Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Grenzen setzen – Grenzen achten

Titel: Grenzen setzen – Grenzen achten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Grün/Ramona Robben
Vom Netzwerk:
sie überschritten habe. Aber ich darf nicht lange Zeit über meine Verhältnisse leben und meine Grenze ständig verletzen.

    Das zweite Mittel bezieht sich auf die innere Einstellung. Wer anderen gibt, weil er selbst Zuwendung braucht, der ist schnellverausgabt. Immer wenn wir erschöpft sind, ist es ein Zeichen dafür, dass wir nicht aus der inneren Kraft leben, sondern aus trüben Quellen schöpfen. In jedem von uns sprudelt eine Quelle des Heiligen Geistes, die uns erfrischt und immer wieder neue Energie verleiht. Oft aber schöpfen wir etwa aus der Quelle des Perfektionismus oder des Ehrgeizes, aus der Quelle der eigenen Bedürftigkeit oder aus der Quelle kranker Lebensmuster. Wenn ich nur gebe, damit ich endlich gesehen werde, werde ich das Gespür für meine Grenze verlieren. Und weil ich meine Grenze nicht bedenke, verausgabe ich mich nur. Aus der Erzählung einer Frau wird dies deutlich. Sie hatte das ganze Haus geputzt und schön geschmückt. Ihr Mann sollte endlich einmal wahrnehmen, welch guten Geschmack sie habe, und wie gut sie für ihn und die Familie sorge. Als der Mann jedoch von der Arbeit heimkam, nahm er nichts wahr. Sie war maßlos enttäuscht. Hatte sie sich nicht vor allem für ihn verausgabt, um endlich gesehen zu werden und Anerkennung zu finden. Was immer man von der Unachtsamkeit dieses Ehemannes halten mag, auch für diese Frau gilt: Wenn ich gebe, weil ich selber Zuwendung brauche, verliere ich das Gespür für mich selbst und für meine Grenze. Wenn ich mit mir nicht in Berührung bin, habe ich auch kein Augenmaß für meine Grenzen.
Innere Gelassenheit als Ziel
    Viele beachten jahrelang ihre Grenze nicht. Irgendwann rebelliert dann der Körper und wird krank, oder die Seele lehnt sich gegen die ständige Überforderung auf. Sie reagiert mit einer psychischen Erkrankung, mit Depressionen, im Extremfall sogar mit psychotischen Schüben. Oder aber ein solcher Mensch wird aggressiv. Statt sich für die anderen zu verausgaben, kämpft er gegen sie. Seine Seele gibt es auf, sich noch um die anderen zusorgen, sie wird nur noch egoistisch und kreist um die eigenen Bedürfnisse. Es wäre gerade in solchen Situationen wichtig, das richtige Maß für sich zu entdecken. Dieses Maß findet nur, wer mit sich in Berührung kommt.
    Ein Weg, mit sich in Berührung zu kommen, ist das Gebet und die Meditation. In der Meditation führt mich der eigene Atem zur inneren Quelle, zur Quelle des Heiligen Geistes. Wenn ich aus dieser Quelle schöpfe, dann sprudelt es aus mir heraus. Wenn ich Lust an der Arbeit habe, werde ich auch nicht so leicht erschöpft. Ich spüre vielleicht Müdigkeit, doch es ist eine gute Müdigkeit. Ich habe das Gefühl, etwas geleistet zu haben. Erschöpft und ausgebrannt zu sein ist etwas anderes: Denn dann habe ich in mir ein Gefühl von Leere und Unzufriedenheit. Diese Müdigkeit lähmt mich. Trotz Erschöpfung kann ich nicht schlafen.
    Deshalb ist es so wichtig, auf meine Seele und meinen Leib zu hören: Empfinde ich Unzufriedenheit, Erschöpfung, Ausgebranntsein, Härte und Bitterkeit? Solche Gefühle sind aufschlussreiche Symptome und immer ein Zeichen dafür, dass ich aus einer trüben Quelle schöpfe.

    Um mein Maß und die mir angemessene Grenze zu finden, muss ich also sowohl innere als auch äußere Aspekte beachten. Sich an äußere Grenzen zu halten genügt nicht, wenn die innere Einstellung gegen mich selbst rebelliert. Wenn ich aus einer trüben Quelle schöpfe, dann kann ich mir enge Grenzen setzen und finde doch nicht meinen inneren Frieden. Ich fühle mich trotzdem erschöpft und überfordert. Es braucht die innere Gelassenheit. Der hl. Benedikt fordert vom Cellerar, dass er mit Gleichmut – „aequo animo“ – seine Arbeit verrichte. Um zu diesem inneren Gleichgewicht zu kommen, braucht es die Beziehung zu meiner inneren Quelle. Wenn mein Arbeiten aus dieser Quelle strömt, dann werde ich meine Grenzen nichtmissachten. Aber ich muss auch nicht ängstlich meine Grenzen festlegen. Das innere Gleichgewicht zeigt mir an, dass ich innerhalb meiner Grenzen wirke. Sobald andere Gefühle in mir hochkommen wie Härte, Unzufriedenheit oder das Gefühl, ausgenutzt zu werden, werde ich erkennen, dass ich nicht mehr im Einklang mit meinen inneren und äußeren Grenzen bin. Dann ist es Zeit, bewusst gegenzusteuern.

17. Die Weisungen übertreten
    Vom Doppelgesicht der Gebotsverletzung
Vom Zaun der Gesetze
    Gebote und Verbote gehören zum Leben. Und es gehört zur

Weitere Kostenlose Bücher