Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr
waren, vollbringen … Böses. Es wurde so
schlimm, dass ich gar nicht mehr hingehen wollte, es
sei denn in Finns Gesellschaft. Bei ihm fühlte ich
mich sicher. Aber obwohl er sich nie selbst beteiligt
hat und nie zuließ, dass mich jemand anrührte, so hat
er die Dinge auch nicht aufgehalten. Ich denke, sie
amüsierten ihn.«
Stuart blickte Emma fast flehend an. »Ihr müsst
verstehen: Ich wurde auf Virimonde zum Krieger
ausgebildet. Ich hatte meine Kämpfe, habe Menschen
getötet, wenn es nötig wurde. Gehört zum Job. Und
ich habe gesehen, wie böse Menschen Böses taten,
sei es für Geld oder Macht oder einfach, weil sich
ihnen die Möglichkeit bot. Aber heute Abend …
heute Abend … hat Finn mich allein in den Heiligen
Gral geschickt. Eine dringende Nachricht musste
persönlich überbracht werden, und er war andernorts
beschäftigt. Ich wollte nicht gehen, aber ich konnte
es nicht ablehnen. Ich wollte vor ihm nicht als Feigling dastehen. Er lachte, gab mir einen Klaps auf die
Schulter und sagte, ich würde das schon schaffen.
Als ich dort eintraf, machte der Besitzer der Kneipe gerade einen Aufstand. Er sagte, er hätte die Nase
voll – kein Geld wäre genug, um das Betragen der
Paragone weiter hinzunehmen. Er sagte ihnen ins
Gesicht, dass er sie für Tiere hielt und ihm übel würde, wenn er sie sähe. Er verlangte das Geld, das sie
ihm noch schuldeten, und dann sollten sie aus seiner
Kneipe verschwinden, damit er seine frühere Kundschaft wieder empfangen konnte. Er wollte sein Leben zurückhaben. Die Paragone lachten ihn aus. Sie
waren dabei zu trinken und Drogen zu nehmen und
noch anderes zu tun. Der Eigentümer sagte, falls sie
nicht gingen, würde er sich an die Medien wenden.
Ihnen alles erzählen. All die grauenhaften Dinge, deren Zeuge er geworden war. Die Sicherheitskameras
der Kneipe hätten alle möglichen interessanten Aufnahmen gemacht. Die Paragone blickten einander an.
Nichts wurde ausgesprochen, aber sie fällten eine
Entscheidung. Sie standen auf und umzingelten den
Inhaber. Ich dachte, sie wollten ihn herumschubsen,
ihn einschüchtern. Dann zogen sie die Messer und
schnitten ihn in Stücke. Langsam, damit sie auch
richtig Spaß hatten. Er schrie in einem fort. Ich versuchte sie aufzuhalten, aber zwei Paragone tauchten
aus dem Nirgendwo auf und packten mich. Drückten
mich auf die Knie und zwangen mich zuzusehen, wie
der Mann zentimeterweise starb und die ganze Zeit
lang brüllte. Als es schließlich vorbei war, als er tot
war … schnitten sie ihn auf und verzehrten ihn. Sein
Fleisch, seine Organe. Und sie lachten. Während ihnen das Blut aus den Mundwinkeln lief, lachten sie.«
Er brach wieder in Tränen aus, die ihm ruckartig
über die Wangen liefen, während er weiterredete.
»Sie haben auch mich gezwungen mitzuessen. Von
dem Fleisch. Ich musste es tun. Sie hätten mich sonst
umgebracht. Sie gaben mir eins seiner Augen und die
Zunge. Sagten, das wären Delikatessen. Dann ließen
sie mich gehen. Ich rannte weg. Das war vor zwei
Stunden. Ich lief nach Hause und machte mich sauber, aber ich fühle mich immer noch schmutzig. Ich
wusste nicht, was ich tun sollte! Ich konnte mich
nicht an Finn wenden. Es sind seine Leute. Sie können sich alles herausnehmen. Und dann dachte ich an
Euch. Ihr seid die Einzige, der ich noch trauen kann.
Der letzte echte Paragon. Der einzige Mensch, der
womöglich noch irgendwas tun kann!«
»Lieber Gott!«, sagte Emma, zu schockiert, um
noch Übelkeit zu empfinden. »Was ist da draußen
auf der großen Suche mit ihnen passiert? Was haben
sie dort gefunden, das sie dermaßen verändert hat?«
Sie schüttelte langsam den Kopf und bedachte Stuart
mit strengem Blick, während sie ihm beruhigend die
Hand auf die Schulter legte. »Ich kümmere mich
darum. Geht Ihr wieder nach Hause. Verschließt die
Tür und bleibt dort. Niemand braucht zu erfahren,
dass Ihr mit mir gesprochen habt. Haltet Euch vorläufig vom Heiligen Gral und von Finn fern.«
»Das kann ich nicht.«
»Kommt schon, Stuart. Sicherlich seht Ihr jetzt
doch ein, was er für ein Mensch ist. Er ist nicht gut
für Euch.«
»Aber ich liebe ihn!«, sagte Stuart Lennox bitter
und hilflos. »Ich liebe ihn.«
Emma konnte ihn schließlich ausreichend beruhigen,
damit er wieder ging, und schritt dann unruhig in ihrer Wohnung auf und ab, während sie überlegte, was
jetzt zu tun war. Die Paragone waren zu weit gegangen. Die Helden von einst hatten sich in
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