Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr
bestimmte Grenzen möchte ich nicht überschreiten. Ich
spreche in diesem Punkt für alle Bastarde Ohnesorgs.
Der Durandal hat die Gräber Ohnesorgs und Reises
im Siegespark entweiht. Die Leichen wurden ausgegraben und dann mit Materiewandlungsbomben vernichtet. Ein Sakrileg! Wir sind alle wahnsinnig wütend, und wir möchten Vergeltung üben. Wir können
es jedoch nicht mit dem Durandal aufnehmen, Ihr
hingegen vielleicht schon.«
»Kommt langsam zur Sache«, verlangte Emma.
»Was habt Ihr mir zu berichten?«
»Mirakel Grant ist im Slum aufgetaucht, angeblich, um sich mit Finn zu treffen. Kommt schnell her,
und Ihr fangt sie beide. Wie es heißt, werden sie
Dinge diskutieren, die sie an anderer Stelle sicherheitshalber nicht erwähnen würden. Interessiert?«
»Nennt mir die Stelle und macht mir dann den
Weg frei, so rasch Ihr könnt«, sagte Emma Stahl.
Emma Stahl und Nina Malapert suchten den Slum
auf, versteckt unter schweren Mänteln und holografischen Gesichtern, angetan mit gerade genug Andeutungen, sie wären zwei gut betuchte Damen, die im
Slum nach Freuden suchten, wie sie in den zivilisierteren Stadtbezirken nicht zu finden waren. Sie folgten Nebenstraßen, hielten sich im Schatten und vermieden jeden Kontakt. Mirakel Grant war nicht
schwer zu finden. Er stolzierte die Straßen des Slums
entlang, als gehörten sie ihm, und alle Welt wich ihm
weitläufig aus. Niemand wagte, jemanden anzurühren, der unter Finns Schutz stand, selbst wenn er zu
den verhassten Paragonen gehörte. Und außerdem
strahlte er etwas Seltsames aus, etwas Unwirkliches
… Die Rüstung saß nachlässig, und er hatte ernsthaft
Übergewicht. Die Augen tanzten wild umher, und er
lachte viel, selbst wenn dafür kein erkennbarer
Grund vorlag. Er nahm sich von einem Marktstand
etwas zu essen, ohne dafür zu bezahlen, und stopfte
es sich mit beiden Händen in den Mund, während er
weiterging. Emma und Nina folgten ihm verstohlen
durch die dicht bevölkerten Straßen und achteten auf
ausreichenden Abstand.
»Das ist Mirakel Grant?«, fragte Nina. »Gott, er
lässt sich aber wirklich hängen!«
»Hier liegt etwas schlimm im Argen«, fand Emma. »Der Grant, den ich kannte, trat stets als Geck
und Fatzke auf, immer penibel herausgeputzt, ohne
dass jemals ein Haar falsch gelegen hätte. Verdammt,
der Kerl war ein richtiger Gourmet ersten Ranges!
Auf keinen Fall hätte er sich jemals dazu herabgelassen, Junkfood in sich hineinzustopfen …«
»Also«, fragte Nina, »zerren wir ihn in eine stille
Gasse und prügeln ein paar Antworten aus ihm heraus?«
Emma sah sie an. »Wir?«
»Na ja, okay, also du. Ich muss ja die Kamera bedienen.«
»Wir folgen ihm nur. Ich muss herausfinden, was
er hier sucht. Ich möchte auch sichergehen, dass mir
hier niemand eine Falle stellt. Man sollte niemals
einem Bastard Ohnesorgs trauen.«
Mirakel Grant lief kreuz und quer durch den Slum
und redete an richtig unappetitlichen Stellen mit richtig unappetitlichen Leuten. Niemand schien froh, ihn
zu sehen, aber niemand war dumm genug, sich zu
beklagen. Er war Finns Mann und ein Paragon, und
beides weckte heutzutage Angst. Endlich erreichte er
eine kleine Kneipe in einer abgelegenen Straße und
trat ein. Emma und Nina blickten ihm von einer Gasse auf der anderen Straßenseite aus nach, aber einige
Zeit verstrich, und er tauchte nicht wieder auf.
Emma runzelte die Stirn. »Wir dürfen nicht riskieren, selbst hineinzugehen. Siehst du das Fenster im
ersten Obergeschoss, das ein Stück weit offen steht?
Kannst du die Kamera hindurchschicken?«
»Ein Kinderspiel«, antwortete Nina. »Und ich habe auch die allerneuesten Tarnvorrichtungen. Sie
werden nichts kommen hören.«
Sie konzentrierte sich, und die Kamera tauchte unter ihrem Umhang auf und flog rasch zu dem Obergeschossfenster hinüber. Sie glitt mühelos durch den
Spalt, und dann steuerte Nina sie behutsam die Treppe hinunter, bis sie in den Gastraum blicken konnte.
»Da haben wir es«, sagte sie. »Grant sitzt mit drei
anderen zusammen, alle in Paragon-Ausrüstung.«
»Schließ mich an«, verlangte Emma. »Ich muss
wissen, was da drin passiert. Und achte darauf, alles
über eine Fernleitung aufzunehmen. Es könnten Beweismittel sein.«
Nina zögerte. »Dazu muss ich aber ganz schön nah
heran, Darling. Du bezahlst mir doch hoffentlich eine
neue Kamera, wenn etwas schief geht, nicht wahr?
Ich schwimme nicht gerade in Geld, weißt du, und
ich kann auch keine Versicherung mehr
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