Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr
Lederpanzerung, und auch James hatte nie
ernster und edler gewirkt. Der Abgeordnete, der gerade gesprochen hatte, schlich zu seinem Platz zurück, ohne dass es jemand bemerkte. Alle anderen
waren zu beschäftigt, vor sich hinzumurmeln und
sich in die jeweiligen Gruppierungen zu teilen. Wenn
Finn und James im Hohen Haus erschienen, stand
eindeutig eine wichtige Entscheidung bevor. Vielleicht durch die Abgeordneten selbst, vielleicht nicht.
Finn warf sich vor Douglas auf seinem Thron in eine
befehlsgewohnte Pose und zeigte eine Verbeugung,
in der Spott nicht wirklich offenkundig war. Douglas
erwiderte die Verbeugung im exakt gleichen Stil.
Beide ignorierten James.
»Ich bitte um Verzeihung für diese Störung der
Tagesordnung«, sagte Finn aalglatt, »aber eine recht
drängende Frage stellt sich. Euer Bruder James muss
unbedingt Gelegenheit erhalten, sich an das Hohe
Haus zu wenden. Hat er dazu Eure Erlaubnis, Eure
Majestät?«
»Natürlich, Sir Champion«, antwortete Douglas. Sicher doch, tun wir ruhig so, als hätte ich ein Mitspracherecht … »Tretet vor, Bruder James, und berichtet, was Euch so dringlich und unerwartet ins
Hohe Haus führt.«
James blickte ernst in die Runde und zeigte dabei
eine Pose, die sorgsam kalkuliert Mut und Entschlossenheit im Angesicht widriger Umstände andeutete.
Douglas fühlte sich fast geneigt, zu applaudieren.
»Höchst ehrenwerte Abgeordnete«, begann James
volltönend. »Ich weiß, dass ich hier kein offizielles
Amt bekleide, aber mir sind Informationen von solcher Bedeutung zugetragen worden, dass ich sie ans
Hohe Haus weitergeben muss. Wie Ihr alle sicher
wisst, verlassen seit einiger Zeit Esper ihre Heimatwelten, um hierher zu kommen und sich mit anderen
ihres Schlages im eigenständigen Stadtstaat Neue
Hoffnung zusammenzuschließen, in der Heimstatt
jener hochgeheimen Organisation, der Überseele.«
Dabei war erstaunlich, wie viel Hass und Verachtung
James in dieses letzte Wort zu packen vermochte,
ohne gleich auszuspucken. »Die Menschheit hegt
ohnehin schon einen völlig berechtigten Argwohn
gegen die Esper, seit jene ihre unnatürlichen Kräfte
benutzten, um die vollkommen legale Demonstration
der Neumenschen vor dem Parlament niederzuschlagen, indem sie vom Denken der Teilnehmer Besitz
ergriffen und es lenkten. Ganz, wie es diese überführten Terroristen von der Esper-Liberationsfront taten.
Jetzt liegen mir solide Beweise vor, dass sich die
Esper sammeln, um einen Angriff auf die Obrigkeit
der Menschheit zu planen! Sie haben vor, unserer gerechten und vernünftigen Forderung zu trotzen, dass
sich alle Esper der Einberufung stellen, um gegen den
näher kommenden Schrecken ins Feld zu ziehen. Sie
planen, Euch mit schierer Übermacht das vom Hohen
Haus verabschiedete Einziehungsgesetz ins Gesicht
zu werfen um zu sehen, ob Ihr wohl etwas dagegen
unternehmen könnt! Wir dürfen ihnen nicht erlauben,
Eurer Autorität zu trotzen und sich der eigenen Verantwortung zu entziehen. Falls sie ihre besonderen
Fähigkeiten nicht freiwillig in den Dienst der Allgemeinheit stellen, müssen wir sie dazu zwingen. Wir
müssen sie an die Kandare nehmen, ehe sich ihre verräterische Aufsässigkeit noch ausbreitet! Ich lege dem
Hohen Haus folgende Empfehlung vor: Der Zeitpunkt
ist gekommen, um alle Esper des Imperiums zu registrieren und zu befehligen. Sie müssen lernen, welchen
Platz sie in der Ordnung der Dinge haben. Wer von
ihnen die passenden Fähigkeiten hat, sollte nach Herakles IV geschickt werden, um sich dort dem näher
kommenden Schrecken zu stellen, während andere der
wissenschaftlichen Forschung verfügbar gemacht
werden, um die wahre Quelle ihrer Macht zu bestimmen, die sie uns bislang stets eigenmächtig vorenthalten haben. Es ist längst überfällig, dass alle Menschen
an diesen Fähigkeiten Anteil erhalten!«
Noch viele Worte folgten, immer hässlicher und
hasserfüllter, aber Douglas blendete sie einfach aus.
Was folgte, war reine Rhetorik; alles Bedeutsame
war gesagt. James schlug die Zwangsverpflichtung
sämtlicher Esper vor; sie sollten wieder zu bloßem
Besitz erniedrigt werden wie zu Löwensteins Zeiten
– manche als Kanonenfutter, andere für die Vivisektion bestimmt. Es war eine wohl verfasste Rede, eine
Spitzenleistung Anne Barclays, und Douglas wurde
schier übel bei dem Gedanken, dass Anne ihre Talente einer solchen Grausamkeit dienstbar machte. Er
betrachtete das Plenum unauffällig und stellte alarmiert fest,
Weitere Kostenlose Bücher