten, und an einigen besonders verkehrsreichen Kreu
zungen hatten die Friedenshüter sogar schwache
Kraftfelder errichten müssen, um die enthusiastische
Menge zurückzuhalten. Weitere Friedenshüter
mischten sich in einem Aufzug, den sie gern für Zi
vilkleidung hielten, unter die Menschen, um nach
Taschendieben und Exhibitionisten und Provokateu
ren Ausschau zu halten. Allerdings traten kaum ir
gendwelche Probleme auf. Die Menschen zeigten
sich zu guter Stimmung entschlossen. Sie reagierten
sogar relativ gut gelaunt auf illegale Straßenhändler,
die zwanzig Kredits für eine Wasserflasche oder ein
Hotdog zweifelhaften Inhalts verlangten.
Lewis Todtsteltzer schritt an der Spitze des Zuges
stolz einher, und der alte Purpurumhang flatterte um
die Championsrüstung. Es war ein gutes Gefühl, sich
wieder in Gesellschaft der alten Kameraden zu be
wegen und sowohl von ihnen als auch den Massen
am Wegesrand akzeptiert zu werden. Er gab sich
Mühe, mit seinem hässlichen Gesicht freundlich zu
blicken, und brachte hin und wieder sogar ein Lä
cheln für die Kameras zuwege. Das Tempo des Mar
sches hielt er absichtlich gering. Es war noch früh am
Tag, aber schon wärmer, als noch behaglich war. Das
Parlament hatte sich leise, aber nachdrücklich an die
Leute von der Wettersteuerung gewandt, um sicher
zustellen, dass die Zuschauer die möglichst besten
und behaglichsten Umstände vorfanden. In der Folge
war es so warm, dass man den Winter kaum noch
spürte. Lewis schwitzte schon unter der Lederrüstung
und wollte gar nicht daran denken, wie es den Para
gonen unter den stählernen Brustpanzern erging. Al
so wahrte er ein niedriges und gleichmäßiges Tempo.
Die von Finn Durandal so sorgfältig geplante Rou
te führte die Paragone von der Südgrenze der Stadt
bis an die Nordgrenze und passierte dabei so viele
Sehenswürdigkeiten wie nur möglich, um dafür zu
sorgen, dass die Zuschauer im ganzen Imperium et
was für ihr Geld bekamen. Es war ein langer Marsch.
Lewis hatte sich am Abend zuvor klug vorbereitet,
indem er die Füße mit Alkohol einrieb und in die
Stiefel pinkelte, ehe er sie über Nacht stehen ließ (ein
alter Trick der Jäger und Fährtensucher), aber er
wusste einfach, dass die Füße ihn und die Paragone
am Abend des heutigen Tages fast umbringen wür
den.
Jubel und Beifall der Menge waren allerdings ein
richtig schönes Erlebnis. Bei jeder anderen Gelegen
heit hätte Lewis es auch genossen. Hätten ihm nicht
der Schrecken und die große Suche und Jesamine im
Nacken gesessen.
Finn Durandal marschierte direkt hinter Lewis,
Seite an Seite mit seiner neuen Partnerin Emma
Stahl. Finn lächelte in einem fort und winkte den
Menschen zu, und sie liebten ihn dafür. Er hatte die
Rüstung poliert, dass sie wie die Sonne glänzte, und
seine klassisch schönen Züge leuchteten und wirkten
offen und charmant. Er sah aus wie ein junger Gott,
groß und tapfer und aufrichtig, eine herrliche Prä
senz, die auf der Erde erschienen war, um seinen
Anbetern die Ehre zu geben. Und er zeigte natürlich
gerade genug Demut, um nicht als arrogant zu er
scheinen. Finn konnte diese Dinge von jeher auf den
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