Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr
alles zu verderben, indem
Ihr mehr Politik in die Drehbücher packt, sie deutlicher herausstellt und damit riskiert, unser Zielpublikum zu verlieren. Zum ersten Mal seit Generationen
sind wir so reich, wie es unsere Familien einst waren.
Ich werde nicht dulden, dass Ihr im Namen ideologischer Reinheit das Boot zum Kentern bringt, in dem
wir alle sitzen!«
»Die feine Gesellschaft verbreitet unsere Botschaft
gut genug«, hieb ein Mann in voller Gesichtsmaske
in die gleiche Kerbe. »Dank der Serie sind die alten
Familien nun beliebter als je zuvor. Was ist daran
nicht in Ordnung?«
»Beliebt?«, raunzte die Frau mit dem Fächer. »Solche Modefimmel kommen und gehen; wir haben aber
doch wohl vor, langfristig bei der Sache zu bleiben!
Wen schert es, ob die alten Familien beliebt sind oder
nicht – man sollte uns fürchten und respektieren!«
»Man fürchtet und respektiert die Reichen. Für
mich ist das genug.«
»Der Reichtum hat Euch korrumpiert«, behauptete
eine Frau mit Raubvogelmaske. »Die Videoserie ist
Kult, nichts weiter, und die Massen werden sie recht
schnell vergessen, sobald sie sich einmal einen anderen Fimmel in den Kopf gesetzt haben. Wir müssen
unsere Botschaft jetzt jedoch mit größtem Nachdruck
verkünden, solange das Publikum noch zusieht!«
»Euch fällt es auch nicht schwer, auf das Geld zu
verzichten«, knurrte ein Mann in einer Schwarzgoldmaske. »Nicht alle von uns wurden reich geboren. Wir haben uns diese Einkünfte verdient. Sie gehören uns!«
Und so nahm der Streit seinen Fortgang, und Tel
Markham, der Abgeordnete von Madraguda, hörte
hinter seiner schwarzen Ledermaske gelangweilt zu.
Er hatte Verständnis für beide Seiten, aber letztlich
war ihm von jeher klar, dass Macht wichtiger war als
Geld. Falls man genug Macht hatte, gaben einem die
Leute Geld. Umgekehrt funktionierte es nicht immer.
Macht war das Anliegen, das ihn zum Schattenhof
geführt hatte und noch in etliche weitere Geheimorganisationen. Wütende Stimmen wurden rings um
ihn erhoben, aber er schien weder die Leidenschaft
noch das Interesse aufzubringen, um sich selbst an
der Auseinandersetzung zu beteiligen. Um die
Wahrheit zu sagen: Der Schattenhof langweilte ihn
allmählich. Die Organisation leistete immer weniger
und zankte sich immer häufiger. Hier wurde nur geschwatzt, und davon bekam er im Parlament schon
genug zu hören.
Und dann platzte auf einmal die Tür auf, die angeblich verschlossen und verriegelt gewesen war,
und scheinbar eine kleine Armee gepanzerter Krieger
stürmte in den Raum und schrie den erschrockenen
Mitgliedern des Schattenhofs zu, sie sollten ja dort
bleiben, wo sie waren, sich nicht mucksen und jederzeit beide Hände zeigen. Die Soldaten umzingelten
die neun Männer und Frauen rasch und hielten sie
mit Strahlenwaffen in Schach, während sich die
Überrumpelten panisch umsahen, die Augen hinter
den Masken weit aufgerissen. Und da spazierte Finn
Durandal gelassen herein.
»Hallo!«, sagte er fröhlich. »Schön, hier zu sein in
diesem … recht verwahrlosten kleinen Zimmer. Bitte, bleibt doch alle sitzen! Oder ich lasse Euch erschießen. Nun sind einige von Euch weniger überrascht als die anderen, weil sie mich eingeladen haben. Oh ja, einige von Euch entschieden, sie wären
eher an Reichtum interessiert als an irgendwas sonst,
nahmen Verbindung zu mir auf und erzählten mir,
wo diese kleine Versammlung stattfinden würde. Die
Idee dahinter ist, dass ich die eher politisch Interessierten von Euch verhafte und dem Rest ermögliche,
mit dem Reichsein fortzufahren. Na, Pech gehabt,
Leute – ich bin wegen Euch allen hier. Das Imperium
ist heutzutage in viel zu viele Fraktionen gespalten,
und ich kann, offen gesagt, die Ablenkung nicht gebrauchen. Also mache ich dem Schattenhof ein Ende.
Schauprozesse, ruinierter Ruf, gefolgt von sehr öffentlichen Hinrichtungen. Wisst Ihr, so was in der
Art, wie es Eure aristokratischen Ahnen zu Löwensteins Zeiten überaus schätzten. Und ist der Kopf erst
mal abgeschlagen, wird der restliche Leib alsbald
sterben und dahinwelken. Seid ruhig so frei zu protestieren, und ich bin dann so frei, Euch erschießen
zu lassen, um den anderen gegenüber ein Exempel zu
statuieren.«
»Wie typisch«, fand die Frau mit dem Fächer.
»Die alten Familien verraten ihres gleichen. Wie es
scheint, haben wir letztlich nichts aus der Geschichte
gelernt. Aber ich vertraue doch darauf, dass wir wenigstens ein letztes Mal Solidarität
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