Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr
hingegangen, dann wären
wir jetzt tot«, sagte Emma. »Aus der Nähe hätten uns
diese Telepathen sofort erkannt.«
Nina blickte rasch zur Kneipe hinüber, als die
Kamera zurückkehrte und sich wieder unter Ninas
Mantel kuschelte. Sie tätschelte den Apparat geistesabwesend wie einen guten Hund. »Können sie uns
wohl von dort aus spüren?«
»Nein. Wenn sie Besitz von einem Sklaven ergreifen, grenzt das ihre Reichweite beträchtlich ein.«
»Emma, wir müssen es jemandem erzählen!«
»Ruhig, Mädchen, lass mich nachdenken!« Emma
runzelte angestrengt die Stirn. »Wir können nicht
einfach mit den Aufnahmen in deiner Kamera an die
Öffentlichkeit gehen. Selbst wenn wir jemanden finden, der tapfer genug ist, sie zu senden, würde Finn
einfach von einer Fälschung sprechen und behaupten,
seine Feinde wollten ihn anschwärzen. Die meisten
Leute haben noch nichts davon gehört, wie die Paragone sich aufführen. Dafür hat Finn gesorgt. Und anschließend würde er veranlassen, dass Elfen in uns
fahren, und wir würden uns zu Wort melden und sagen, ja, alles war gefälscht. Wir wären dabei sehr
überzeugend. Und dann würden wir uns aus lauter
Scham selbst umbringen. Und die Elfen würden sich
totlachen. Ich besorge lieber für uns beide ESPBlocker, nur zur Sicherheit. Wir können uns nicht erlauben, dass jemand unsere Gedanken ausspioniert.«
»Ist der Privatbesitz von ESP-Blockern heutzutage
nicht illegal?«, wollte Nina wissen.
»Ich habe Verbindungen.«
»Die große Emma Stahl verstößt gegen das Gesetz! Das wäre nun wirklich eine tolle Exklusivstory.
Eine Schande, dass ich sie wohl nie bringen kann.«
Beide lächelten ein wenig.
»Es muss einfach jemanden geben, dem wir das
zeigen können«, sagte Nina. »Die Menschen müssen
erfahren, was vor sich geht!«
»Die Verwicklung der Elfen ändert alles«, gab
Emma zu bedenken. »Ich weiß nicht, wem ich noch
trauen kann … einfach jeder könnte besessen sein.
Jeder! Wir brauchen Bundesgenossen. Mächtige
Bundesgenossen. Normalerweise würde ich die
Überseele um Hilfe bitten, aber Finn hat sie vertrieben …« Sie brach ab und sah Nina an. »Hat er
es deshalb getan? Denkt er wirklich so weit voraus?«
»Darling, allmählich bekomme ich ein bisschen
Angst«, sagte Nina.
»Gut. Dadurch bleibst du aufmerksam und meidest
Gefahren. Sieh mal, wir sind inzwischen besser dran
als zuvor. Zumindest wissen wir jetzt, was vor sich
geht. Die Welt macht von neuem Sinn. Finn hat die
Überseele vertrieben, weil sie die Vorgänge hätte ans
Licht bringen können. Wahrscheinlich gehörte das
auch zu seiner Absprache mit den Elfen, zum Ausgleich für das Massaker an ihren Leuten während der
Parade der Paragone. Und er hat sich die einzigen
Leute vom Hals geschafft, die ihn hätten entlarven
können.«
»Gibt es denn keine Möglichkeit, ihn zu attackieren?«, fragte Nina.
»Bestimmt weiß er, dass sein Bündnis keinen Bestand haben kann«, sagte Emma. »Die Elfen hassen
ihn wie die Pest. Sie werden sich auf ihn stürzen, sobald sich ihnen die erste Gelegenheit bietet. Finn
spielt ein sehr gefährliches Spiel …«
»Ich sage: Werfen wir einfach eine Granate in den Heiligen Gral und bringen so den ganzen Haufen
um!«, schlug Nina lebhaft vor.
»Verlockend«, räumte Emma ein, »aber nein. Wir
dürfen die Paragone nicht direkt angreifen; damit
würden wir nur die besessenen Körper umbringen,
und die Elfen würden entkommen. Wir müssen eine
Möglichkeit finden, wie man die Elfen aus den Sklaven vertreibt, und so die Paragone retten.«
Nina schnaubte. »Du verlangst wirklich nicht viel,
was?«
»Ihr da! Wer seid Ihr? Was treibt Ihr hier?«
Emma und Nina drehten sich scharf um und erblickten Mirakel Grant, der sie von der Tür zur
Kneipe aus finster musterte. Emma packte Nina am
Handgelenk und rannte aus Leibeskräften. Sie durften den Elfen nicht zu nahe heranlassen, damit er
nicht ihren Gedanken entnahm, wer sie waren. Grant
jagte ihnen nach, und die übrigen Paragone spritzten
aus der Kneipe hervor und schlossen sich der Hetzjagd an. Emma griff in eine getarnte Tasche und holte eine Gedankenbombe hervor – auf Logres völlig
illegal, auf Nebelwelt jedoch nach wie vor in allgemeinem Gebrauch. Emma hielt große Stücke davon,
richtig vorbereitet an die Arbeit zu gehen, und scherte sich dabei nicht um kleinliche Formfragen. Sie
stürmte die Straße entlang, und Nina rannte tapfer
mit. Nach dem Gebrüll der widerlichen Stimmen hinter ihr zu
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