Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grenzgänger

Grenzgänger

Titel: Grenzgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Behrmann
Vom Netzwerk:
Hauses. Er starrte mich an und selbst ich war überrascht über mein Tempo.
    Ich wollte ihn loslassen, aber rationales Denken half nicht mehr. Meine Instinkte hatten mich vollkommen übernommen. Während er sich noch wandte, riss ich seine Kapuze beiseite und entblößte seinen Hals. Die Zähne in meinem Mund glühten förmlich und die Gier, sie in dem weichen Fleisch des Jungen zu versenken, wurde übermächtig.
    Er gab ein wimmerndes Geräusch von sich, aber ich hörte kaum hin. Alles, was für mich jetzt noch zählte, war die Hitze der Haut, die Blut versprach. Warmes Blut, nur für mich bestimmt. Mein Kopf ruckte nach vorn, aber bevor ich meine Zähne in den Hals des Jungen graben konnte, packte mich jemand am Genick und riss mich zurück. Ich keuchte und mein Opfer sackte in die Knie. Der scharfe Geruch von Urin lag in der Luft.
    »Hau ab!«, bellte eine weibliche Stimme und der Halbstarke schien nur auf diese Worte gewartet zu haben. Er sprang auf und rannte in die Richtung, aus der ich gekommen war, davon.
    Der Griff um mein Genick lockerte sich nicht. »Bist du wahnsinnig?!«, fauchte die Stimme weiter und ich wurde mühelos in das Gesichtsfeld einer Frau gezerrt. Sie funkelte mich aufgebracht über ihre lange Nase hinweg an. »Du kannst kein Opfer auf offener Straße reißen!«
    »Ich habe niemanden gerissen«, verteidigte ich mich kläglich.
    »Was denkst du denn, was du hier sonst getan hast?!«
    »Selbstverteidigung?«
    Mit einem verächtlichen Laut ließ sie mich los. Ich massierte über meinen Nacken.
    »Wer bist du?«
    »Was geht Sie das an?«
    »Wer du bist, du dummes Kind!«, grollte sie und es hatte kaum etwas Menschliches an sich. »Feline«, sagte ich. »Feline Rot.«
    Die Antwort schien sie zufrieden zu stellen, denn sie nickte. »Und wer sind Sie?«
    »Natasja. Und lass das mit dem dummen Sie.«
    Irgendwie schien dieses ganze Mythenvolk nicht viel von Höflichkeit zu halten. Natasja war schon die Dritte, dir mir so etwas sagte.
    »War das dein erstes Opfer?«
    »Ich würde es wirklich begrüßen, wenn du ihn nicht immer Opfer nennen würdest«, sagte ich heftig.
    »Würde dir Futter besser gefallen?«
    »Nein!«
    »Dann lass das Winseln.«
    Sie verschränkte die Arme. Ihre Lederjacke knirschte dabei. Sie passte gut zu ihrem Outfit – enge Jeans, ein dünnes T-Shirt und die blonden Haare zu einem einfachen Zopf geknotet.
    »Meine Frage hast du noch nicht beantwortet«, knurrte sie und ich seufzte. »Ja, Herrgott. Ich habe noch nie jemanden gebissen und ich werde sicherlich nicht damit anfangen!«
    Sie schmunzelte und ich schauderte.
    »Von der Sorte bist du also? Das kann nur jemand sagen, der noch kein Blut geleckt hat.« Sie ging die Straße hinunter. Ich sah in Richtung des Büros und dann wieder in die von Natasja. Ich lief ihr hinterher.
    »Heißt das, du bist ein Vampir?«, rief ich.
    Sie blieb nicht stehen und ich musste mich wirklich bemühen, mit ihr Schritt zu halten. »Nein. Bin ich nicht.«
    »Was dann?«, bohrte ich weiter und versuchte gleichzeitig aufzuholen. Sie lachte nur. »Ich heule den Mond an.«
    »Was soll das denn heißen?«
    Abrupt blieb sie stehen und ich prallte fast gegen sie. Natasja stand vor einem Motorrad. Ob es eine Harley Davidson, eine Suzuki oder wie die Dinger sonst hießen war, wusste ich nicht. Für mich war alles, was zwei Räder hatte, ein Motorrad.
    Sie nahm einen Helm vom Sitz und schnallte ihn sich an. »Willst du es herausfinden?«, fragte sie mich. Ich zögerte.
    Natasja umfasste den Griff des Motorrads und ließ den Ständer weg schnappen. Ohne weiter nachzudenken, stieg ich hinter ihr auf die Maschine, und klammerte mich an ihre Hüfte. Mit einem lauten Aufheulen fuhr meine neue Bekanntschaft los.

    Kays Laune war auf einem Tiefpunkt. Es war weit nach Mitternacht und er selbst müde und ausgelaugt. Zusätzlich machten ihm die zwei Gläser Wodka zu schaffen. Von Menschen gebrauter Alkohol war ihm noch nie gut bekommen und er fürchtete, dass das schleichende Hämmern in seinem Kopf sich früher oder später zu einem Dröhnen entwickeln würde. Ein Umstand, der ihn ebenfalls nicht sonderlich glücklich machte.
    Jetzt saß er gerade vor dem Telefon und wartete. Er hatte die Wartesschleife auf Lautsprecher gestellt und im Büro hallte eine stümperhafte Midi Version von »Für Elise« wieder. Er saß in seinem eigenen Büro, während der Ficus mitsamt seinem Blumentopf draußen im Vorraum stand und hin und wieder verärgert raschelte.
    Das Gedudel der

Weitere Kostenlose Bücher