Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr
zeigen können.
Wir können uns nicht erlauben, dass man uns festnimmt und identifiziert. Unsere Familien hätten darunter zu leiden. Am besten treten wir mit Würde ab,
mit einem letzten Akt des Trotzes. Wir können unserer Sache immer noch als Märtyrer dienen. Einverstanden?«
Rings um den Tisch begegneten sich Blicke und
nickten Häupter, und Hände fuhren zu den Umwandlungsbomben Unter den Mänteln. Eine Reihe scharfer, eng umgrenzter Explosionen erfolgte, und bald
war rosa Protoplasmaschleim auf dem Tisch verspritzt und tropfte dick von den Stühlen. Finn seufzte
und schüttelte den Kopf.
»Fanatiker! Zumindest sparen wir so die Kosten der
Prozesse. Wichtig ist, dass sie alle tot sind. Außer …
Euch, Sir.«
Tel Markham, der letzte Überlebende des Schattenhofs, setzte die schwarze Ledermaske ab und verneigte sich höflich vor Finn. Der Durandal zog überrascht
eine Braue hoch und nickte seinerseits. Tel lächelte
locker. »Ich bin kein Fanatiker, Sir Champion. Mir
geht es von jeher nur um mich – um das, was ich
letztlich herausschlagen kann. Hoffentlich kann ich
Euch davon überzeugen, dass ein Schauprozess in
meinem Fall womöglich nicht die beste Wahl wäre.«
»Nur zu«, sagte Finn. »Probiert es.«
Tel drückte sich aalglatt aus und gab sich größte
Mühe, ruhig und gelassen zu bleiben, wiewohl ein
ganzer Strauß Strahlenwaffen auf ihn gerichtet wurde. »Ich bin Mitglied des Parlaments, Sir Durandal.
Und Mitglied der Reinen Menschheit. Und Bruder
Angelo Bellinis, des Engels von Madraguda und derzeitigen Oberhauptes der Militanten Kirche. Das sind
eine Menge Leute, die ich überreden könnte, Euch
fleißiger zur Hand zu gehen. Darüber hinaus verfüge
ich über Kenntnisse und kenne Personen, was sich
alles als sehr nützlich für Euch erweisen könnte.«
»Nicht schlecht«, meinte Finn nach kurzer Pause.
»Im Grunde brauche ich weder Euch noch irgendetwas von dem, was Ihr mir da angeboten habt, aber
Ihr wisst Euch auszudrücken, und seit mich Brett und
Rose, diese Waschlappen, im Stich gelassen haben,
fehlt mir jemand, vor dem ich prahlen kann. Ihr
scheint aus härterem Holz geschnitzt. Also denke
ich, nehme ich Euch in meinen Dienst. Mal vorausgesetzt …«
»Ja?«, hakte Tel Markham nach.
»Mal vorausgesetzt, dass Ihr als einziger überlebender Autor und Produzent von Die feine Gesellschaft mir sämtliche Rechte an der Serie überschreibt. Ich kann mit ihrer Hilfe meine Propaganda
voranbringen und die öffentliche Meinung, wann
immer ich es für nötig halte oder amüsant finde, beeinflussen und aufpeitschen. Auch für das Geld habe
ich immer Verwendung. Heutzutage stehen so viele
Leute auf meiner Gehaltsliste! Ihr habt ja keine Ahnung! Bereitet es Euch irgendwelche Probleme, mir
die Rechte zu übertragen?«
»Nicht im Mindesten«, antwortete Tel, der eine
ausgemachte Sache erkannte, wenn sie ihn entlang
eines Disruptorlaufes anblickte. Zumindest wusste
Finn nichts von Tels Mitgliedschaft im Höllenfeuerclub. Das Rad des Schicksals mochte sich dereinst
wieder in alle möglichen interessanten Richtungen
drehen.
Im Parlament nahmen derweil die Alltagsgeschäfte ihren Lauf. Die meisten Abgeordneten waren zugegen, vor allem, weil sie nicht wussten, wohin sie
sonst hätten gehen sollen. Die Sektion der Fremdwesen zeigte sich hingegen praktisch verlassen. Der
Vertreter der Klone war bemüht, die bedächtig laufende Debatte mit interessiert wirkender Miene zu
verfolgen. Shub behielt alles über seinen einsamen
Roboter im Auge. Und Douglas, König und Parlamentspräsident, lümmelte sich auf dem Thron und
war mit den Gedanken woanders. Das Übliche im
Hohen Haus in diesen letzten Hundstagen der Zivilisation.
Meerah Puri, Abgeordnete von Verwünschung,
betrat das Parkett. Sie hielt den Kopf hoch erhoben
und musterte Douglas finster, während sie den Kragen ihres Saris so fest mit einer Hand umklammert
hielt, dass die Knöchel weiß hervortraten. Sie erhob
die Stimme und erlebte zufrieden, dass Douglas
leicht zusammenzuckte. Meerah Puri gedachte keinesfalls, sich von irgendjemandem ignorieren zu lassen. Sie hatte eine Rede über die Rechte des Volkes
und die Notwendigkeit der Toleranz und der Zusammenarbeit aller im Imperium zu halten. Sie startete mit Eloquenz und Schwung, und nach einiger
Zeit konnte sie feststellen, dass die übrigen Abgeordneten sie zumindest nicht ausbuhten. Es war ein
heißer und stickiger Tag, und vielleicht hatten sie
einfach nicht mehr
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