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Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr

Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr

Titel: Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PacTys
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die Kraft dazu. Ein paar halbherzige Zwischenrufe ertönten von Seiten der Hinterbänkler, vermutlich Handlanger der Neumenschen,
die ein paar Punkte bei ihren Oberen gutmachen
wollten. Douglas traf keinerlei Anstalten, sie daran
zu hindern. Meerah fuhr verbissen mit ihrer Rede
fort, weil … weil irgendjemand diese Dinge schließlich aussprechen musste. Das Hohe Haus war vielleicht nicht mehr, was es einmal gewesen war, aber
noch glaubte Meerah die Chance zu sehen, dass man
es umstimmte, ihm seine Verantwortung aufs Neue
bewusst machte, indem man die richtigen Worte
sprach und sich auf die richtigen Ideale berief. Nach
wie vor war das Hohe Haus wichtig. Meerah Puri
glaubte von ganzem Herzen und mit ganzer Seele
daran. Sie musste das einfach glauben, oder ihr ganzes Leben bedeutete nichts mehr.
(Sie erinnerte sich, wie sie mit ihren wenigen Mitarbeitern in dem winzigen offiziellen Abgeordnetenbüro immer wieder an der Rede gefeilt hatte, um sie
so eindringlich wie möglich zu gestalten. Sie musste
einfach das schlafende Gewissen des Hohen Hauses
wachrufen … aber sie war müde; sie alle waren müde davon, so hart gegen die aktuellen Gezeiten der
öffentlichen und privaten Meinungen anzukämpfen.
Es sah so aus, als wäre alle Welt verrückt geworden.
Wie hatte nur alles so schnell schief gehen können?
Es war ein Goldenes Zeitalter gewesen, und manche
hielten es immer noch dafür, aber Meerah sah den
Glanz stumpf werden.)
Sie beendete die Rede mit einem eindringlichen
Aufruf, tätig zu werden, und blickte sich gespannt
um, aber die Abgeordneten erwiderten einfach nur
ihren Blick, ohne zu applaudieren und ohne Widerrede. Sie saßen nur da und glotzten sie an. Ein Teil
ihrer Kraft verließ Meerah, und sie stolperte beinahe,
als sie zu ihrem Platz zurückkehrte und sich setzte.
Es war nicht so, dass die anderen nicht zugehört hätten; es war ihnen nur egal. Keiner gab mehr einen
Pfifferling auf die alten Werte, abgesehen von Ruth
Li, aber sie war eine Fanatikerin. Sogar die Paragone
waren, falls man dem Klatsch Glauben schenkte, inzwischen korrupt. Abgesehen natürlich von Emma
Stahl, aber sie war schließlich nur eine Barbarin von
Nebelwelt, von der man nicht erwarten konnte, dass
sie die Bedeutung der Politik verstand. Wahrscheinlich war sie gerade unterwegs und verhaftete irgendeinen Straßenräuber und glaubte dabei sogar, sie bewirkte irgendetwas. Und was den König anbetraf …
es schien, dass das Miststück Blume ihm nicht nur
das Herz gebrochen, sondern auch jeden Willen geraubt hatte.
Tel Markham, der Abgeordnete von Madraguda,
traf wie immer verspätet zur Sitzung ein und murmelte aller Welt entschuldigende Worte zu, während
er sich an den dicht bevölkerten Bänken entlang zu
seinem Platz vorarbeitete. Er setzte sich behaglich
und hängte sein Zuhörergesicht raus, während er insgeheim eigenen Gedanken nachhing. Er musste über
vieles nachdenken. Die übrigen Abgeordneten musterten ihn verstohlen – weil er nicht nur verspätet
eingetroffen war, sondern auch noch in Gesellschaft
Finn Durandals. Und der Imperiale Champion hatte
Tel mit einem Lächeln bedacht und ihm auf die
Schulter geklopft. In aller Öffentlichkeit. Und so
dachte alle Welt jetzt hektisch darüber nach, was das
wohl zu bedeuten hatte … war es doch Zielsetzung
praktisch jedes Abgeordneten, mit Finn unter einer
Decke zu stecken. Der Durandal war heutzutage der
Träger der Macht, und alle wussten es. Im Grunde
war niemand über Tels neue Freundschaft erstaunt;
von jeher war er dafür berühmt, immer auf den Füßen zu landen, und er intrigierte schließlich laufend
mit jedem anderen Abgeordneten und jeder Fraktion
im Hohen Haus, sei es nacheinander oder auch oft
genug gleichzeitig.
Aber Tel dachte gerade über Finns abschließende
Worte ihm gegenüber nach, als sie gemeinsam durch
die Flure des Parlaments spaziert waren. Aus dem
Nichts heraus, wie es schien, hatte Finn Tel angeboten, anstelle seines Bruders Angelo Bellini das neue
Oberhaupt der Militanten Kirche zu werden. Es sah
ganz danach aus, als betrachtete Finn den zunehmend
messianisch auftretenden Engel von Madraguda als
Bürde und Ablenkung. Tel brauchte lediglich seine
Entscheidung kundzutun, und der Engel würde einen
bedauerlichen, aber sehr tödlichen Unfall erleiden
und auf den Schwingen des Gebets in den Himmel
fahren. Tel lächelte und nickte zu dem Vorschlag,
und sagte, er müsste darüber nachdenken. Und so saß
er

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