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Gregor und die graue Prophezeiung

Gregor und die graue Prophezeiung

Titel: Gregor und die graue Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Collins
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zählen konnte jedes Kind.
    »Einundzwanzig … zweiundzwanzig … dreiundzwanzig …« Bei einundneunzig gab er auf und bekam allmählich wieder Panik. Selbst in einem Traum musste man irgendwann landen, oder?
    In diesem Moment bemerkte Gregor, dass sich der Nebel ein wenig lichtete. Er konnte eine glatte runde Wand erkennen. Offenbar fiel er durch ein riesiges dunkles Rohr. Von unten her spürte er einen Wind aufsteigen. Die letzten Dunstwolken verzogen sich und Gregor fiel langsamer. Seine Kleider legten sich wieder an seinen Körper.
    Unter sich hörte er einen leisen Schlag und dann das Trippeln von Boots’ Sandalen. Kurz darauf hatte er selbst wieder festen Boden unter den Füßen. Er versuchte sich zu orientieren, wagte sich jedoch nicht zu bewegen. Völlige Finsternis umgab ihn. Während seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnten, bemerkte er einen schwachen Lichtstrahl zu seiner Linken.
    Dahinter ertönte ein fröhliches Kieksen. »Käfer! Goßer Käfer!«
    Gregor lief auf das Licht zu, das durch einen schmalen Spalt zwischen zwei glatten Felswänden drang. Er schaffte es so gerade, sich durch die Öffnung zu quetschen, stieß dann mit dem Turnschuh gegen etwas und verlor das Gleichgewicht. Er stolperte zwischen den Felswänden hervor und landete auf Händen und Knien.
    Als Gregor den Kopf hob, schaute er in das Gesicht des größten Kakerlaks, den er je gesehen hatte.
    In ihrem Wohnblock gab es einige beeindruckende Exemplare. Mrs Cormaci behauptete, aus ihrem Badewannenabfluss sei einmal ein Vieh so groß wie ihre Hand gekrochen, und das hatte auch niemand bezweifelt. Aber das Krabbeltier, dem Gregor jetzt gegenüberstand, ragte mindestens einen Meter zwanzig in die Höhe. Zugegeben, es saß aufrecht auf den Hinterbeinen, eine für einen Kakerlak sehr unnatürliche Haltung, aber trotzdem …
    »Goßer Käfer!«, rief Boots wieder, und Gregor schaffte es, den Mund zuzuklappen. Er setzte sich auf, aber er musste immer noch den Kopf heben, um den Kakerlak zu sehen, der so etwas wie eine Fackel in der Hand hielt. Boots trippelte zu Gregor herüber und zupfte am Ausschnitt seines T-Shirts. »Gooooßer Käfer!«, sagte sie wieder.
    »Ja, das sehe ich auch, Boots. Ein großer Käfer!«, sagte Gregor gedämpft und nahm sie fest in die Arme. »Ein … sehr … großer … Käfer.«
    Er überlegte fieberhaft, was Kakerlaken fraßen. Müll, verdorbenes Essen … Menschen? Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie Menschen fraßen. Jedenfalls nicht die kleinen. Vielleicht würden sie gern Menschen fressen, wenn man sie nicht vorher tottrampeln würde. Wie dem auch sei, jetzt war nicht der richtige Moment, um es herauszufinden.
    Vorsichtig schlich Gregor zurück zu der Felsspalte und versuchte dabei, möglichst lässig zu wirken. »Also dann,Herr Kakerlak, wir müssen weiter, tut mir Leid, wenn wir Sie gekäfert, ich meine geärgert haben, ich meine …«
    »Riecht was so gut, riecht was?«, zischelte eine Stimme, und es dauerte bestimmt eine Minute, bis Gregor begriff, dass es die Stimme des Kakerlaks war. Er war zu verdattert, um den Sinn der merkwürdigen Worte zu erfassen.
    »Öh … wie bitte?«, brachte er hervor.
    »Riecht was so gut, riecht was?«, zischelte die Stimme wieder. Es klang nicht drohend, eher neugierig und ein wenig aufgeregt. »Ist kleines Mensch, ist?«
    Na gut, wir haben es hier mit einem Riesenkakerlak zu tun, dachte Gregor. Bleib schön ruhig und freundlich und antworte ihm. Er will wissen »Riecht was so gut, riecht was?«. Also, sag’s ihm. Gregor zwang sich, einmal tief durch die Nase zu atmen. Er bereute es sofort. Es gab nur eins, was so roch.
    »Ich Kacka!«, rief Boots, als hätte sie nur auf ihren Einsatz gewartet. »Ich Kacka, Ge-go!«
    »Meine Schwester braucht eine frische Windel«, sagte Gregor, dem die Sache etwas peinlich war.
    Wenn Gregor den Kakerlak richtig verstand, zeigte er sich beeindruckt. »Ahhh. Näher kommen können wir, näher kommen?«, fragte er und scharrte sacht mit einem Vorderbein.
    »Wir?«, sagte Gregor. Dann sah er die anderen Gestalten, die sich um sie herum aus der Dunkelheit erhoben. Die glatten schwarzen Hügel, die er für Felsen gehaltenhatte, waren in Wirklichkeit die Hinterteile von rund einem Dutzend Kakerlaken. Begierig scharten sie sich um Boots, streckten ihre Fühler aus und bebten verzückt.
    Boots, die für ihr Leben gern Komplimente bekam, merkte sofort, dass sie bewundert wurde. Sie streckte ihre speckigen Ärmchen zu den

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