Greifenmagier 1 - Herr der Winde
und zog das eigene Messer. »Oder weniger.«
»Weniger«, erklärte Jos nervös.
Kairaithin breitete die gewaltigen Schwingen auf halbe Länge aus. Flammen, die im strahlenden Sonnenlicht blass wirkten, stiegen am Rand der Wüste auf. Die galoppierenden Pferde, die schon fast zu dicht heran waren, um noch anzuhalten, brachen so heftig zur Seite hin aus, dass zwei Reiter aus den Sätteln fielen. Einer stürzte in die Flammen, sprang sofort wieder auf und rannte blind auf sie zu. Seine Kleidung war in Flammen, und er kreischte mit einer grauenhaft schrillen Stimme. Kes hielt sich die Augen zu und schrie selbst auf. Der Mann brach kurz vor ihr zusammen und blieb zu ihren Füßen liegen; doch nun brannte er nicht mehr.
Wortlos nahm Jos sein Schwert an sich. Man sah keinen Hinweis mehr darauf, dass der Mann je gebrannt hatte; allerdings sah die Uniform schwarz aus. Kes kniete sich unweit von Kairaithin in den Sand, die Augen vor Grauen weit aufgerissen. Sie wirkte winzig und jung und völlig hilflos.
Beguchren versucht mein Feuer zu ersticken, rief Kairaithin. Er hatte sich und seine Begleiter durch einen Feuerring geschützt, einen hoch aufragenden, aber dünnen Kreis aus schwankenden Flammen. Wie Bertaud beobachten musste, wurde dieser Kreis merklich kleiner. Die von ihm ausgehende Hitze war unglaublich. Falls sie sich lange hinter diesem Schutzwall verbargen, bezweifelte Bertaud, dass er oder Jos das überlebten.
»Wer ist stärker, du oder Beguchren?«, wollte Bertaud von Kairaithin wissen.
Innerhalb der Wüste bin ich es. Aber falls ich mich dem Kaltmagier direkt entgegenstelle und seinen Zugriff durchbreche, bleibt mir nicht genug Konzentrationskraft, um die Soldaten fernzuhalten. Und ich werde zu stark mit Beguchren beschäftigt sein, um euch oder mich selbst vor ihnen zu schützen.
»Dann musst du sie passieren lassen und hoffen, dass wir sie lange genug von dir fernhalten. Es wäre schön, wenn du nicht zu lange mit Beguchren brauchst.« Bertaud trat vor und baute sich direkt neben Kes' casmantischem Freund auf, vor dem Mädchen und Kairaithin. »Ich brauche ein Schwert.«
»Ja«, pflichtete Jos ihm bei.
Der Feuerring erlosch. Bertaud konnte sogleich erkennen, wer von den Männern außerhalb des Rings Beguchren war - nicht nur, weil der kleine, weißhaarige und gut gekleidete Kaltmagier ganz und gar nicht nach einem Soldaten aussah, sondern auch, weil er mitten in der Bewegung innehielt und die Hände aufs Gesicht legte, wie ein Mann, der unter einer schrecklichen Anspannung steht. Außerdem trug er kein Schwert. Nun ja, dachte Bertaud, von einem so kleinen Mann konnte man ohnehin nicht erwarten, dass er sich in einem Schwertkampf gut hielt; aber er führte nicht einmal einen Bogen mit sich. Doch zweifellos war es für den Kaltmagier nicht so sehr von Nachteil, unbewaffnet zu sein, wie für Bertaud.
Die ersten drei casmantischen Soldaten stürmten heran: nur mit Schwertern und nicht mit Pfeil und Bogen, was immerhin ein Vorteil war. So viel also hatte Kes wenigstens für sich und die eigenen Leute tun können, als sie vorhin die Pfeile verbrannt hatte.
Bertaud warf sein Messer auf den ersten Mann und eine Handvoll Sand auf den zweiten - und Jos sprang vor, tötete den ersten Mann, als dieser gerade dem Wurfmesser auswich, und beschäftigte die beiden anderen, während Bertaud das Schwert des ersten an sich nahm. Sogleich warf sich Bertaud zu Boden und rollte unter dem Schwertarm eines vierten Soldaten nach vorn, der im selben Moment mit seiner Waffe einen seitlichen Angriffsschlag durchführte. Gerade noch rechtzeitig kam Bertaud wieder auf die Beine, um den Hieb eines fünften Gegners zu parieren.
Dieser fünfte Soldat war ein kräftig gebauter Glatzkopf mit enormer Reichweite und reichlich Gewicht, das er in seine Schläge legen konnte. Leider erwies er sich auch als extrem schnell auf den Beinen und ungewöhnlich gut mit dem Schwert. Bertaud wich schnell zurück, beinahe im Laufschritt. Er versuchte zu verhindern, dass die übrigen casmantischen Soldaten in seinen Rücken gelangten, während er sich dagegen wehrte, von seinem unmittelbaren Gegner aufgeschlitzt zu werden; zugleich war er bestrebt, die Soldaten von Kairaithin wegzulocken. Am Rande nahm er wahr, dass Jos im Zentrum eines Knäuels casmantischer Soldaten stand; und von Kes sah er gar nichts mehr. Was nur machte eigentlich Kairaithin? Der Greifenmagier schien unverschämt lange zu brauchen, sie aus all dem herauszuholen.
Der Versuch,
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