Gregor und die graue Prophezeiung
Rieseninsekten aus. »Ich Kacka«, sagte sie huldvoll, und die Kakerlaken zischelten beifällig.
»Ist sie Prinzessin, Überländer, ist sie? Ist sie Königin, ist sie?«, fragte der Anführer und senkte unterwürfig den Kopf.
»Boots? Königin?«, fragte Gregor. Auf einmal musste er lachen.
Das Geräusch schien die Kakerlaken zu verwirren, und sie wichen steif zurück. »Lacht warum, Überländer, lacht warum?«, zischelte einer, und Gregor begriff, dass er sie beleidigt hatte.
»Weil wir, na ja, wir sind arm und sie ist ziemlich verdreckt und … warum nennt ihr mich Überländer?«, fragte er schließlich lahm.
»Bist du nicht Überländermensch, bist du? Nicht Unterländer du«, sagte der Kakerlak mit der Fackel, während er ihn scharf ansah. »Siehst sehr so aus, aber riechst nicht so.«
Jetzt schien dem Anführer etwas zu dämmern. »Ratte schlecht.« Er drehte sich zu seinen Kameraden um. »Lassen wir Überländer hier, lassen wir?« Die Kakerlakenscharten sich zusammen, um zu beratschlagen. Alle redeten durcheinander.
Gregor schnappte ein paar Gesprächsfetzen auf, aus denen er jedoch nicht schlau wurde. Die Kakerlaken waren so in die Diskussion vertieft, dass er wieder an Flucht dachte. Er schaute sich um. Im schwachen Schein der Fackel sah es so aus, als befänden sie sich in einem langen, niedrigen Tunnel. Wir müssen wieder rauf, dachte Gregor, nicht links oder rechts lang. Niemals würde er mit Boots auf dem Arm die Wände des Lochs hochklettern können, durch das er gefallen war.
Die Kakerlaken waren sich einig. »Kommt ihr, Überländer. Bringen zu Menschen«, sagte der Anführer.
»Menschen?«, sagte Gregor erleichtert. »Hier unten gibt’s andere Menschen?«
»Reitest du, reitest du? Rennst du, rennst du?«, fragte der Kakerlak, und Gregor begriff, dass das ein Angebot war, ihn mitzunehmen. Der Kakerlak sah nicht kräftig genug aus, um ihn zu tragen, aber Gregor wusste, dass manche Insekten, zum Beispiel Ameisen, das Vielfache ihres eigenen Gewichts tragen konnten. Trotzdem hatte er die ekelhafte Vorstellung, den Kakerlak beim Versuch, sich auf ihn zu setzen, zu zerquetschen.
»Ich glaub, ich gehe – ich meine, ich renne«, sagte Gregor.
»Reitet Prinzessin, reitet sie?«, fragte der Kakerlak hoffnungsvoll, wackelte schmeichlerisch mit den Fühlern undlegte sich vor Boots flach auf den Bauch. Gregor wollte nein sagen, doch da kletterte Boots schon auf den Rücken des Kakerlaks. Das hätte Gregor sich denken können. Im Zoo im Central Park saß sie wahnsinnig gern auf den Riesenschildkröten aus Metall.
»Na gut, aber nur, wenn ich sie an der Hand halte«, sagte Gregor, und Boots fasste gehorsam seinen Finger.
Der Kakerlak lief sofort los, und Gregor musste joggen, um mit ihm Schritt zu halten. Er wusste, dass Kakerlaken schnell waren; er hatte sie oft genug weglaufen sehen, wenn seine Mutter nach ihnen schlug. Diese Riesenkakerlaken waren kein bisschen langsamer als die kleinen. Zum Glück war der Boden des Tunnels eben, und Gregor hatte bis vor ein paar Wochen regelmäßig trainiert. Er passte seinen Schritt dem der Kakerlaken an und fand schon bald einen angenehmen Rhythmus.
Der Tunnel war voller Kurven und Windungen. Die Kakerlaken bogen in Seitengänge ein, und hin und wieder machten sie kehrt, um die Route zu ändern. Gregor hatte im Nu die Orientierung verloren, und die Zeichnung, die er im Geist von dem Weg machte, den sie bisher zurückgelegt hatten, erinnerte an eins von Boots’ Kritzelbildern. Er gab es auf, sich den Weg merken zu wollen, und konzentrierte sich darauf, mit den Insekten Schritt zu halten. Mann, dachte er, die Viecher haben echt ein Tempo drauf!
Gregor fing an zu keuchen, während die Kakerlaken keinerlei Anzeichen von Erschöpfung erkennen ließen. Erhatte keine Ahnung, wie weit es noch war. Ihr Ziel konnte hundert Kilometer entfernt sein. Wer wusste, wie lange diese Viecher laufen konnten?
Gerade als Gregor ihnen sagen wollte, dass er mal verschnaufen musste, hörte er ein vertrautes Gebrüll. Erst dachte er, er hätte sich verhört, aber als sie näher kamen, war er sich sicher. Es war eine Menschenmenge, dem Lärm nach zu urteilen sogar eine ziemlich große. Aber wo sollte man in diesen Tunnels eine Menschenmenge unterbringen?
Es ging jetzt steil nach unten, und Gregor musste abbremsen, um dem Anführer nicht auf die Füße zu treten. Etwas Weiches, Fedriges streifte sein Gesicht und seine Arme. Stoff? Flügel? Er ging hindurch, und dann war es
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