Grenzgänger
könnte mich nichts weniger kümmern, ob du von mir enttäuscht bist, oder nicht«, knurrte Feng. »Alles was ich brauche, sind Informationen.«
»Interessant. Und worüber?«
»Einen Grenzgänger – einen Vampir. Er hat vorletzte Nacht eine Frau angegriffen.«
Elandros hob eine Braue. »Was durchaus nichts ungewöhnliches ist.«
»Er hat sie nicht getötet«, fügte Feng hinzu.
Der Vampir fuhr sich über den Nacken. »Hm, eine Vergewaltigung?«
»Nein. Er hat sie bereits vorher lange Zeit beobachtet. Dann flippte er plötzlich aus.«
In die weißen Augen trat ein Glitzern. »Wir sprechen bei der jungen Dame nicht zufällig von Agnes Marberg?«
Fengs erstarrte. »Sag mir, was du weißt.«
»Bezahl mich und ich sage es dir.«
»Was willst du haben?«
»Nicht mehr als das Übliche. Man nennt mich Herr des Leids; gib mir ein wenig von deinem Schmerz, schöner Drache.« Elandros schmunzelte und stand auf. Mit der Sicherheit eines Sehenden trat er neben Feng und strich gedankenverloren über die Schultern und den Bizeps, der sich unter dem Hemd wölbte. Feng ballte die Hände zu Fäusten. »Ein Biss, ein Kuss. Das sollte mir reichen.«
Feng presste die Lippen zusammen. »Dafür will ich mehr.«
Elandros sah ihn erstaunt an, auch wenn er nicht sehen konnte. »Und was?«
»Wir haben heute einen eingemauerten Vampir gefunden. Ich weiß nicht, ob du noch viel tun kannst, aber nimm ihn auf. Versuch, was du kannst.«
»Wo ist er?«
»In meinem Kofferraum.«
Feng kramte in seiner Hosentasche und reichte Elandros dann die Autoschlüssel. Der schnippte mit den langen schlanken Fingern und die Grenzgängerin tauchte wieder im Türrahmen auf. Elandros warf ihr den Schlüssel zu. »Im Kofferraum«, sagte er, wobei der weiße Blick seiner Augen unverwandt auf Fengs Gesicht lag. Feng bemühte sich, in eine andere Richtung zu sehen.
Ein Klicken erscholl, als sich die Flügeltüren wieder schlossen.
Elandros Atem streifte Fengs Wange und der schloss die Augen. »Ich werde sehe, was ich für dich tun kann. Aber erst will ich meinen Preis.«
Elandros senkte den Kopf und seine Lippen berührten Fengs Hals. Feng verkrampfte sich unwillkürlich und wartete auf den Moment, in dem die scharfen Zähne des Vampirs seine Haut aufschlitzen würden, um sein Blut zu kosten. Drachenblut war alt, schwer und voller Erinnerungen – für Vampire das reinste Suchtmittel.
Zu seiner Überraschung blieb der Schmerz aus. Elandros biss nicht, sondern küsste Fengs Halskuhle. Der versuchte ihn weg zu schieben; die Sehnen an seinem Hals traten hervor, aber Elandros wirkte nicht so, als würde er irgendetwas bemerken.
Kurz darauf sah Feng sich mit Elandros Gesicht, nah vor seinem, konfrontiert und konnte gar nicht anders, als dessen Blick zu erwidern. Der Vampir hatte ihm mit einer schnellen Bewegung die Arme auf den Rücken gedreht und hielt seine Handgelenke mühelos mit nur einer Hand fest. Sein Mund streichelte über Fengs geöffnete Lippen.
»Ein Biss, ein Kuss. Das ist mein Preis. Noch kannst du es dir überlegen.«
Feng atmete harsch ein und schwieg. Das Bild von Elandros blutverschmierten Lippen tauchte vor seinem inneren Auge auf, aber weder schüttelte er den Kopf, noch sagte er nein. Elandros lächelte. Seine Lippen drückten sich auf Fengs und dieser keuchte, machte unwillkürlich den Mund weiter auf. Elandros drang mit seiner Zunge ein und Feng wand sich, um loszukommen. Während Elandros seinen Mund gierig und ohne Rücksicht auf Konsequenzen für sich einnahm, schielte Feng mit aufkommender Verzweiflung zur Tür.
Dann schrie er auf. Etwas Scharfes bohrte sich in seine Zunge – Elandros hatte ihn gebissen. Blut füllte heiß und metallisch seine Mundhöhle und floss in Elandros’.
Allein das Wissen ließ Fengs Magen rebellieren, nicht nur wegen der Tatsache, dass ihn ein Mann küsste, sondern weil er sich einfach nicht befreien konnte. Der Vampir hielt ihn fest in seinen Klauen und gab erst nach, nachdem Feng aufgegeben hatte.
Die Wunden schlossen sich langsam und das Blut versiegte. Noch einige Male strich Elandros Zunge über Fengs, ehe er ihn gehen ließ.
Feng machte einige Schritte zurück und wischt sich über den Mund. Der Blick des Vampirs war unstet, aber die dunklen Wimpern lagen tief; Elandros lächelte zufrieden.
»Das war köstlich – dein Schmerz noch mehr als das Blut. Aber, c’est la vie, jedes Vergnügen ist kurz.«
»Sag mir, was du weißt«, knurrte Feng und wischte sich erneut über den Mund.
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