Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr
erlebt, dass Owen so beiläufig seine Macht einsetzte. Lewis räusperte sich.
»Wird es auch so einfach sein, mit dem Schrecken
fertig zu werden?«
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung«, antwortete
Owen. »Ich habe keinen Schimmer, was der Schrecken sein könnte, ganz zu schweigen davon, was ich
gegen ihn unternehmen soll. Ich denke, zunächst
muss ich ihn mir mal aus der Nähe gründlich ansehen. Vielleicht habe ich dann ein paar Ideen.«
Eine ganze Weile lang herrschte entgeistertes
Schweigen, gefolgt von einem lauten Getöse von
Einwänden aller Anwesenden, und diese Einwände
folgten meist dem Muster Seid Ihr verrückt? Es wurde erst wieder still, als sich die KI der Herwärts über
die Komm-Implantate meldete.
»Tut mir Leid, dass ich störe, aber wir stecken alle
tief in der Scheiße. Willkommen zu Hause, Owen!
Hier spricht Ozymandias – oder zumindest das, was
von ihm übrig ist. Wir müssen uns später zusammensetzen und ein Schwätzchen halten, mal vorausgesetzt, es gibt für uns ein Später. Im Augenblick bedaure ich mitteilen zu müssen, dass anscheinend die
ganze verdammte imperiale Flotte gerade aus dem
Hyperraum gefallen und auf eine Umlaufbahn um
Haden gegangen ist. Wie es scheint, geht Finn keinerlei Risiko ein.«
Owen lachte. »Genau wie in der alten Zeit, was,
Oz?«
KAPITEL ACHT:
FINN TRIUMPHIERT GRÖSSTENTEILS
Am Tag der Krönung kam Finn Durandal in den imperialen Thronsaal marschiert, als gehörte er ihm
schon. Ihm folgten in großer Zahl marschierende
Reihen von Anhängern der Militanten Kirche und
der Reinen Menschheit. Somit wirkte Finn in jeder
Hinsicht wie ein General an der Spitze einer Invasionsarmee – was, um die Wahrheit zu sagen, gar nicht
so weit von der Wahrheit entfernt war. Offiziell wurde Finn jetzt, nach James’ Tod und Douglas’ Schande, auf Wunsch des Volkes und Beschluss des Parlaments zum König gekrönt. Tatsächlich hatte Finn
einfach gesagt, dass er König werden würde, und alle
machten mit. Das Parlament trat zu einer Sondersitzung zusammen, bei der die Abgeordneten nacheinander aufstanden und verkündeten, welch tolle Idee
das war, denn das Volk hungerte verzweifelt nach
einem Retter, der es vor all den Übeln bewahrte, die
das Imperium bedrängten, und schrie nach dem frühestmöglichen Termin für die Krönung. Einzelne
Gegenstimmen wurden vernehmbar, aber niemand
hörte auf sie – zumindest niemand von Bedeutung.
Finn würde den Thron besteigen, und mehr war dazu
nicht zu sagen.
Finn durchquerte forschen Schrittes den großen
Thronsaal und lächelte und nickte dabei königlich,
während er dem breiten Mittelgang zwischen den
sorgfältig geladenen Gästen folgte. Eine Reihe seiner
besten Fanatiker nach der anderen stampfte ihm in
perfektem Marschtritt nach und blickte dabei weder
nach rechts noch nach links. Für sie war dies eine
heilige Zeremonie. Die Salbung des Erwählten. Sowohl die Truppen der Militanten Kirche wie die der
Reinen Menschheit waren sorgfältig ausgewählte
Eiferer erster Klasse, allesamt entschlossen, einander
in militärischer Präzision und Präsentation zu übertreffen. Schließlich sah ja das ganze Imperium zu.
Live! Und sie sahen wirklich toll aus, kühn und
schimmernd und absolut einschüchternd in ihren frischen Galauniformen. So machten sie deutlich, worin
Finns Machtbasis bestand.
Finn blieb am Fuß des Podiums am Ende der Halle
stehen, verneigte sich vor dem leeren Thron, drehte
sich um und winkte den Gästen und den Kameras zu.
Er trug unter dem traditionellen Umhang der Könige
noch immer die schwarze Lederuniform des Champions. Er sah groß und stattlich und unwahrscheinlich königlich aus. Er stieg zu seinem Thron hinauf
und setzte sich. Die Eiferer stoppten vor dem Podium
und machten dort donnernd kehrt, sodass sie die geladenen Gäste im Auge hatten und nach Anzeichen
von Ärger Ausschau halten konnten. Die Eiferer waren bewaffnet. Die Gäste nicht. So lautete der Befehl.
Musiker spielten, Trompeten schmetterten, ein engelsgleicher Chor erhob die Stimme und Schwärme
holografischer Tauben zogen ihre Bahn durch die
hellen Lichtstrahlen, die durch die herrlichen Buntglasfenster in der hohen Decke fielen. Das war Tradition, eine Zeremonie alten Stils, und die Atmosphäre
des feierlichen Anlasses lag so dick in der Luft, dass
man sie mit einem Messer hätte schneiden können.
Die geladenen Gäste verhielten sich ungewöhnlich
ruhig, saßen regelrecht niedergeschlagen auf ihren
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