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Gregor und der Spiegel der Wahrheit

Gregor und der Spiegel der Wahrheit

Titel: Gregor und der Spiegel der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Collins
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ein!«
    »Lasst euch treiben!«, schrie Gregor. »Versucht euch treiben zu lassen!« Ihm fiel plötzlich wieder ein, dass Treibsand wie Wasser war. Wenn es ihm gelang, sich auf den Rücken zu legen, könnte er so lange treiben, bis Hilfe kam. Doch es war zu spät. Er steckte schon bis zu den Oberschenkeln im Sand und konnte sich nicht aus eigener Kraft befreien.
    »Hamnet!«, rief Ripred. »Hamnet, komm!«
    Ripred schlug sich ganz gut. Er hatte es geschafft, alle viere von sich zu strecken, und hielt sich so gerade auf der Oberfläche. Aber Lapblood war in Panik geraten. Mit ihren strampelnden Beinen hatte sie sich rasch in den Treibsand eingegraben.
    Gregor streckte sich und bekam eine Liane zu fassen. Er zog sich etwa fünfzehn Zentimeter hoch, als die Liane riss und die Wucht seines Gewichts ihn bis zur Taille im Sand einsinken ließ. »Nike!«, schrie er. »Nike!«
    Rechts von ihm raschelte es im Gestrüpp. Jemand kam ihnen zu Hilfe! Aber die schwarzen, glänzenden Augen, die durch die Lianen schauten, kamen ihm unbekannt vor. Erst dachte er, es wären Ratten. Nein, die Gesichter waren kleiner und zarter. Mäuse. Es mussten Mäuse sein.
    »Hilfe!«, schrie Gregor. »Helft uns!« Die Mäuse rührten sich nicht.
    Da fiel jemand von ganz oben aus den Lianen, wirbelte herum und machte einen Überschlag, um genau auf dem kleinen Fleck inmitten der Mäuse zu landen. Und Gregor sah, wer da kam. Ihre Kleider waren zerrissen, ihre blasse Haut war von blauen Flecken und Schnittwunden verunstaltet. Eine lange, gebogene Narbe verlief von der linken Schläfe zum Kinn. Doch sie trug immer noch das goldene Band um den Kopf. Und diese violetten Augen … die hätte er überall wiedererkannt.
    »Luxa!« Selbst in dieser verzweifelten Lage spürte er Freude in sich aufsteigen. Sie lebte! Er lächelte, und frisches Blut trat aus seinen aufgesprungenen Lippen. »Luxa!« Er streckte die Hand aus, damit sie ihn retten konnte.
    Doch Luxa ergriff seine Hand nicht. Sie legte sich nicht flach ans Ufer, um ihm den Arm zu reichen. Sie warf ihm noch nicht mal eine Liane zu.
    Stattdessen verschränkte sie die Arme und schaute zu, wie er bis zum Hals versank.

Teil 3
    DER SPIEGEL

19. Kapitel
    L uxa! Was machst du hier?«, stieß Gregor hervor.
»Was machst du hier, Überländer? Mitten im Dschungel in der Gesellschaft von Ratten?«, fragte sie kühl.
    Wovon redete sie? Was war los?
    »Wir brauchen die Ratten«, rief Gregor erregt. »Du verstehst das nicht!«
    »Ich verstehe, dass du die weiße Ratte verschont hast. Ich verstehe, dass sie unter Ripreds Schutz heranwächst. Was gibt es noch mehr zu verstehen?«, sagte Luxa.
    Das war es also! Gregor hatte keine Ahnung, wie sie hierhergekommen war, weshalb sie geblieben war und wie viel sie von der Welt außerhalb des Dschungels wusste. Doch immerhin hatte sie mitbekommen, wie die Suche nach der weißen Ratte ausgegangen war.
    »Nerissa hat gesagt, ich hab richtig gehandelt!«, sagte Gregor.
    Mehr brachte er nicht heraus, denn der Treibsand hatte jetzt seinen Mund erreicht.
    »Die Pest ist ausgebrochen, du selbstgerechte Göre. Wir suchen das Heilmittel. Also hol uns jetzt gefälligst hier raus!«, sagte Ripred grollend.
    »Die Pest?«, sagte Luxa. Sie runzelte die Stirn, machte jedoch keine Anstalten, ihnen zu helfen. »Ich habe von keiner Pest gehört.«
    »Wirklich nicht? Komisch – bei dem vielen Besuch, den ihr hier bekommt, kann ich mir gar nicht vorstellen, dass niemand es erwähnt hat«, sagte Ripred. »Im Unterland redet man von nichts anderem!«
    Jetzt hörte Gregor Hamnets Stimme. »Judith! Hilf ihnen!«
    Hamnet kam kurz vorm Treibsand schlitternd zum Stehen, doch seine ganze Aufmerksamkeit galt Luxa. Erschrocken erwiderte sie seinen Blick. Als Gregor sie einander im Profil gegenüberstehen sah, bemerkte er die verblüffende Ähnlichkeit.
    »Ich bin nicht Judith«, sagte Luxa verwirrt.
    »Nein«, sagte Hamnet, der sich allmählich fasste und eine Liane von einem Baum riss. »Meine Schwester hätte niemals dagestanden und denen, die so viel für sie aufs Spiel gesetzt haben, beim Sterben zugeschaut!«
    Gregor packte die Liane in dem Moment, als er mit der Nase einsank. Mit allerletzter Kraft klammerte er sich daran fest, und Hamnet zog ihn langsam aus dem Treibsand. Dann lag er auf dem Boden, über und über mit nassem Sand bedeckt, elend und schwindlig, und beobachtete den Rest der Rettungsaktion.
    Hamnet hatte eine andere Liane, die noch an den Wurzeln hing, Ripred zugeworfen, und

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