Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr
führte Zellproben und
Esperdroge in den gleichen Sicherheitsbehälter ein,
vereinigte sie durch Fernsteuerung und verfolgte die
Resultate aus einer Distanz, von der man allgemein
hoffte, dass sie Sicherheit bot. Alle sahen sich die
Entwicklung auf einem Lektronenmonitor an, aber
lange schien gar nichts zu geschehen. Du Katt übte in
Gedanken schon einige glaubwürdig klingende Ausreden, als … alle im Raum abrupt die Köpfe wandten. Etwas hatte sich verändert. Etwas war bei ihnen
hier im Labor. Finn war auf den Beinen, die Pistole
in der Hand. Alle blickten sich panisch um. Nichts
war zu sehen, aber sie waren eindeutig nicht mehr
unter sich. Sie spürten es.
Eine Präsenz war da, losgelöst und unbekannt, die
das Labor langsam ausfüllte. Sie verstärkte sich allmählich, als näherte sie sich aus großer Ferne und
aus einer unbekannten Richtung. Sie schien wütend
zu sein, gefährlich, bedrohlich. Das ganze Labor bebte jetzt. Technik explodierte, brach zusammen,
schmolz und tropfte davon. Brände brachen spontan
überall im Labor aus, und sämtliche automatischen
Sprinkler sprangen an. Kräftige Dellen tauchten in
Stahlwänden auf, als prügelte jemand mit unsichtbaren Fäusten auf diese ein. Lektronen sangen in unbekannten Sprachen und mit lauten, zornigen Stimmen.
Die Klone klammerten sich aneinander und schrien
wie verängstigte Kinder. Du Katt wollte sich hinter
Finn verstecken, der auf der Suche nach einem Ziel
die Pistole hin und her schwenkte. Die Temperatur
stürzte plötzlich in den Keller, als saugte jemand alle
Wärme aus dem Labor. Und langsam und unerbittlich manifestierte sich etwas. Es war ganz und gar
nicht menschlich, und niemand hier konnte den Anblick ertragen. Finn steckte die Pistole weg, löste eine Granate vom Gürtel und warf sie in die Kammer
mit den aktivierten Zellproben. Die Granate explodierte, und der gesamte Behälter verschwand. Die
Präsenz ging aus, noch ungeformt, verschwand, als
wäre sie niemals da gewesen; die Sprinkler schalteten sich ab, und die Lektronen hielten wieder die
Klappe. Die Laboranlage kam allmählich zur Ruhe.
»Nun«, sagte Finn, »ich denke nicht, dass wir das
noch einmal probieren. Du Katt, wo … Ah, da seid
Ihr ja. Gehe ich zu Recht davon aus, dass dies Eure
letzten noch unbehandelten Zellproben waren?«
»Ich fürchte, das waren sie, Sir Durandal«, antwortete du Katt unglücklich. »Die Verfahren, die wir
anwenden mussten, waren sehr destruktiv, worauf
ich ja hingewiesen hatte. Und da wir, Eurer Weisung
folgend, die Leichen vernichtet haben, sind keine
weiteren Proben mehr erhältlich. Und ich kann mich
des Gefühls nicht erwehren, dass dies ein begrüßenswerter Umstand ist.«
»Ihr wart nie richtig ehrgeizig«, sagte Finn. Er zog
erneut den Disruptor, suchte sich aufs Geratewohl einen Klon aus und erschoss ihn. Der Energiestrahl
durchstanzte die Brust des Klons und schleuderte die
Leiche zu Boden. Flammen umzüngelten das Loch in
der Brust, aber nicht stark genug, um die Sprinkler
erneut in Betrieb zu setzen. Du Katt und die übrigen
Klone schrien wie ein Mann auf und waren dann ganz
still. Finn blickte sich um und lächelte entspannt.
»Nur eine kleine Ermahnung, künftig bessere
Leistungen zu erbringen. Ich belohne Erfolg, aber
zugleich bestrafe ich Versagen stets. Also bleibt fleißig, bis ich eine neue Arbeit für Euch gefunden habe.
Und du Katt: Was, denkt Ihr, haben wir da für ein
Ding gerufen?«
Du Katt schluckte schwer. »Ich denke, es könnte
sich um den Geist Ohnesorgs oder Reises gehandelt
haben, Sir Durandal.«
Finn nickte. »In was für einer bemerkenswerten
Zeit wir leben, du Katt! Ihr solltet das Labor lieber
exorzieren lassen. Nur für alle Fälle.«
Emma Stahl machte gerade in einer Ecke ihres Zimmers einen Kopfstand und führte ihre Atemübungen
aus, als die Eingangstür verkündete, sie hätte einen
Besucher. Emma seufzte schwer. Darauf konnte man
sich wirklich verlassen. Ein weiterer langer Tag war
vorbei, und sie hatte sich auf ein wenig Entspannung
gefreut, ehe sie lang ins Bett fiel, und jetzt war irgendein armer Trottel aufgetaucht, um sie zu stören.
Falls es wieder ein Vertreter der Militanten Kirche
war, der sie aggressiv nach der Verfassung ihrer Seele zu fragen gedachte, dann wollte sie doch mal sehen, wie oft er wohl abprallte, wenn sie ihn die Treppe hinunterwarf. Sie wechselte auf die Füße, stolzierte zur Tür und warf einen finsteren Blick durch den
Spion.
Weitere Kostenlose Bücher