Gregor und der Fluch des Unterlandes
er ein paar Schritte zurück.
»Was ist da unten?«, fragte er.
»Der Woog. Das ist ein See, der von einer Quelle gespeist wird. Ein großer Teil des kalten Wassers in Regalia kommt von dorther«, sagte Luxa. »Wir müssen hinunter.«
Ehe er etwas sagen konnte, war Luxa schon in die Öffnung getreten und verschwunden.
»He!«, rief er überrascht und beugte sich über das Loch. Er hörte nicht, ob Luxa im Wasser landete. Er konnte sie nicht sehen, aber das Licht ihrer Fackel wurde von dem Wasser fünf Meter unter ihm zurückgeworfen.
»Lass dich fallen, Überländer«, hörte er Ares schnurren.
Na super. Endlich mal wieder eine Gelegenheit, sich in ein dunkles Nichts zu stürzen. Bringen wir es lieber hinter uns, dachte Gregor. Er schob das Schwert in den Gürtel und hielt die Fackel fest. Einen Augenblick balancierte er am Rand des Abgrunds, dann machte er einen kleinen Satz und sprang hinunter. Wenige Sekunden später hatte Ares ihn aufgefangen.
Nach etwa einer Stunde Flug kamen sie am Queenshead an, der sich als große Felsformation mitten in einer riesigen Höhle entpuppte. Der Fels erinnerte ganz entfernt an einen Frauenkopf mit einer Krone.
Als sie am Fuß des Felsens landeten, rief Luxa aufgeregt: »Sieh nur, Aurora, da ist Cevian! Da ist sie!«
Gregor entdeckte ein kleines pelziges Etwas, das sich am Felsen zusammengekauert hatte. Es war eine Maus, die, während sie auf sie gewartet hatte, offenbar eingeschlafen war. Das ist ein gefährlicher Platz für ein Nickerchen, dachte er. Man kann viel zu leicht gesehen werden.
»Cevian!«, rief Luxa. »Wach auf! Wir sind da!«
Ares landete vor Aurora, deshalb war Gregor schneller bei Cevian als Luxa. Er wusste es schon fast, bevor er den kalten, steifen Körper berührte und die Wunde am Kopf der Maus sah, dort, wo sie getroffen worden war.
Gregor drehte sich um und fasste Luxa bei den Schultern, als sie angerannt kam. Er fand es schrecklich, es ihr sagen zu müssen, aber er wollte nicht, dass sie es selbst entdeckte.
»Sie wacht nicht auf, Luxa«, sagte er. »Sie ist tot.«
7. Kapitel
W as?« Luxa schob ihn zur Seite und lief schnell zu der Maus. »Cevian?« Doch dann berührte sie den Körper. »Oh, Cevian«, sagte sie und kniete sich hin. Sie ließ ihre Hand auf einer Pfote der Maus liegen.
»Cevian hat uns damals im Dschungel gefunden«, sagte Aurora. »Ohne sie wären wir verloren gewesen.«
Gregor wusste, dass Aurora mit »verloren« »tot« meinte. Auf der Suche nach dem Fluch waren Luxa und Aurora in einem Labyrinth der Ratten von ihren Freunden getrennt worden. In einer Schlacht, in der sie zahlenmäßig hoffnungslos unterlegen waren, hatten sie die Ratten so lange in Schach gehalten, dass Temp mit Boots entkommen konnte, dann waren sie selbst geflohen. Stundenlang hatten sie in den Gängen des Labyrinths festgesteckt, ehe sie einen Ausgang fanden. Leider führte der geradewegs in einen düsteren Dschungel, wo Aurora sich den Flügel ausrenkte. DieMäuse gewährten ihnen Unterschlupf und retteten ihnen das Leben.
»Wenn die Schmerzen unerträglich wurden, hat sie sich zu mir gesetzt und mich mit Geschichten und Wortspielen abgelenkt«, sagte Aurora. »Sie wollte um jeden Preis verhindern, dass ich die Hoffnung aufgebe …«
»Ich habe ihr vertraut«, sagte Luxa leise. Die Worte blieben in der Luft hängen. Gregor dachte, dass das aus Luxas Mund wahrscheinlich das höchste Lob war. Die Zahl derjenigen, denen sie vertraute, war, vor allem seit Henrys Verrat, fast gleich null. Aurora. Ares. Vielleicht noch Nerissa. Gregor bezweifelte, dass Vikus dazugehörte, und er selbst ganz bestimmt nicht. Vor ein paar Monaten jedenfalls, als Luxa ihn im Dschungel im Treibsand versinken lassen wollte, hatte sie ihm nicht vertraut, und das nur, weil er mit ein paar Ratten zusammen gewesen war.
Cevian musste schon eine besondere Persönlichkeit gewesen sein, wenn sie es auf Luxas Liste geschafft hatte.
»Es tut mir leid, dass eure Freundin tot ist«, sagte Gregor.
»Mir auch«, sagte Ares.
Aurora flatterte leicht mit den Flügeln, aber Luxa schien gar nichts zu hören.
»Wer hat dich umgebracht, Cevian?«, fragte Luxa und strich der Maus über die weichen Ohren. »Und warum? Und weshalb sandtest du mir meine Krone? Heute Nacht steckst du voller Geheimnisse.«
Luxa stand auf und vergrub das Gesicht in Auroras goldenem Fell. Die Fledermaus schlang die Flügel um sie. Die Umarmung dauerte nicht lange.
»Dies ist weder die Zeit noch der Ort zum
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