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Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Titel: Greifenmagier 1 - Herr der Winde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neumeier Rachel
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Hals hinweg, rutschte von ihrem Rücken und landete auf Beinen, die sie kaum trugen. Sie legte Opailikiita einen Arm um den Hals, um das Gleichgewicht zu halten und sich abzustützen.
    Kannst du ins Land der Erde hinübergehen? , fragte die Greifin.
    Kes blickte sie verständnislos an. Behutsam richtete sie sich auf, löste sich von Opailikiita und ging erst langsam, dann schneller zum Bach. Ehe sie ihn erreicht hatte, fiel ihr auf, dass Opailikiita sie nicht begleitete. Fragend blickte sie über die Schulter.
    Vielleicht lag es daran, dass sie, als sie ganz unerwartet auf die Barriere aus kalter Luft direkt am Bach stieß, von den Füßen gerissen wurde. Benommen saß sie auf ausgedörrtem Boden am Wüstenrand und starrte, stumm vor Verwirrung, auf das Wasser, das nur wenige Zoll von ihren Füßen entfernt dahinfloss.
    Kairaithin hat einen Bindungszauber auf dich gelegt, damit du die Wüste nicht verlässt, klärte Opailikiita sie auf. Sie klang nicht wirklich mitfühlend. Vielmehr schwang in ihrer Stimme etwas von der Zufriedenheit einer Person mit, die eine schlaue Vermutung bestätigt sah. Du wirst jetzt zornig sein. Doch kämpfe nicht gegen Kairaithin. Du bist dafür nicht stark genug.
    Kes war nicht zornig, aber sie hätte am liebsten aus Enttäuschung geweint. Wenn sie bergab blickte, sah sie Licht in den Fenstern des Hauses, das sich klein in der Ferne abzeichnete. Sie hätte innerhalb von Minuten dort sein sollen. Aber jetzt war es für sie völlig unerreichbar. Kes stand auf und streckte eine Hand zum Bach aus. Sie stellte fest, dass sie die Finger nicht mal über das Wasser halten konnte. Das Hindernis, das sie nicht sah, ließ das nicht zu.
    Ich trage dich weit in die Höhe, schlug Opailikiita vor. Ich werde dich so hoch hinauftragen, dass du das Sternenlicht auf den Schultern spürst - so hoch, dass die Luft zersplittert und Feuer herabregnet, um sich in deinem Gefieder zu verstreuen. Es ist sehr schön.
    Kes hörte sie kaum. Sie betrachtete ihre zum Bach ausgestreckte Hand, mit der sie nicht weiter hinauszugreifen vermochte. Von ferne spürte sie, dass sie zitterte.
    Schwester, sagte Opailikiita.
    »Du bist nicht meine Schwester!« Kes wandte der Greifin den Rücken zu und entfernte sich von ihr. Sie wollte nur fort von Verlust und Verwirrung und ging hinaus in die Stille der Wüstennacht. Als sie spürte, dass Opailikiita ihr folgen wollte, rannte sie los. Sie stellte fest, dass sie tatsächlich wütend war - wütend auf Opailikiita, auf Kairaithin, auf alle Greifen, auf sich selbst; sie konnte es kaum auseinanderhalten. Wut durchströmte sie, eine helle und ihr unbekannte Wut, die sie wie eine schnelle, heiße Welle durchlief, wie ein Feuer, das in der Dunkelheit prasselte. Die Stärke der Wut erschreckte sie. Sie wollte nicht Opailikiitas Gesellschaft haben; aber es war das Grauen vor dem eigenen Zorn, das Kes einen Weg eröffnete, sich durch die Welt zu versetzen, weit von den Ufern des Bachs entfernt in die endlose Wüstenstille hinaus.
    Kes hatte gar nicht gewusst, dass sie dazu fähig war, bis sie es jetzt tat. Aber nachdem es geschehen war, fühlte es sich so natürlich an, wie einfach einen Schritt zu tun. Sie brauchte nur zu verstehen, wie sich das Feuer bewegte: die endlose Bewegung von Flammen durch die Luft. Diese Kenntnis, die ihr hätte fremd sein müssen, erschien ihr so vertraut wie der eigene Atem. Und sie entdeckte in sich, dass sie genau wusste, was sie wollte - allein sein und Stille um sich erfahren.
    Das Alleinsein fand sie sofort. Die Stille ließ sich mehr Zeit. Die Wüste selbst war zwar still, doch im eigenen Innern sah sich Kes mit einem Lärm aus Zorn, Verwirrung, Sehnsucht und Grauen konfrontiert. Sie konnte die Greifenwüste von einem Ende zum anderen durchqueren; sie konnte das Element der Erde zurücklassen und ins Element des Feuers hinübertreten: Sie fand jedoch nicht den Weg aus diesem Gefühlssturm in die Gelassenheit.
    Gedanken an Tesme, an Minasfurt und an den Bach, den sie nicht überschreiten konnte, bedrängten sie. Kes kauerte sich an eine mächtige, verformte Felsspitze und drückte das Gesicht an die Knie. Ihre Augen fühlten sich heiß an; sie wollte weinen. Ihr kamen jedoch keine Tränen. Vielleicht war sie zu zornig, um zu weinen. Sie sehnte sich danach, dass Tesme sie hielt, sie wie ein kleines Kind in den Armen wiegte. Aber Tesme war nicht hier. Sie war zu Hause. Wo auch Kes hätte sein sollen.
    Abgesehen von diesen Gedanken spürte sie inmitten der

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