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Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Titel: Greifenmagier 1 - Herr der Winde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neumeier Rachel
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hätte versengen müssen. Sie schien Bertaud kaum zu bemerken und lief direkt auf Kairaithin zu. Die blassen Haare waren zerzaust, und die Augen wirkten riesig in dem kleinen, zierlichen Gesicht; neben dem Greifen erschien sie wie ein Kleinkind. Kairaithin senkte den Kopf zu ihr hinab, wie sich ein Falke über eine Maus beugt. Ihre Schatten überlappten einander im Sand - der des Greifen bestand aus Feuer, der des Mädchens war von Flammen gesäumt.
    Der casmantische Soldat überschritt die Grenze der Wüste langsamer und mit viel weniger Enthusiasmus. Er warf Bertaud einen merkwürdigen Blick zu, in dem mehr Beklommenheit lag, als er gegenüber dem Greifen zeigte. Das grob geschnittene, breite Gesicht war völlig ausdruckslos. Wer ihm auf den Straßen einer Stadt begegnet wäre, hätte ihn vielleicht für einfältig gehalten. Bertaud bezweifelte jedoch sehr, dass dieser Eindruck zutraf.
    Kereskiita, sagte Kairaithin und ignorierte den Soldaten vollständig, während er mit dem Schnabel leicht über Kes' Gesicht strich.
    »Anasakuse Sipiike Kairaithin«, antwortete Kes mit ihrer schüchternen, dünnen Stimme. Sie legte die Hand direkt hinter dem gefährlichen Schnabel ans Gesicht des Greifen, eine Geste, die nun ganz und gar nicht schüchtern war. Dann zog sie sich von ihm zurück. »Das ist mein Freund Jos«, sagte sie schlicht und deutete dabei auf den Soldaten, der sich unbehaglich von Bertauds forschendem Blick abwandte. Erneut entstand der Eindruck, dass ihn Kairaithin weniger beunruhigte als der Fürst.
    Bertaud fiel es schwer, sich einen Reim darauf zu machen, was Kes tat, flüchtete sie hier doch in Begleitung eines casmantischen Soldaten vor der casmantischen Armee. Doch selbst wenn ihm die rechten Worte eingefallen wären, um sie danach zu befragen, so bezweifelte er, dass er eine Antwort erhalten hätte.
    Wenn er dich aus dem Griff Casmantiums befreit und mir zurückgebracht hat, bin ich ihm dankbar, erklärte Kairaithin. Der Blick, den er auf den Mann warf, war streng und gefährlich und zeugte von einer kraftvollen Konzentration. Der Soldat - Jos, falls das sein richtiger Name war - schwankte unter der Macht dieses Augenausdrucks und wurde totenbleich. Er wandte sich nicht vom Blick des Greifen ab; vielleicht konnte er das auch gar nicht. Zum ersten Mal wirkte er jetzt vom Greifen stärker beeindruckt als von Bertaud.
    »Das hat er.«
    Dann danke ich ihm. Der Greif schaute nicht wieder zu Kes, sondern fixierte den Soldaten weiter mit den harten schwarzen Augen. Er sagte direkt zu ihm: Ich stehe in deiner Schuld. Worum bittest du mich?
    »Nichts, Herr«, antwortete der Mann mit tiefer, ruhiger Stimme.
    Wie klug. In Kairaithins Tonfall funkelte Humor. Er wandte sich Kes zu. Geht es dir gut? Ich sehe, dass du einem Bindungszauber unterliegst.
    »Befreie mich!«, flüsterte Kes.
    Wessen Bindungszauber ist es? Kennst du seinen Namen?
    »Es ist der Kleine. Der mit den weißen Haaren, mit Eis im Blick und im Blut ... Beguchren. Beguchren Tesh ... Teshrichten. So heißt er, glaube ich.«
    Ja, sagte Kairaithin. Beguchren. Ich kenne ihn. Ich kenne seine Arbeit. Er ist sehr mächtig, aber jetzt, da du zu mir zurückgekehrt bist, vermag ich seinen Bindungszauber zu brechen. Komm her zu mir! Er hob den Kopf und die Schwingen an. Flammen liefen ihm unvermittelt an den Flügeln entlang und füllten seine Augen, den offenen Schnabel. Feuer lief ihm am zarten Gefieder der Kehle hinab und fiel wie die Blüten einer seltsamen Blume in den Sand. Es brannte hell und sauber, ohne Rauch; es klang wie das Zischen von Sand, der vom Wind aufgepeitscht wurde.
    Der casmantische Soldat wich hastig einen Schritt weit zurück; auch Bertaud ging etwas auf Distanz.
    Kes jedoch hob die Hände zum Feuer des Greifen hinauf. Sie nahm es mit den Händen auf, mit dem Mund; Feuer lief ihr wie Wasser über die Haut und erblühte in ihren Augen. Ein Zischen ertönte - ein Geräusch ähnlich dem, wenn Feuer auf Eis trifft: Nebel stieg rings um das Mädchen als dünner, wehender Schleier auf. Es stieß einen leisen Laut aus, der vielleicht Überraschung, Furcht oder sogar Zorn ausdrückte. Bertaud hatte allerdings Kes noch nie zornig gesehen.
    Auf einmal wurde es kalt. Frost lief über den Sand auf die Füße des Mädchens zu und blitzte im grellen Licht der Wüstensonne funkelnd auf. Kairaithin beugte sich vor und griff bewusst mit einer gefiederten Adlerklaue in die kalte Luft. Dann berührte er Kes' Gesicht mit einer einzelnen Kralle. Das

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