Grenzgänger
festhielt.
»Allmächtiger, verzeih mir«, keuchte er an meinen Lippen, aber ich konnte nicht wirklich ausmachen, ob er Ihn oder mich um Verzeihung bat. Im nächsten Augenblick war es auch egal. Samhiel öffnete seine Augen und sah mich an. Sie waren schwarz und ich rang erschrocken nach Luft. »Vergib mir«, murmelte er abermals und seine Hand holte aus. Etwas traf mich und die Welt um mich herum explodierte. Und dann war alles dunkel.
Feng und Kay schwiegen, als sie durch die Nacht fuhren. Im Kofferraum klopfte der Vampir gegen die Metalltür, aber die Beiden reagierten nicht darauf. Irgendwann brach Feng das Schweigen.
»Ich fahr dich zu Agnes. Im Augenblick ist es vielleicht besser, wenn du nicht mitkommst.«
»Du meinst wegen unseres Gastes?«
Feng schwieg, aber das Schweigen reichte als Antwort.
»Du denkst, er könnte daran Anstoß nehmen?«
»Elandros ist nicht wirklich umgänglich. Und da es an mir liegen wird, ihm ein paar Informationen abzuringen, möchte ich die Sache so unkompliziert wie möglich halten.«
Kay nickte. Die weiße Haut seines Gegenübers hatte einen fahlen Ton angenommen, auch wenn das nur an den vorbeihuschenden Lichtern der Straßenlaternen liegen konnten, die immer wieder Kays Gesicht aufleuchten ließen. Im Gegensatz dazu wirkten die grünen Augen stumpf. Die Szene in Felines Wohnung hatte Kay mehr zugesetzt, als Feng gedacht hätte. So aufgelöst hatte er seinen Partner bisher nicht gesehen.
»Warum willst du mich eigentlich bei Agnes absetzen?«, fragte Kay plötzlich und Feng sah wieder auf die Straße.
»Weil ich es für eine gute Idee halte. Da hast du jemanden zum Trösten und nur weil in der letzten Nacht Ruhe war, heißt es nicht, dass es heute Nacht wieder so ist.«
Kay nickte nur müde. Feng hatte mit mehr Gegenwehr gerechnet, aber Kay schien für diesen Abend jeden Kampfgeist verloren zu haben. Stumm lenkte er den Volvo in die nächste Straße, und fuhr bis zu Agnes Marbergs Wohnung.
»Ruf mich an, wenn du fertig bist«, befahl Kay, bevor er die Tür öffnete.
Feng nickte, wartete, bis sein Partner ausgestiegen war, und fuhr mit dem noch immer ans Metall kratzenden Vampir weiter.
Das Bordell lag in einem der älteren Viertel der Stadt. Früher war es eine Stadthausvilla gewesen, die im beginnenden 19. Jahrhundert den Reichen und Schönen einen Aufenthaltsort geboten hatte. Heute war die Außenfassade rissig und Efeu hatte das Haus fast ganz eingenommen. Wäre nicht das Licht in den Efeu-freien Fenstern gewesen, hätte man es leicht für eine Ruine halten können.
Feng seufzte und stapfte, die Hände tief in den Taschen vergraben, die ausgetretenen Stufen hinauf. Er schauderte, als er den hauchdünnen Schutzzauber passierte, der rund um das Haus lag, um zu neugierige, sterbliche Besucher abzuhalten.
Feng klopfte an die Tür und ein Mann, der es durchaus an Körper- und Muskelmasse mit ihm aufnehmen konnte, öffnete.
»Sind Sie eingeladen?«
»Nein. Ich habe auch keinen Termin. Ich muss trotzdem Elandros sprechen.«
Der Türsteher musterte ihn. Anscheinend war er neu. Schlussendlich gab er die Tür doch frei und Feng trat ein.
Der süßliche Geruch von Parfüm lag in der Luft. Und noch einiges mehr. Feng musste die Augen schließen und sich konzentrieren, damit seine anderen Sinne nicht Überhand nahmen, und ihn die Beherrschung verlieren ließen. So viel Lust und alte Träume…
Er zitterte, als er die Treppe hinaufstieg. In seinem Bemühen, die Instinkte des Tieres in sich zu unterdrücken, bemerkte er kaum die kostbare Marmordekoration, noch die passenden Vorhänge, die die Flügeltüren hinaus in den Garten verdeckten. Alles was er roch, war Blut und Sex. Der Duft zog ihn magisch an. Auch wenn er nicht gewusst hätte, wohin er gehen musste, hätte er den Weg blind gefunden. Am oberen Ende der Treppe nahm der Geruch fast greifbare Ausmaße an, und Feng presste die Lippen aufeinander. Vor ihm lag ein Gang mit mehreren Türen in schwarzer Farbe, aber Elandros, der das große Spektakel und den noch größeren Auftritt liebte, befand sich im Zimmer ganz am Ende des Ganges.
Feng zögerte nicht vor den kostbar verzierten Flügeltüren und den protzigen goldenen Klinken, sondern stieß die Türen auf.
Die Einrichtung des Raumes hatte etwas von einer Höhle – eine teuer eingerichtete Höhle. Jemand hatte mit möglichst viel Geld versucht, Stil herzustellen und im Großen und Ganzen war es auch gelungen. Der Raum zeigte eine Ansammlung an Rot- und
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