Gregor Bd. 5 - Gregor und das Schwert des Kriegers
lassen wollen?« Seine Stimme war jetzt nur noch ein Flüstern. »Sie hat mir etwas anderes erzählt. Wenn Solovet Boots hat, dann hat sie die Krabbler auf ihrer Seite, und wenn Lizzie die ist, für die ich sie halte … dann ist sie mit Gold nicht aufzuwiegen. Nein, dein Vater wird herunterkommen, um die beiden zu suchen, und deine Familie wird für den Rest ihres Lebens hier unten gefangen sein. Wenn ich dir nicht helfe.«
Das war eine Schreckensvision, auf die Gregor noch gar nicht gekommen war: seine ganze Familie zum Leben hier unten verdammt. Jetzt, da Ripred es ausgesprochen hatte, wusste Gregor, dass es nicht nur möglich, sondern sogar wahrscheinlich war. »Woher soll ich wissen, dass ich dir vertrauen kann?«, fragte Gregor.
»Ich gebe dir mein Wort«, sagte Ripred.
»Das Wort einer Ratte?«, sagte Gregor bitter.
»Das Wort eines Wüters«, sagte Ripred. »Von Wüter zu Wüter. Ich werde sie nach Hause bringen.«
Während Gregor darüber nachdachte, was das Wort eines Wüters wert war, wurden die Hörner geblasen. Ripred legte den Kopf schief und lauschte auf die Tonfolge. »Die Rattenhaben die Mauern im Norden erreicht. Die Mauern, die das Ackerland umgeben.«
Jeden Moment konnte Gregor aufs Schlachtfeld befohlen werden. Vielleicht würde er nicht zurückkehren. Was dann?
»Was sagst du, Gregor der Überländer? Ist es abgemacht?«, fragte Ripred.
Gregor hatte keine Wahl, er musste ihm vertrauen. »Ja«, sagte er.
»Gut. Dann besorg dir jetzt eine Rüstung«, sagte Ripred. »Wir sehen uns auf dem Schlachtfeld.«
11. Kapitel
N ach dem Gespräch hatte Gregor das Gefühl, von einem Gewicht niedergedrückt zu werden. Zwar hatte er sich im Museum eingestanden, dass er sterben würde, aber er hatte immer gegen die Vorstellung angekämpft. Hatte sie geleugnet, verdrängt, sich ganz dem Hier und Jetzt hingegeben, um nicht über die Zukunft nachdenken zu müssen oder, genauer gesagt, darüber, dass er keine große Zukunft mehr hatte. Anders hätte er nicht funktionieren können. Aber manchmal, so wie jetzt gerade, holte ihn die Wirklichkeit ein und schlug ihm ins Gesicht. Ihm blieb nichts anderes übrig, als durchzuhalten und das Beste daraus zu machen.
Während er durch die Flure ging, sah Gregor seine eigene Entschlossenheit in vielen Gesichtern gespiegelt. Es war Krieg. Die Regalianer brauchten bestimmt keine Prophezeiung, um zu wissen, dass sie am Ende dieses Krieges tot sein konnten. Und auch sie hatten Freunde und Verwandte, um die sie sich sorgten. Als Gregor sich vor Augen hielt, dass andere dasselbe durchmachten wie er, fühlte er sich nicht mehr ganz so allein. Auch wenn es ihm deswegen kein bisschen besser ging.
Er wusste nicht recht, wo er sich eine Rüstung besorgen sollte, aber es gab einen großen Raum mit Waffen und er machte sich auf den Weg dorthin. Viele andere waren schon da, die sich für die Schlacht rüsteten. Obwohl so viel los war, kam sofort eine Unterländerin mit einem Metermaß auf ihn zu.
»Du brauchst eine Rüstung?«, sagte sie. Gregor nickte. »Man nennt mich Miravet. Ich werde dir behilflich sein.« Und dann schlang sie ihm blitzschnell das Metermaß um die Taille. »Womit kämpfst du? Nur mit dem Schwert? In der rechten Hand?«
»Ja«, sagte Gregor und fragte sich, wie viele andere Möglichkeiten es wohl gäbe.
»Was machst du mit der linken Hand?«, fragte sie.
»Nichts. Manchmal klebe ich hier eine Taschenlampe fest, damit ich etwas sehen kann«, sagte Gregor und zeigte auf seinen Unterarm.
»Mehr nicht?« Miravet schaute ein wenig missbilligend auf seinen Unterarm, als käme er ihr unzulänglich vor. Dann führte sie Gregor zu einer Wand mit Haken, an denen lauter Brustplatten hingen. »Hier«, sagte sie und reichte ihm ein blitzblankes Exemplar aus Silber und Perlmutt.
Da hörte Gregor hinter sich eine Stimme: »Nein, Miravet, ich möchte, dass er ganz in Schwarz kämpft.«
Gregor brauchte sich nicht umzudrehen, er erkannte die Stimme auch so. Solovet. Er biss die Zähne zusammen bei der Vorstellung, sie schon wieder sehen zu müssen.
»Warum das?«, fragte Miravet stirnrunzelnd. Gregor fand es sympathisch, dass sie Solovets Befehl nicht sofort gehorchte.
»Damit er mit seinem Flieger verschmilzt und eine dunkle Aura hat«, sagte Solovet.
»Die Nager werden sich von einer dunklen Aura nicht beeindrucken lassen«, sagte Miravet und hielt immer noch störrisch die Brustplatte, die sie ausgesucht hatte, in den Händen.
»Nein, aber die Menschen.
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