Greifenmagier 1 - Herr der Winde
dass die Greifen dringend einen Sendboten benötigten. Er zuckte leicht zusammen, während er darüber nachdachte.
Kairaithin sah ihn einfach nur an und verriet mit keinem Deut, dass er beleidigt wäre oder ihn überhaupt verstünde. Er wartete einfach nur, wie Bertaud klar wurde, auf etwas mehr: vielleicht auf etwas, das er würde verstehen können.
Bertaud setzte sich in den Sand und schlang die Arme um die Knie. »Vielleicht ... Ich habe keine Ahnung. Vielleicht finde ich mich noch bereit, für dich zu sprechen. Als dein ... Ich weiß nicht was. Nicht als Vasall. Ich hätte deinen Schutz nie annehmen dürfen. So machtvoll er zweifellos ist.«
Es erschien in jenem Augenblick zweckmäßig, sagte Kairaithin. Wenn ich es falsch eingeschätzt und dir geschadet habe, so bedaure ich das. Das war nicht meine Absicht.
»Dich trifft keine Schuld«, entgegnete Bertaud und seufzte, da er die Last der Schuld spürte. Er versuchte nachzudenken. »Vielleicht als dein Fürsprecher.«
Casmantium ist eine Gefahr für mein Volk, und Farabiand ebenso. Kairaithin drehte den Kopf und blickte gedankenverloren über die Wüste hinaus, als versuchte er, im Geiste die Möglichkeiten und Chancen durchzugehen und herauszufinden, was er tun sollte. Bertaud begriff, dass auch der Greif trotz seiner unzweifelhaften Macht die Last schwieriger Entscheidungen spürte, die auf der Grundlage begrenzten Wissens getroffen werden mussten.
Ich muss meine kleine Kereskiita zurückgewinnen, sagte der Greif in einem Ton, der deutlich machte, dass für ihn dieses Vorhaben eine schiere Notwendigkeit darstellte. Mit ihr stehen uns Möglichkeiten offen; ohne sie haben wir nichts. Du musst mir helfen, sie zurückzuholen, Mensch, und dann sprechen wir weiter über die Könige und Heere der Menschen. Kairaithin erhob sich, und dabei rieselte Sand von seinem Körper herab. Anschließend schüttelte er sich, und als sich das Gefieder wieder legte, entstand ein Geräusch, das wie zischende Flammen klang.
Auch Bertaud stand auf. »Aber -«, begann er und hielt abrupt inne.
Er wusste nicht, was er vielleicht gesagt hätte. Ein Pferd mit Reiter kam in diesem Augenblick um die Krümmung des Berges, stockte beim Anblick von Sand und Greif nervös und bewegte sich dann langsam auf sie zu.
Kairaithins Halsgefieder stellte sich zu einer steifen Mähne auf; er öffnete den grausamen Schnabel ein wenig und schloss ihn wieder mit einem klackenden Ton, als schlügen Knochen aufeinander. Kes, sagte er nur.
»Was?« Bertaud war erstaunt. Für ihn war der Reiter zu groß für Kes - zu groß, um überhaupt eine Frau zu sein.
Kes, wiederholte der Greif. Und ein casmantischer Soldat. Sein Schnabel klapperte erneut - ein aggressiver Laut.
»Was?«, fragte Bertaud erneut, diesmal aber in einem ganz anderen Ton. Er fand das schwer zu glauben.
Als das Pferd näher kam, sah er jedoch, dass Kairaithin recht hatte. Im Sattel saß ein casmantischer Soldat und Kes vor ihm auf dem Widerrist des Reittieres. Das Mädchen trug ein absonderliches braunes Kleid, das eigentlich zu kurz war, um als sittsam zu gelten. Es hatte die Hände auf dem Hals des Pferdes liegen und sich voller Ungeduld vorgebeugt, als wollte es jeden Augenblick vom Pferderücken rutschen und zur Wüste rennen.
Obwohl Kes nicht selbst die Zügel führte, wurde beim Näherkommen doch deutlich, dass sie es war, die die Richtung bestimmte. Als der Soldat Kairaithin und sogar Bertaud misstrauisch ansah, war es Kes, die ihn am Arm fasste und etwas zu ihm sagte, sodass er das Pferd direkt auf die beiden zulenkte - widerstrebend, wie Bertaud fand. Und als das Reittier den Kopf hochwarf und vor dem heißen, gefährlichen Geruch des Greifen zurückschreckte, war es wiederum Kes, die zu Boden glitt und auf deren Wort hin dann auch der Soldat abstieg.
Als er die Zügel losließ, wich das Pferd nervös zurück, warf sich herum und galoppierte den Weg zurück, den es gekommen war. Der Soldat sah ihm hinterher, als überlegte er, diesem Beispiel zu folgen. Aber dann wandte er sich um, und sein Blick fiel auf Kes, woraufhin er nicht dem Reittier nachging, sondern dem Mädchen.
Kes legte keinerlei Unsicherheit an den Tag. Sie kam herangelaufen und überquerte die Grenze zwischen der natürlichen Bergwelt und der Wüste mit der Verzweiflung eines ertrinkenden Schwimmers, der an die Wasseroberfläche kommt und nach lebensrettender Luft schnappt. Kes war barfuß, verriet aber keinerlei Unbehagen, obwohl ihr der Sand die Füße
Weitere Kostenlose Bücher