Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gregor und der Spiegel der Wahrheit

Gregor und der Spiegel der Wahrheit

Titel: Gregor und der Spiegel der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Collins
Vom Netzwerk:
aus den Reptilienschuhen. »Hier, Gregor. Du musst diese Schuhe anziehen«, sagte er.
    »Und du?«, fragte Gregor.
    »Mach dir darüber keine Gedanken. Ich bin viele Jahre ohne Schuhe gelaufen, bis ich auf die Idee kam, abgestreifte Haut zu benutzen. Jetzt musst du sie anziehen, sonst halten die Verbände nicht«, sagte Hamnet.
    »Danke, Hamnet.« Behutsam zog Gregor die Schuhe über die Verbände. Eigentlich waren sie eher wie Socken. Dünn und eng anliegend. Trotzdem fühlte er sich darin etwas besser geschützt.
    Lapblood lag immer noch dort, wo Ripred sie abgesetzt hatte, als hätte sie gar keine Kraft mehr, sich zu bewegen. Der Kampf mit den Pflanzen war eine Tortur gewesen, aber Gregor wusste, dass etwas anderes sie niederdrückte.
    »Lapblood, wie geht es dir?«, fragte er. Wie sollte es ihr schon gehen? Mange war gerade gestorben. Und ihre Jungen waren vielleicht auch alle tot. »Wir müssen nämlich weiter. Wir müssen Wasser finden.«
    Lapblood rollte sich auf die Füße und reihte sich wortlos hinter Frill ein. Gregor erinnerte sich, wie geschockt er damals gewesen war, als er dachte, Boots wäre bei den Riesenschlangen ums Leben gekommen. Und wie Luxa nicht mehr sprechen konnte, als Henry sie verraten hatte und in den Tod gestürzt war. Er ließ Lapblood in Ruhe.
    Der Weg hatte sich jetzt verloren. Er hatte sich immer weiter verengt, bis er schließlich nicht mehr zu erkennen war. Nun mussten sie versuchen, zwischen den Pflanzen hindurchzugehen. Zuerst fand Gregor es etwas leichter als zuvor, weil er Hamnets anschmiegsame Schuhe trug anstattseiner Stiefel. Dann taten ihm allmählich die Zehen weh. Erst war es nur ein leichtes Kribbeln, dann ein Jucken, dann fühlte es sich an, als stünden sie in Flammen. Gregor wusste, dass er, wenn er seine Schmerzen erwähnte, nur eine weitere Schimpfkanonade von Ripred zu hören bekommen würde, also biss er die Zähne zusammen und marschierte weiter.
    Vielleicht war ihm sein Durst deshalb so überdeutlich bewusst, weil er wusste, dass es kein Wasser gab. Er spürte die Trockenheit im Mund. Seine Lippen, die aufsprangen. Durst war im Unterland bisher nie ein Problem gewesen. Selbst im Land des Todes hatte es frisches Wasser gegeben. Und zu Hause gab es immer reichlich kaltes, sauberes Wasser. Direkt aus der Leitung.
    Sie marschierten vier Stunden ohne Unterbrechung, die Gregor allerdings wie vierzig vorkamen, und dann machten sie auch nur deshalb eine Pause, weil Boots und Hazard aufwachten. Hazard verstand, dass es nur wenig Wasser gab, aber Boots zupfte immer wieder an Gregors T-Shirt und sagte: »Durst! Ich hab Durst, Gre-go!« Als würde er sie nicht verstehen und ihr deshalb nichts zu trinken geben.
    Sie war verschwitzt und quengelig. Gregor zog sie bis auf Unterhose und Sandalen aus, damit sie nicht mehr schwitzte als nötig.
    Als Hamnet ihr schließlich die Flasche mit dem Gletscherwasser an die Lippen hielt, stürzte sie ein Drittel in einem Zug herunter, ehe er ihr die Flasche mit sanfter Gewalt entwinden konnte. »Langsam, Boots, das Wasser muss lange reichen«, sagte er.
    »Mehr«, sagte Boots und zeigte auf die Flasche.
    »Bald bekommst du noch mehr«, sagte Hamnet und gab Hazard zu trinken.
    Boots war verwirrt. Sie zog an Gregor. »Apfelsaft?«
    »Kein Apfelsaft, Boots. Versuch wieder zu schlafen, ja?« Natürlich tat sie das nicht. Nach einer kurzen Pause trieb Hamnet sie zum Weitergehen an. Boots ritt auf Temps Rücken und bat fortwährend um etwas zu trinken. Nachdem Gregor ihr etwa dreihundert Mal geduldig erklärt hatte, dass es nichts gab, fuhr er sie schließlich an: »Ich hab nichts zu trinken, Boots! Keinen Saft! Kein Wasser! Klar?«
    Das war das Verkehrteste, was er tun konnte. Boots brach in Tränen aus, wo doch jeder Verlust von Flüssigkeit vermieden werden musste, und heulte mindestens zwanzig Minuten lang ununterbrochen, bis Hamnet sie widerstrebend noch ein paar Schlucke Wasser trinken ließ. Schließlich schlief sie zur großen Erleichterung aller wieder ein.
    Gregors Zehen waren rau, sie brannten und fühlten sich an wie geschwollene Klumpen. Wurzeln stachen durch die Schuhe hindurch. Salziger Schweiß fraß sich in die Wunden.
    Und dann kam Ripreds spöttische Stimme von hinten. »Diesmal ist es nicht passiert, was, Wüterchen?«
    Gregor wusste, was er meinte, aber er antwortete nicht.
    »›Oh, ich will dieses Geschenk nicht haben, Ripred‹«,äffte Ripred ihn mit Quäkstimme nach. »Du dachtest, du könntest überallhin gehen und dir

Weitere Kostenlose Bücher