Gregor Bd. 5 - Gregor und das Schwert des Kriegers
sein. Wir hatten zwar eine Prinzessin, doch nicht jene mit dem richtigen Namen. Der Name ist entscheidend. Du musst die wahre Prinzessin sein, Lizzie. Du wirst uns helfen, den Krallencode zu entschlüsseln.«
»Dann muss ich bleiben, Gregor«, sagte Lizzie. »Ich kann nicht gehen und damit alle zum Tode verurteilen.«
»Und was ist mit Dad?«, fragte Gregor.
»Ich weiß nicht«, sagte Lizzie. Ihr Atem ging wieder schneller. »Ich weiß es nicht.«
»Ich schicke Geld nach oben. Und Anweisungen. Eure nette Mrs Cormaci kann doch eine Pflegerin einstellen, oder? Es gibt Leute, die so was machen, oder nicht?«, sagte Ripred.
»Wenn du wirklich eine Nachricht hochschicken kannst, dann soll Mrs Cormaci Lizzie einfach im Central Park abholen«, sagte Gregor.
»Aber ich gehe nicht, Gregor«, sagte Lizzie unglücklich. »Ich muss hierbleiben.« Sie wandte sich zu Ripred. »Wer sollMrs Cormaci die Nachricht überbringen? Die Ratten? Die kleinen, die oben bei uns leben?«
»Genau. Ist das angenehm, nicht immer jede Kleinigkeit erklären zu müssen«, sagte Ripred.
»Ich schreibe die Nachricht und lasse das Geld besorgen«, sagte Nerissa. »Brauchst du mich dann noch, Ripred?«
Nerissa war jetzt so weiß, dass die Adern schwarzviolett durch ihre Haut schienen. Lizzies Ankunft war offenbar zu viel für sie gewesen. Sie drohte jeden Moment umzukippen.
»Nein«, sagte Ripred. »Sieh nach dem Kindermädchen und ruh dich dann aus.«
»Ja«, sagte Nerissa. Auf dem Weg zur Tür stützte sie sich an die Wand. »Ja.«
»Nerissa, du hast uns heute sehr geholfen«, sagte Ripred und sie antwortete mit einem Nicken.
Ripred musste wirklich bester Laune sein, wenn er sogar Nerissa Komplimente machte! Gregor dagegen war ganz und gar nicht zufrieden. Doch er wusste, dass es im Moment keinen Sinn hatte, mit Lizzie zu streiten. Und Ripred war fest entschlossen, sie dazubehalten.
Zwei Unterländer schoben Rollwagen mit dampfendem Essen herein und jetzt merkte Gregor, wie hungrig er war. Er machte sich ein riesiges Roastbeef-Sandwich mit Pilzen, dann lehnte er sich an die Wand, aß, trank einen Liter Milch hinterher und versuchte sich etwas anderes einfallen zu lassen.
Lizzie, die ebenfalls einen leeren Magen hatte, nahm eine Scheibe Brot mit Butter, aber nur weil Ripred darauf bestand. »Jetzt musst du die anderen Code-Tüftler kennenlernen«, sagteer, schlang seinen Schwanz um sie und führte sie durch den Raum. »Ich weiß, dass sie für dich alle sehr merkwürdig aussehen, aber glaub mir, du hast mehr mit ihnen gemein als mit Prinz Gregor da drüben.«
»Wieso?«, fragte Lizzie und schaute nervös zu Gregor.
»Weil ihr auf dieselbe Weise denkt«, sagte Ripred. »Ach, übrigens, du singst doch nicht, oder?«
»Nicht oft. Musik mit Worten gefällt mir nicht«, sagte Lizzie.
Aus allen Ecken kamen hörbare Seufzer der Erleichterung.
»Gut. Gut«, sagte Ripred. Dann beugte er sich zu Lizzie hin und flüsterte ihr ins Ohr, sodass Gregor es kaum verstehen konnte: »Mit einigen von ihnen wirst du Geduld haben müssen. Sie sind sehr schüchtern.«
Etwas Besseres hätte Ripred gar nicht sagen können, denn Lizzie war oft wie gelähmt vor Schüchternheit. Es war ihr schon immer sehr schwergefallen, Freundschaften zu schließen. Genauer gesagt, hatte sie nur einen einzigen Freund, einen merkwürdigen Jungen namens Jedidiah. Er ging in ihre Klasse und war, genau wie Lizzie, den anderen Schülern weit voraus. Er war erst acht, aber er konnte genau erklären, wie alle Geräte funktionierten. Ein Auto, ein Telefon, ein Computer. Als er einmal zum Spielen zu ihnen gekommen war, hatte er ungefähr eine Stunde lang nur über den Herd geredet. Schließlich war Gregor mit den beiden auf den Spielplatz gegangen und hatte versucht, mit ihnen Ball zu spielen. Lizzie fing an zu frieren und Jedidiah war fasziniert von einer Ampel. Es hatte keinen Sinn. Außerdem redete Jedidiah Lizzie immer mit ihrem vollen Namen an, Elizabeth, und konnte es überhaupt nicht leiden, wenn man ihn Jednannte. Wenn Gregor den beiden zuhörte, kam er sich vor, als wäre er mit zwei Pilgern unterwegs. »Was meinst du, Jedidiah?« »Ich weiß nicht, Elizabeth.« Nichtsdestotrotz war die ganze Familie froh, dass es Jedidiah gab. Wenn er nicht wäre, hätte Lizzie überhaupt keine Freunde.
Als Lizzie hörte, dass die anderen Code-Tüftler auch schüchtern waren, schien sie mutiger zu werden. Sie sagte zu allen freundlich »Hallo«, als sie einander vorgestellt wurden.
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